Serben im Norden des Kosovos haben damit begonnen, die von ihnen errichteten Barrikaden zu verlassen. An der Blockade nahe der Ortschaft Rudare stand niemand mehr Wache, die Zelte der Aktivisten waren verwaist, berichtete das serbischsprachige Nachrichtenportal «kossev.info».
Serben hatten in den letzten drei Wochen an einem Dutzend Stellen im Norden des Kosovos Barrikaden errichtet, die unter anderem die Zufahrtswege zu zwei Grenzübergängen nach Serbien versperrten.
Der Abbau der Strassensperren wurde vom serbischen Präsident Aleksandar Vucic am Mittwochabend nach einem Treffen mit Serben aus dem nördlichen Kosovo in der serbischen Stadt Raška angekündigt. «Es ist ein langwieriger Prozess. Es wird eine Weile dauern.»
Die Polizei des Kosovo bestätigte denn auch, dass Grenzübergänge wieder geöffnet worden sei. Die Regierung in Pristina hatte den Grenzübergang am Mittwoch als Reaktion auf die Errichtung weiterer Barrikaden auf der serbischen Seite geschlossen.
Zudem hob Vucic am Donnerstag die erhöhte Alarmbereitschaft für Militär und Polizei auf. Das berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Tanjug unter Berufung auf die Präsidentschaftskanzlei. Vucic hatte die Verhängung der erhöhten Bereitschaft vor drei Tagen mit den jüngsten Spannungen im Kosovo begründet.
Nur Stunden zuvor stellte Vucic noch in aller Deutlichkeit sicher, dass die Welt weiss, wie er über die Situation zwischen seinem Land und dem Kosovo denkt. In einer Wutrede mit dem Kirchen-Patriarchen Porfirije kritisierte er dabei auch die EU und die Nato für die seiner Ansicht nach klar pro-kosovarische Haltung. Nach dem Rundumschlag scheint es nun, als ob sich Vucic doch um Deeskalation bemühen möchte.
Ursprünglicher Auslöser der Barrikaden war die Festnahme eines serbischen Polizisten, der bei einer früheren Demonstration Polizeibeamte des Kosovo angegriffen haben soll. Die serbischen Demonstranten fordern seine Freilassung und errichteten im Zuge der teils gewaltsamen Proteste Strassenblockaden. Ein Gericht in Pristina ordnete nun an, dass er aus der Haft entlassen und in Hausarrest überstellt wird.
Die Spannungen in der Region hatten sich in dieser Woche verschärft, nachdem Serbien am Montag die Armee in Alarmbereitschaft versetzt hatte und der Kosovo am Mittwoch den grössten Grenzübergang geschlossen hatte. Die Nato, die USA und die Europäische Union zeigten sich besorgt über die Entwicklung und riefen zu Zurückhaltung und Dialogbereitschaft auf. Dagegen stellte sich Russland hinter Serbien.
Der Konflikt schwelt seit mehr als 20 Jahren. Im Norden des mehrheitlich albanischen Kosovo leben rund 50'000 Serben. Sie weigern sich, die Regierung in Pristina und den Kosovo als Staat anzuerkennen. Auch Serbien erkennt die Unabhängigkeit seiner früheren südlichen Provinz nicht an.
Der Kosovo hatte sich im Jahr 2008 einseitig für unabhängig erklärt, nachdem er neun Jahre lang unter Uno-Verwaltung gestanden war. Diese war nach der Vertreibung der serbischen Sicherheitskräfte durch eine Nato-Militäraktion eingerichtet worden. Die im Juni 1999 beschlossene Uno-Sicherheitsratsresolution bekräftigte zugleich die völkerrechtliche Zugehörigkeit des Kosovo zu Serbien. Belgrad argumentiert, dass die Resolution immer noch gültig sei. Anläufe, sie zu ändern, scheiterten an der Uno-Vetomacht Russland.
(yam/con/sda/apa/reuters)