Sechs Wochen lang verhandelte die Gewerkschaft «Writers Guild of America» (WGA) um bessere Arbeitsbedingungen mit US-amerikanischen Streaming-Anbietern wie Netflix und Disney. Erfolglos. Am späten Montagabend (Ortszeit) gaben die in New York und Los Angeles ansässigen Abteilungen der Ost- und Westküste ihre Entscheidung bekannt: «Wir sind im Streik». Der Entscheid sei einstimmig getroffen worden, schreibt die Gewerkschaft in ihrer Stellungnahme.
Zwar habe der Verhandlungsausschuss den Prozess mit der Absicht begonnen, eine faire Vereinbarung zu erzielen, hiess es in einer Mitteilung auf Twitter. Die Antworten der Studios seien jedoch «angesichts der existenziellen Krise, mit der unsere Autoren konfrontiert sind, völlig unzureichend gewesen». Aus diesem Grund liessen sie den Dreijahresvertrag, der in der Nacht auf Dienstag ablief, ohne Erneuerung auslaufen.
Die Autoren-Gewerkschaft verhandelt seit Mitte März mit den Film- und Fernsehproduzenten (Alliance of Motion Picture and Television Producers) über einen neuen Vertrag. Die Schreiber fordern unter anderem Gehaltserhöhungen, bessere Arbeitsbedingungen und höhere Zuschüsse für die Kranken- und Altersversorgung. In einer Urabstimmung Mitte April hatten die Mitglieder mit einer überwältigenden Mehrheit von knapp 98 Prozent für einen Streik gestimmt, sollten die Verhandlungen bis zum 1. Mai kein Ergebnis bringen.
Die Film- und Fernsehproduzenten hätten ein Angebot vorgelegt, das «grosszügige Vergütungserhöhungen der Autoren» beinhalte, hiess es in einer Mitteilung, die US-Medien vorlag. Die Organisation sei bereit, ihr Angebot zu erhöhen, zitierte die «Los Angeles Times», dem stünden jedoch andere Forderungen der WGA im Wege.
Das Streaming von Filmen und Serien habe die Vergütung der Drehbuchautoren auf den Kopf gestellt, schrieb die «Los Angeles Times» weiter. Schriftsteller müssten nun für weniger Lohn mehr arbeiten und könnten sich nicht mehr auf regelmässige Einkommen wie noch in Zeiten des Fernsehens verlassen, als erfolgreiche Shows jahrelang wiederholt wurden.
«Die Unternehmen haben dieses Geschäft kaputt gemacht», hiess es in einer Mitteilung auf der Webseite der WGA. Die Gewerkschaft habe gehofft, mithilfe von Gesprächen «den Beruf, den wir lieben, zu retten». Nun bleibe keine andere Möglichkeit mehr als der Streik.
Für US-Zuschauer werde der Streik zunächst bei den Talk- und Comedy-Shows zu spüren sein, hiess es in der «New York Times». Late-Night-Shows wie «Saturday Night Life», der «The Tonight Show Starring Jimmy Fallon» oder «The Late Show With With Stephen Colbert» würden wahrscheinlich sofort ausfallen. Andere Formate dagegen würden mit mehr Vorlauf produziert – um diese zu verzögern, müsste der Streik lange dauern. So verkündete Netflix etwa, dass sie noch während einer ganzen Weile neue TV-Shows und Filme veröffentlichen können.
Der Streik könne aber wochen- oder sogar monatelang dauern, schrieb die «Los Angeles Times». Er könne einen «Grossteil der Fernseh- und Filmproduktion im ganzen Land zum Erliegen bringen» und sich auch auf benachbarte Branchen auswirken – zum Beispiel auf Caterer, Floristen und Requisiteure, die an den Sets arbeiten. Der Streik falle in eine schwierige Zeit für die Region Los Angeles, in der viele Unternehmen noch immer versuchten, sich von den Auswirkungen der Corona-Pandemie zu erholen.
Zuletzt hatte der Autorenverband im Jahr 2017 mit einem Streik gedroht. Nach wochenlangen Verhandlungen zwischen beiden Parteien kam es dann im letzten Moment zu einer Einigung über einen neuen Vertrag. 2007/2008 waren die Schreiber gar 100 Tage lang in den Ausstand gegangen. Der Streik legte Hollywood nahezu lahm: Die Dreharbeiten zu etlichen TV-Shows wurden eingestellt, Filmprojekte verschoben und Gala-Shows abgesagt.
Shows wie Dexter, Monk und The Wire kamen glimpflich davon, da sie ihre Produktion bereits vor dem Streik beendet hatten. Andere hatten weniger Glück: Über 60 TV-Shows mussten ihre Dreharbeiten einstellen und die Staffeln frühzeitig beenden. Während einige Shows zumindest noch ein paar Episoden nach dem Streik drehten, verzichteten andere darauf.
Ein Überblick über einige der betroffenen TV-Shows:
Der finanzielle Verlust für die Unterhaltungsbranche wurde damals auf Hunderte Millionen Dollar geschätzt.
Auch wenn sich der laufende Streik für Serien-Junkies noch nicht sofort bemerkbar macht, könnte bei einem längeren Streik in einigen Monaten Nachschub fehlen. (saw/sda/dpa)
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