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Ukraine

Aktivisten besetzen Oligarchen-Villen, um Flüchtlinge einzuquartieren

Wie Aktivisten versuchen, Villen von Oligarchen zu besetzen, um Flüchtlinge unterzubringen

15.03.2022, 18:40
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Ein Mann schwenkt eine ukrainische Flagge auf einer grossen Terrasse mit Blick auf einen Küstenort. Es sind die Aufnahmen des Aktivisten Pierre Haffner, der sich in eine Villa geschlichen hatte, die in Verbindung zu Putin steht.

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bild: Pierre Haffner

Das Anwesen steht in Biarritz, an der baskischen Küste im Südwesten Frankreichs. Es soll dem russischen Milliardär Kirill Schamalow gehört haben, ehe er es an seine Ex-Frau habe überschreiben lassen.

Der Bank- und Ölunternehmer war einst nicht nur der Wirtschaftsberater der russischen Regierung, sondern auch der Ehemann von Katerina Tichonowa, der jüngsten Tochter des russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Schamalow ist kein Selfmade-Millionär, sein Vater ist der Miteigentümer von Rossiya Bank und zählt zum engsten Kreis von Putin. 2016 nahm die russische «Forbs» den Ex-Schwiegersohn von Putin mit einem geschätzten Vermögen von 1,2 Milliarden US-Dollar in die Liste der reichsten Oligarchen auf.

Seit 2018 gehört Schamalow nicht mehr zur russischen «First Family». Der Oligarchensohn und Putins Tochter lösten ihre Ehe auf. Seitdem soll das Feriendomizil Tichonowa gehören und Berichten zufolge so im Grundbuch stehen.

Die etwas andere Hausbesetzer-Aktion

Eingedrungen ist der Aktivist mithilfe von zwei weiteren Personen. Daraufhin tauschten sie die Schlösser aus. Das auf YouTube hochgeladene Video zeigt auch die Inneneinrichtung des Anwesens. Zudem veröffentlichte der Aktivist Haffner eine Kopie von Schamalows Pass sowie eine Moskauer Stromrechnung, die er im Haus vorgefunden habe.

Mit der Aktion hatten die Aktivisten ein Ziel: Sie wollten Ukrainer auf der Flucht vor dem Krieg in dem Haus einquartieren. Doch ehe sie die Aktion starten konnten, wurden sie von der französischen Polizei verhaftet. Mittlerweile sind die drei aus Polizeigewahrsam entlassen worden.

Sie sind nicht die einzigen mit der Idee, Flüchtende in Oligarchen-Villen unterzubringen. Auch britische Aktivisten machten sich bereits auf die Oligarchen-Villen-Jagd und besetzten in London ein Anwesen, welches dem Putin-Vertrauten Oleg Deripaska gehören soll. Der Oligarch ist einer der Miteigentümer des russischen RUSAL-Konzerns, der zweitgrösste Aluminiumhersteller der Welt. Er steht derzeit bereits auf der Sanktionen-Liste der Briten.

Neben einer ukrainischen Flagge hingen die Aktivisten Banner, unter anderem mit der Aufschrift «Diese Immobilie wurde befreit» auf. Daraufhin erklärte die Gruppe gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, dass sie in der Villa ukrainische Flüchtlinge aufnehmen wolle. Bei der Aktion würde es sich nicht um eine Hausbesetzung im eigentlichen Sinn handeln, sagte ein Aktivist. «Wir sind eine Front zur Befreiung von Eigentum.»

Der Plan scheiterte, als die Polizei die Gruppe abführte. Da es sich um Hausfriedensbruch handelte, wurde die Gruppe Berichten zufolge nicht strafrechtlich verfolgt.

«Akt der poetischen Gerechtigkeit»

Die britische Politik scheint nicht abgeneigt von der Idee zu sein, Flüchtlinge in Villen von Oligarchen unterzubringen. Der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan sprach von einem «Akt der poetischen Gerechtigkeit». Die leerstehenden Häuser würden sonst nur verstauben. Da biete sich die Unterbringung von ukrainischen Flüchtenden gut an.

Und er ist nicht der einzige, welcher diesen Plan befürwortet. Ein Sprecher des Premierministers Boris Johnson teilte mit, dass man die Idee tatsächlich in Betracht ziehe. Man stehe aber vor grossen rechtliche Hürden.

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11 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Pontifax
15.03.2022 19:00registriert Mai 2021
Johnson sollte sich ja inzwischen gut darin auskennen, rechtliche Hürden zu beseitigen.
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Helga41
15.03.2022 20:16registriert November 2021
Welches Dorf in der Schweiz hat eigentlich die meisten russischen Villas? Welcher Kanton profitiert von niedergelassenen Oligarchen am meisten? Man hört so nichts dazu.
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Zeigt Mike Johnson jetzt endlich Eier?
Der Speaker des Abgeordnetenhauses riskiert seinen Job, wenn er am Samstag tatsächlich das Hilfspaket für die Ukraine zur Abstimmung bringt.

Der Präsident will es, der Senat will es, und auch eine Mehrheit der Abgeordneten will es, das Hilfspaket für die Ukraine. Bisher jedoch sind die so dringend benötigten Gelder blockiert. Der Grund für diese absurde Situation liegt im amerikanischen Politsystem. Der Führer der Mehrheit in der jeweiligen Kammer kann darüber entscheiden, ob ein Gesetz zur Abstimmung gelangt oder nicht. Das hat weitreichende Konsequenzen.

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