Selenskyj bestellt Kampfjets bei Macron: Das steckt hinter der Einkaufstour durch Europa
Warum kauft die Ukraine französische Rafale-Jets?
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj machte die Absichtserklärung am Montag in Paris im Beisein seines französischen Amtskollegen Emmanuel Macron. Die Rafale-Jäger sollen in der Ukraine erst in «mehreren Jahren» zum Einsatz kommen, sagte Macron; sie sollen nicht so sehr die russische Attacke abwehren, sondern die ukrainische Luftwaffe nach einem Friedensschluss «dauerhaft» absichern.
Die Ukraine hatte zu Beginn des russischen Angriffskrieges 2022 schätzungsweise die Hälfte ihrer Luftwaffe eingebüsst. Einzelne europäische Länder helfen seither aus, Frankreich etwa mit der Lieferung von drei älteren Mirage-Maschinen. Im Oktober hatte Selenskyj bereits 150 Gripen-Jäger in Schweden bestellt.
Der französische Hersteller Dassault will zwar die Kadenz von derzeit drei auf fünf Rafale im Monat steigern. Aber er muss zuerst noch etliche Festaufträge anderer Länder wie Indien abtragen. Die Mega-Order von Montag ist vor allem ein politisches Signal, dass Europa die Ukraine «nicht fallen lässt», wie Macron betonte.
Was kann der Rafale?
Der Rafale gilt als sehr vielseitig und wendig. Er ist ebenso manövrierfähig wie der russische Topjet Su-35. Dazu weist das französische Flugzeug Vorteile bei der Bewaffnung und dem Radarsystem auf, obwohl es kein Tarnkappenjet ist. Der Rafale gilt im «Dogfight», dem direkten Luftkampf, als besser als der Eurofighter und der britische Typhoon; der Eurofighter ist dagegen schubstärker und schneller.
Ein Kampfjetkauf birgt aber zudem meist eine politische Aussage. Die Ukraine bestellt den Rafale sicherlich auch, weil sich Macron seit Kriegsbeginn besonders entschlossen hinter die Ukraine stellt. Obwohl er seine verbalen Zusicherungen nicht immer umsetzt.
Wie wird dieser Grossauftrag finanziert?
Die Finanzierung ist offen. Der Kaufpreis wird auf sieben bis zwölf Milliarden Euro geschätzt. Dazu kommen gemäss Macron bilaterale Kooperationen in den Bereichen Drohnen, Drohnenabwehr, Flugabwehr, Radar, Lenkwaffen sowie 55 Lokomotiven. Und natürlich auch die Ausbildung ukrainischer Piloten auf dem Rafale-Modul.
Ohne in die Details zu gehen, nannte der französische Staatschef als mögliche Geldgeber sein Land wie auch «Europa». Damit können in Paris jeweils die EU oder einzelne europäische Staaten gemeint sein. Macron scheint zu hoffen, dass Frankreich als wichtigster Rüstungshersteller und -exporteur Europas ähnlich wie die USA die Technologien liefern soll, während Europa dafür bezahle. Selenskyj verlangte einmal mehr, dass die eingefrorenen Vermögen russischer Oligarchen stärker als bisher zur Finanzierung der ukrainischen Sicherheit verwendet würden.
Warum erfolgt die Ankündigung gerade jetzt?
Auch wenn die Rafale-Kampfjets im aktuellen Frontkrieg in der Ostukraine noch nicht zum Einsatz kommen dürften, will die Ukraine mit der Absichtserklärung die Rückendeckung durch die Europäer unterstreichen. An der Front verzeichnet Kiews Armee Rückschläge, und Selenskyj selbst steht durch Korruptionsskandale in seiner Regierung in der Defensive.
Auch Macron hat ein Interesse, die Unterstützung der Ukraine durch sein Land «nachhaltig» festzuzurren. Im ersten Halbjahr 2027 wird er den Elysée- Palast verlassen müssen, und die grössten Chancen bei den Präsidentschaftswahlen haben die russlandfreundlichen Rechtspopulisten von Marine Le Pen und Jordan Bardella.
Auch sonst muss sich weisen, ob Macrons Kalkül mit den Rafale-Jets aufgeht. Er spricht vom Wiederaufbau der ukrainischen Armee nach einem Friedensschluss, obwohl besagter Frieden noch in weiter Ferne scheint. Auf jeden Fall, so Macron, täusche sich die russische Seite, wenn sie von der zunehmenden «Kriegsmüdigkeit» der Europäer ausgehe. (aargauerzeitung.ch)
