Die Ukraine hält nach Angaben ihrer Führung auch drei Wochen nach Kriegsbeginn jene Gebiete des Landes weiter unter Kontrolle, in die russische Truppen vorzudringen versuchen. Die Armee antworte auf jeden Angriff russischer Einheiten, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj in der Nacht zum Freitag. Der Krieg im Osten Europas wird auch am Freitag die internationale Politik beschäftigen.
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Der ukrainische Staatschef Selenskyj wandte sich besonders an die Menschen in Mariupol, Charkiw und Tschernihiw, deren Städte belagert werden und schweren Schaden genommen haben. Sie würden nicht im Stich gelassen, versicherte er. Von der Armee bis zur Kirche tue jeder alles für die Menschen. «Ihr werdet frei sein», versprach Selenskyj.
Der Staatschef dankte zudem US-Präsident Joe Biden für dessen «neue und effektive» Hilfe – und bat um Verständnis, dass er nicht alle Details zum Unterstützungspaket der USA preisgeben könne. Washington hatte zuletzt weitere Waffen im Wert von mehreren Milliarden Dollar zugesagt.
Nach ukrainischen Angaben setzten russische Truppen in der Nacht zum Freitag ihre Angriffe auf Tschernihiw fort. In Mariupol am Asowschen Meer bleibt unklar, wie viele Menschen beim Beschuss eines Theaters umgekommen sind. Der Abgeordnete Serhij Taruta schrieb auf Facebook, in den Schutzräumen des Gebäudes seien zuletzt offenbar noch mindestens 1300 Menschen gewesen. Aussagen der Abgeordneten Olga Stefanyschyna zufolge wurden am Donnerstag rund 130 Zivilisten lebend aus den Trümmern gerettet.
Angesichts des Kriegs gegen das Nachbarland Ukraine mahnte der deutsche Bundeskanzler Scholz, Russland nicht mit Putin gleichzusetzen. «Nicht das russische Volk hat die fatale Entscheidung des Überfalls auf die Ukraine getroffen. Dieser Krieg ist Putins Krieg.» Das sagte Scholz auf einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung zu Ehren des SPD-Politikers Egon Bahr, der am Freitag 100 Jahre alt geworden wäre.
Diese Unterscheidung sei wichtig, um die Aussöhnung zwischen Deutschen und Russen nach dem Zweiten Weltkrieg nicht aufs Spiel zu setzen, betonte Scholz. «Und sie ist wichtig, um den mutigen russischen Männern und Frauen, die unter hohen persönlichen Risiken gegen Putins Angriffskrieg auf die Strasse gehen, eines zu zeigen: Ihr steht nicht allein. Wir stehen an Eurer Seite.»
US-Aussenminister Antony Blinken warf Russland Kriegsverbrechen in der Ukraine vor, bezeichnete dies aber als seine persönliche Meinung. Er verwies auf eine ähnliche Äusserung von Präsident Biden. Absichtliche Angriffe auf Zivilisten seien ein Kriegsverbrechen. Offiziell hat die US-Regierung eine solche Einstufung bislang nicht vorgenommen. Blinken sagte aber: «Unsere Experten sind dabei, mögliche Kriegsverbrechen, die in der Ukraine begangen werden, zu dokumentieren und zu bewerten.» Auch nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums greift das russische Militär in der Ukraine vermehrt zivile Einrichtungen an.
Wegen des Kriegs in der Ukraine will US-Präsident Biden am Freitag mit dem chinesischen Staatschef Xi Jinping telefonieren. China ist der wichtigste Verbündete Russlands, lässt aber bei dem Angriff auf die Ukraine eine gewisse Distanz erkennen.
In New York nahm Russland wegen mangelnder Unterstützung im UN-Sicherheitsrat Abstand von einer Abstimmung über eine Resolution zur humanitären Lage in der Ukraine. Das mächtigste UN-Gremium soll aber am Freitag erneut zu einer Dringlichkeitssitzung wegen angeblicher US-Labore zur Produktion von Biowaffen in der Ukraine zusammenkommen – eine Behauptung, die von russischer Seite trotz fehlender Beweise immer wieder erhoben wird. Der Rat hatte sich schon einmal auf Anfrage Moskaus mit den Vorwürfen beschäftigt, die weithin als Falschinformation und haltlose Propaganda bezeichnet werden. (sda/dpa)