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Ukraine

Der «Alligator» schnappt nach deutschen Leopard-Panzern

FILE - In this handout photo taken from video and released by Russian Defense Ministry Press Service on Friday, Oct. 28, 2022, a Ka-52 helicopter gunship of the Russian air force fires rockets at a ta ...
Ein russischer Ka-52-Helikopter im Flug (Archivbild): Diese Modelle werden auch zunehmend an der Südfront im Ukraine-Krieg gesichtet.Bild: keystone

Der «Alligator» schnappt nach deutschen Leopard-Panzern

Russland hat offenbar in einigen Frontbereichen in der Ukraine Vorteile in der Luft. Das liegt auch an einem bestimmten Kampfhubschrauber.
18.06.2023, 04:5618.06.2023, 05:00
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Ein Artikel von
t-online

Ukrainische Versuche, an der südlichen Front vorzurücken, werden von einer bestimmten russischen Waffengattung zumindest erschwert: hochgerüsteten Kampfhubschraubern. Der britische Militär-Geheimdienst berichtet in seiner jüngsten Lageeinschätzung, dass 20 Hubschrauber zum russisch kontrollierten Flughafen von Berdjansk verlegt wurden – etwa 100 Kilometer von der Front entfernt. Das hätten Luftaufnahmen gezeigt.

«Im ständigen Wettbewerb zwischen Luftmassnahmen und Gegenmassnahmen ist es wahrscheinlich, dass Russland sich in der Südukraine vorübergehend einen Vorteil verschafft hat, insbesondere durch Kampfhubschrauber, die Raketen mit grösserer Reichweite gegen Bodenziele einsetzen», so der Geheimdienst. Auch die ukrainische stellvertretenden Verteidigungsministerin Hanna Maliar hatte von einer «Luftüberlegenheit der russischen Truppen» im Süden gesprochen.

Russische Militärblogger, das berichtet das Online-Magazin «The War Zone», würden zunehmend Erfolge von Kampfhubschraubern melden. Offiziell unbestätigte Berichte sprechen von Dutzenden ukrainischen Fahrzeugen, die aus der Luft zerstört worden seien. So sollen gleich mehrere Panzer bei Saporischschja von den fliegenden Kampfmaschinen zerstört worden sein – darunter auch deutsche Leopard- und amerikanische Bradley-Panzer.

In Online-Videos, die aus dem Kriegsgebiet stammen sollen, tauchen immer wieder Ka-52-Kampfhubschrauber des russischen Herstellers Kamov auf. Diese Fluggeräte gibt es in zwei Versionen, einmal als Einsitzer und einmal in der «Alligator»-Variante mit zwei Sitzen. Die Maschinen wurde Anfang der 80er-Jahre entwickelt und seitdem ständig verbessert.

Besonders augenfällig ist der Koaxialrotor – zwei übereinander liegende Hauptrotoren, die einen Heckrotor unnötig machen. Die Maschinen können bis zu 300 Kilometer pro Stunde zurücklegen und können in einem Radius von 460 Kilometern eingesetzt werden, beschreibt die Militärfachseite Militaryfactory die Eigenschaften.

Die Hubschrauber sind mit einer Bordkanone ausgestattet, können aber auch unterschiedliche Typen von Raketen abschiessen. Vor allem Panzerabwehrraketen vom Typ 9M120-1 Ataka-1 und 9A4172K Vikhr-1 kommen laut «The War Zone» zum Einsatz. Sie sind lasergesteuert und können bis zu zehn Kilometer weit fliegen. Laut Guy Plopsky, Autor von vielen Artikeln über die russische Luftwaffe, hätten die Ka-52-Hubschrauber einen Reichweitenvorteil gegenüber anderen russischen Modellen.

Dass diese jetzt im Süden der Ukraine an der Front eingesetzt werden, kann auch daran liegen, dass es hier offenbar weniger ukrainische Luftabwehr gibt. Die vorrückenden Einheiten sind dann weniger geschützt und bieten ein leichtes Ziel für die schnellen Kampfhubschrauber. Die «Alligatoren» sollen auch nach den deutschen Leoparden nahe Saporischschja geschnappt haben.

«Derzeit scheinen viele Ziele, die die Ka-52 angreifen, Fahrzeuge zu sein, die sich in der Nähe oder vor den ukrainischen Linien befinden», sagte Plopsky gegenüber «War Zone». fort. «In solchen Fällen verfügen die Ukrainer nicht über eine Luftverteidigung mit kurzer Reichweite dazwischen.»

Eine wunde Stelle haben aber nach Angaben von Plopsky die Ka-52: Wenn Vikhr-Raketen abgeschossen werden, müsse der Hubschrauber fast eine halbe Minute in der Luft stehen, um das Ziel mit dem Laser für die Rakete zu markieren. In dieser Lage könnte er einfacher von radargestützten Luftabwehrraketen getroffen werden.

Nach Einschätzung der Autoren des «War Zone»-Artikels werde durch die Hubschrauberattacken der Druck auf die Ukraine erhöht, mehr Luftverteidigungssysteme mit kurzer Reichweite einzusetzen. Nach ukrainischen Angaben hat man bei der Abwehr der Ka-52-Kampfhubschrauber aber durchaus auch Erfolge. So meldete die ukrainische Luftwaffe am Freitag, dass sie angeblich in Donezk einen dieser Helikopter abgeschossen habe.

Verwendete Quellen:

  • twitter.com: Tweet des britischen Militärgeheimdienstes (@DefenceHQ)
  • Telegram: Kanal der ukrainischen Luftwaffe
  • thedrive.com: Ukraine’s Armor Appears To Have A Russian Attack Helicopter Problem (englisch)
  • militaryfactory.com: Kamov Ka-52 Alligator (englisch)

(t-online, wan)

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92 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Weisch na?
18.06.2023 07:49registriert November 2022
Nun versteht man auch besser, weshalb Putin andauernd Ziele im ukrainischen Hinterland mit Marschflugkörpern und Drohnen angreifen lässt. Damit die Flugabwehrsysteme nicht alle an die Front gebracht werden können. Und leider scheint es zu funktionieren. Und wir Schweizer zerlegen nach wie vor unsere funktionstüchtigen FLAB-Systeme, anstatt sie den Ukrainern zur Verfügung zu stellen. Einfach nur traurig…
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Pat da Rat
18.06.2023 10:09registriert Mai 2022
Die Ukrainer haben seit Monaten darauf gedrängt, dass man ihnen Kampfflugzeuge zur Verfügung stellt. Nun wurden die Ukrainer schon beinahe in eine Gegenoffensive gedrängt (man will ja endlich ein paar "Erfolge" sehen, welche die Militärhilfen rechtfertigen und auch re zukünft. Lieferungen entscheidend sein könnten und werden) und verliert erwartungsgemäss Menschen und Ausrüstung, auch durch fehlende Luftüberlegenheit/unterstütung aufm Gefechtsfeld. No surprise... hätte man den Ukrainern die Jets geliefert, sähe es wohl etwas anders aus. Too little, too late... again...
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Bächli
18.06.2023 12:51registriert März 2020
Eine schwierige Mission für die Ukraine, die Russen aus dem besetzten Land zu vertreiben, so lange sie ohne Luftunterstützung vorstoßen müssen. Die zögerliche Hilfe rächt sich hier deutlich.
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