An der Südfront kann die Ukraine weitere Gebietsrückeroberungen verzeichnen. Videos zeigen Mitglieder der 47. motorisierten Brigade im Dorf Robotyne. Um das Dorf zu erreichen, hätten ukrainische Einheiten verschiedene Verteidigungslinien durchbrechen müssen, berichtet das amerikanische Institut für Kriegsstudien (ISW). Dass die ukrainischen Kampfeinheiten von Journalisten begleitet wurden, deutet das ISW als ein Indiz dafür, dass sich keine starken russischen Verbände mehr in unmittelbarer Nähe befinden. Die stellvertretende Verteidigungsministerin Hanna Maliar zeichnete am Dienstag auf ihrem Telegram-Kanal ein leicht anderes Bild. Sie berichtete, die ukrainischen Truppen in Robotyne würden unter russischem Beschuss stehen.
Weitere Videos aus der umkämpften Stadt zeigen, wie die Befreier im Dorf von vorwiegend älteren Zivilisten herzlich empfangen werden. Diese hatten unter fürchterlichen Bedingungen in ihren Häusern ausgeharrt. Jetzt werden sie evakuiert: «Wir hatten immer die Hoffnung, dass unsere Truppen kommen würden und alles wieder in Ordnung wird. Aber wissen Sie, wir hofften das für eine so lange Zeit, dass das heute wirklich überraschend kam», erzählte eine 52-jährige Einwohnerin, die kürzlich Geburtstag feierte, den Tränen nah. «Ich erhielt wunderbare Geschenke: Maulbeerkuchen, drei Brote, von meiner Mutter erhielt ich einen Rosenstrauss und mein Götti gab mir eine halbe Schachtel Kekse, die er von den Besatzern abgestaubt hatte.»
Laut russischen Militärbloggern kontrolliert die Ukraine nur den nördlichen Teil von Robotyne. Im Süden würden sich weiterhin Stellungen der Besatzer befinden. Laut Informationen des ISW und des Kartenservices «Deep State» befindet sich seit August auch eine Einheit von Ramsan Kadyrows Achmat-Truppen wenige Kilometer westlich von Robotyne. Weitere Verstärkung sei bisher aber nicht eingetroffen, so das ISW.
Auch der französische Publizist und Philosoph Bernard-Henri Lévy, der selbst immer wieder die Front besucht, vermeldete die Rückeroberung von Robotyne: «Das bedeutet, dass sie [die ukrainischen Befreier] a) die russischen Minenfelder überwinden konnten und b), dass der Weg nach Melitopol frei ist.»
I was recently in #Houlaipole area. I confirm: if #Ukrainian forces actually took #Robotyne, it means that a) they crossed the Russian minefields b) the road to #Melitopol is open c) it’s a turning point for the counteroffensive - (working much better than what most media state). https://t.co/I4738wNKur
— Bernard-Henri Lévy (@BHL) August 19, 2023
Nicht ganz so euphorisch, aber verhalten optimistisch analysiert das ISW. Verschiedene Indizien würden darauf hindeuten, dass die zweite Verteidigungslinie weniger stark besetzt sei. Dazu gehören das wahrscheinliche Fehlen russischer Reserven und nur bescheidene Verlegungsbewegungen. Diese Informationen seien aber mit Vorsicht zu geniessen, denn die Verbände und Einheiten der zweiten Verteidigungslinien seien noch weitgehend unbekannt.
Robotyne befindet sich ungefähr 23 Kilometer nordöstlich des Bahn- und Strassenverkehrsknotenpunkts Tokmak. Durch Tokmak werden die russischen Truppen im Westen der besetzten Gebiete versorgt. Dazu gehört auch die Krim.
Ich bewundere die UKR für ihren Mut und Durchhaltewillen.
Hoffe Europa und USA unterstützen sie bis ihr gesamtes Staatsgebiet wieder befreit ist.
Der Boden ist vermient und die russischen Truppen haben jegliche Infrastuktur vor dem Abzug zerstört oder mit Sprengfallen verseucht. Drohen und Artilleriegranaten werden auch weiterhin für die befreiten Gebiete eine ständige Gefahr sein. Und dieser Krieg wird noch Jahre dauern.
Wie sollen die Menschen dort sich wieder eine neue Existenz aufbauen.
Das wäre in der Tat ein grosser Erfolg. Ich wünsche den Ukrainern einen derartigen Erfolg von Herzen, bleibe allerdings (leider) skeptisch. Die nächsten Tage/Wochen werden zeigen was an dieser Meldung dran ist.