Bekannt geworden sind die Klitschko-Brüder als Boxer. In ihrem Leben nach der Sport-Karriere sind beide nicht nur politische Menschen – die Ukraine und die Lage, in der sie sich befindet, steht bei beiden im Mittelpunkt. Selbst die Ehe beider Klitschkos ist in die Brüche gegangen.
In einem Doppelinterview, das sie dem Magazin «Stern» gegeben haben, dreht sich alles darum, wie ihr Land als selbstständige Einheit überleben kann. Und wieso die Aggression vom östlichen Nachbarn Russland auch hierzulande interessieren muss. Vitali Klitschko erzählt auch, unter welcher Bedingung er mit Putin verhandeln würde.
Die Klitschko-Brüder unterstreichen, dass sie für die Freiheit und Selbstbestimmtheit ihres Landes kämpfen wollen. «Mit unseren Händen, mit unseren Soldaten, mit Waffen», sagt Vitali Klitschko, Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt Kiew.
Im Interview betonen sie auch, wie sehr die Propaganda in Russland die Sicht auf die wahren Zustände in der Ukraine vernebele. Russlands Bevölkerung würde komplett unter dem Einfluss der Staatspropaganda stehen. Das sei wie in der Sowjetzeit – das hätten sie hautnah mitbekommen. Auch ihr Vater habe das als Soldat der Roten Armee erlebt – er habe der Sowjet-Propaganda Glauben geschenkt. Ähnlich würde es heute den russischen Soldaten ergehen.
Wladimir Klitschko nennt ein Beispiel, was die «Gehirnwäsche» anrichten würde: «In der Nähe von Tschernobyl. Auch dort haben in den ersten Tagen des Krieges die russischen Soldaten die Leute gefragt: Wo sind die Faschisten? Habt ihr Faschisten gesehen?»
Russland hatte den Angriffskrieg gegen die Ukraine innenpolitisch mit einer sogenannten Entnazifizierung begründet. Dabei sei es Russland, das «viele Parallelen zum Dritten Reich» habe, sagt Wladimir Klitschko.
Russlands Propaganda verfange in der russischen Gesellschaft sehr stark, das merken die Brüder über ihre Kontakte, die sie noch dorthin haben. «Die Menschen in Russland haben Angst, ihre Meinung zu sagen. In Russland eine andere Meinung zu haben, ist viel zu gefährlich», sagt Vitali Klitschko. Und Wladimir Klitschko ergänzt: «Es kommt wieder eine richtige Diktatur.»
Ob Russland mit einem angestrebten Nato-Beitritt, den Vitali Klitschko bereits 2014 im ukrainischen Parlament unterstützte hatte, provoziert worden wäre, will der «Stern»-Reporter wissen. Vitali Klitschko entgegnet darauf, dass schon 2014 mit der Annexion der Krim zu spüren gewesen sei, wie aggressiv Russland werden könne.
«Daran zu glauben, dass wir mit einem neutralen Status überleben könnten, sehen wir heute klar als Fehler, weil wir allein gegen eine der stärksten und grössten Armeen der Welt standen», sagt Vitali Klitschko. Und er geht noch weiter: «Gott sei Dank helfen uns die westlichen Länder. Ohne diese Hilfe würde die Ukraine nicht mehr existieren.»
Der einzige Weg sei, das Land mit «unseren Händen, mit unseren Soldaten, mit Waffen» zu verteidigen. Es gebe keinen anderen Weg, sagt Vitali Klitschko, «auch wenn Moskau sagt: 'Lass' uns Kompromisse finden'. Aber Gespräche mit Putin kann es nur geben, wenn der letzte russische Soldat unser Land verlassen hat.»
Den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj will Vitali Klitschko nicht uneingeschränkt loben. Auf die Frage, ob dieser einen guten Job mache, antwortet Kiews Bürgermeister, dass es zu früh sei, dies zu beurteilen. Er sagt:
Kiews Bürgermeister wird auch mit seinen Ambitionen konfrontiert, selbst Präsident der Ukraine werden zu wollen. Er habe vor dem Krieg im Freundeskreis seine Gedanken über eine eigene Präsidentschaftskandidatur geäussert. Vitali Klitschko entgegnet: «Ich denke jetzt nicht daran, für irgendein Amt zu kandidieren. Aber wenn es so weit ist, werde ich Bescheid sagen. Bis dahin tue ich alles, was ich in meiner derzeitigen Position kann.»
(dsc/watson.de)
Putin versteht nur die Sprache der Stärke. Und darum muss man ihm auch ganz klar sagen, was der Tarif ist.
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