Die Ukraine steht im Krieg gegen Russland zunehmend unter Druck. Zwar gibt es neue Hoffnung auf weitere Unterstützung durch die USA und europäische Partner, doch die Lage bleibt dramatisch. Die derzeitigen russischen Luftangriffe sind die massivsten und schwersten seit Kriegsbeginn.
Geländegewinne durch Russland im Osten der Ukraine bereiten Kiew Sorgen. Diese sind zwar marginal, oft nur wenige Meter, doch erfolgen sie beständig.
Zudem ist die Luftverteidigung überfordert. Auch in Städten wie Kiew im Westen der Ukraine schlagen Raketen und Drohnen teilweise durch. Das liegt an einer veränderten aggressiven Strategie Russlands.
Christian Freuding, Generalmajor und Vertrauter von Deutschlands Verteidigungsminister Boris Pistorius, erklärt das neue Vorgehen des russischen Militärs. Es ist ein gefährlicher Mix aus Angriffsstrategien und neuer Technik, die diese so gefährlich macht.
Beim NDR-Podcast «Streitkräfte und Strategien» erklärt Freuding, dass die russischen Luftstreitkräfte dazugelernt und Produktionsmöglichkeiten ausgebaut hätten. Dies betrifft etwa die einfach konstruierten Shahed-Drohnen, die ursprünglich aus dem Iran importiert worden waren.
Nun werden sie in besseren Versionen auch in Russland massenhaft produziert. Freuding erklärt:
Die technische Weiterentwicklung führe darüber hinaus dazu, dass Drohnen nicht mehr einzeln, sondern in koordinierten Schwärmen angreifen. Oft fliegen Hunderte Drohnen gleichzeitig in Schwärmen zum Angriff.
Dies ermöglicht die Anwendung einer neuen Strategie: «Die russischen Streitkräfte entwickeln auch ihre Angriffstaktiken weiter. Zusätzlich zu mit Sprengstoff beladenen Drohnen werden nun vermehrt Täuschkörperdrohnen eingesetzt, um die ukrainische Luftverteidigung zu überlasten und abzulenken», erklärt Freuding.
Täuschkörperdrohnen sind unbewaffnete Fluggeräte, die gezielt eingesetzt werden, um die gegnerische Luftabwehr zu täuschen, abzulenken oder zum Verfeuern ihrer begrenzten Abwehrraketen zu zwingen.
Hinzu kommt eine veränderte Angriffsschneise. Drohnen greifen flacher an als noch vor einigen Monaten.
Fatal für Kiew. Diese Schwärme aus bewaffneten und unbewaffneten Drohnen belasten die ukrainische Luftverteidigung mittlerweile schwer. «Die Ukraine hat in den vergangenen Monaten stark auf mobile Luftverteidigungssysteme gesetzt, doch diese Systeme können unter den neuen Bedingungen nicht mehr in gleicher Weise wirken», mahnt Freuding an.
Das schlage sich auch auf die Psyche der Zivilbevölkerung nieder. Denn Explosionen sind nun häufiger und deutlich näher am Stadtzentrum zu hören.
«Viele suchen bei Alarm sofort Schutzräume auf und bleiben dort über Stunden. Besonders Familien bringen ihre Kinder während der Ferien vermehrt aus den Städten, etwa aus Kiew, in sicherere Regionen», sagt Freuding. Er stellt klar: «Der Luftraum der Ukraine muss wieder sicherer werden.»
Angesichts der massiven russischen Luftangriffe werden internationale Waffenlieferungen weiter ausgeweitet. Die USA haben ein milliardenschweres Hilfspaket angekündigt, begleitet von dem Plan, Patriot-Luftabwehrsysteme über Nato-Partner wie Deutschland und andere EU-Staaten nach Kiew zu schicken.
US-Präsident Trump kündigte jüngst an, dass erste Luftabwehrraketen bereits aus Deutschland unterwegs seien, finanziert von europäischen Partnern. Parallel dazu wollen Nato-Länder – darunter Deutschland, Dänemark, die Niederlande und Norwegen – selbst Patriot-Batterien kaufen und unmittelbar an die Ukraine weiterreichen. Schweden hat ebenso seine Beteiligung an dieser neuen Waffeninitiative signalisiert.
Auf dem Londoner Ukraine-Gipfel Anfang Juli einigten sich führende EU-Staaten zudem auf die verstärkte Beschaffung von Luftabwehrschilden – einschliesslich kleinerer Systeme wie IRIS‑T – und auf die vertiefte Produktion eigener Raketen im Inland. Ein Hoffnungsschimmer für die Ukrainer und Ukrainerinnen.
Ich habe das Gefühl, dass man mit altmodischen Flaks mehr ausrichten könnte. Oder dann mit einem Iron-Dome-System. Aber das ist nicht verfügbar.