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Analysen des britischen Geheimdienstes zum Ukraine-Krieg erklärt

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Ukrainische Soldaten in der Nähe der umkämpften Stadt Bachmut.Bild: keystone

Das steckt hinter den Analysen des britischen Geheimdienstes zum Ukraine-Krieg

Der britische Geheimdienst hat sich im Ukraine-Krieg als wichtige Quelle erwiesen. Oft sind seine Formulierungen aber schwammig. Wie die täglichen Lageberichte zustande kommen, macht der Dienst nun transparent.
07.04.2023, 07:2507.04.2023, 07:25
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Ein Artikel von
t-online

Täglich veröffentlicht der britische Geheimdienst ein Dossier zum Ukraine-Krieg. Darin enthalten sind Information zur aktuellen Lage in dem von der russischen Armee teilweise besetzten Land. Damit will die britische Regierung sowohl der russischen Darstellung entgegentreten als auch Verbündete bei der Stange halten. Moskau wirft London eine gezielte Desinformationskampagne vor.

Mit seinen Updates zum militärischen Verlauf und zur mutmasslichen Kriegstaktik von Wladimir Putins Generälen liefern die Briten einen entscheidenden Beitrag zur Aufklärung, sowohl der ukrainischen Militärführung als auch der (westlichen) Öffentlichkeit. Doch was öffentlich von dem Nachrichtendienst kommuniziert wird, liest sich häufig recht schwammig.

Das steckt hinter den Hinweisen

Vor wenigen Tagen etwa veröffentlichten die britischen Schlapphüte eine Mitteilung, nach der die russische Führung «sehr wahrscheinlich die Bildung weiterer privater Söldnerarmeen anstrebe, um irgendwann einmal den Platz einzunehmen, den momentan noch die Gruppe Wagner [Anm. d. Red.: private Söldnerarmee des russischen Unternehmers Jewgeni Prigoschin] innehat».

Update zur Lage in der Ukraine vom 4. April 2023.
Update zur Lage in der Ukraine vom 4. April 2023.screenshot: twitter

Es wimmelt in den Geheimdienstberichten nur so von Modalwörtern. «Vermutlich», «wahrscheinlich», «möglicherweise», «offenbar», «nahezu sicher».

Das schwammige Behördensprech ist durchaus beabsichtigt, schliesslich handelt es sich bei den Informationen, die das britische Verteidigungsministerium verbreitet, selten um letzte Gewissheiten, sondern um Hinweise, die meist aus einer Fülle an unterschiedlichen Quellen zusammengetragen werden. Aus diesem Quellenfundus errechnen die Geheimdienstanalysten dann Wahrscheinlichkeiten.

Wahrscheinlichkeit der Vorhersagen sind genau definiert

Wie wahrscheinlich es ist, dass eine Entwicklung oder ein Ereignis eintritt oder bereits eingetreten ist, das lässt sich anhand des Sprachcodes ablesen, in dem die Updates unter anderem bei Twitter veröffentlicht werden.

So signalisiert die Verwendung des Begriffs «geringe Chance», dass ein Ereignis nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 5 bis 10 Prozent eintritt. «Wahrscheinlich» oder «möglicherweise» findet dagegen Eingang in den täglichen Lagebericht, wenn die Wahrscheinlichkeit des Eintreffens einer Situation bei 50 bis 75 Prozent liegt.

Mit seinem «Probability Yardstick», also einer «Wahrscheinlichkeitsskala», will der britische Geheimdienst sicherlich ein Stück weit für Transparenz sorgen. Sofern das in Kriegszeiten und angesichts von nachrichtendienstlich gesammelten Informationen möglich ist.

Die von den Briten veröffentlichte Skala für die Wahrscheinlichkeit.
Die von den Briten veröffentlichte Skala für die Wahrscheinlichkeit.

Dass die Analysen der Briten nicht ganz falsch sein können, zeigte sich bereits Ende Februar 2022. Da twitterten die britischen Geheimdienstler zur Überraschung vieler Beobachter vermeintliche Pläne von Russlands Diktator Wladimir Putin für eine Invasion in die Ukraine. Nur wenige Tage später geschah der Überfall dann tatsächlich.

Quellen

(t-online/dsc)

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18 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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AlfredoGermont
07.04.2023 08:01registriert März 2022
Diese Notizen sind für die Öffentlichkeit bestimmt und sollen helfen, das Geschehen einzuordnen.
Ich nehme an, die Briten werden einige konkretere Erkenntnisse mit den Ukrainernn teilen die nicht zur Publikation bestimmt sind.
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AlfredoGermont
07.04.2023 08:04registriert März 2022
Dankt eurem Präsidenten hinter dem langen Tisch, er hat all das zu verantworten.
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Lafayet johnson
07.04.2023 09:16registriert Juli 2020
Das ISW (Institute for the Study of War) berichtet in einem Lagebericht, dass russische Streitkräfte möglicherweise Ausrüstung aus Sorge vor einer ukrainischen Gegenoffensive von der Krim abgezogen hätten, um sie in andere Teile der Südukraine zu verlegen.
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