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Russland hat offenbar grosse Probleme beim Drohnenbau

Russland hat offenbar grosse Probleme beim Drohnenbau

Dass der Iran Russland im Krieg gegen die Ukraine mit Drohnen unterstützt, ist bekannt. In Zukunft sollen diese offenbar in Russland gebaut werden.
16.07.2023, 19:35
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Ein Artikel von
t-online

Russland hat offenbar erhebliche Schwierigkeiten, Kampfdrohnen selbst zu produzieren. Das legen kremlkritische Medien nahe, die von «systemischen Mängeln» und «Misswirtschaft» berichten.

Der russischen Oppositionsgruppe «Protokol» zufolge versucht Russland in Tatarstan iranische Drohnen vom Typ Shahed-136 nachzubauen. Dafür habe Russland mit Iran einen Lizenzvertrag für umgerechnet etwa 1.3 Milliarden Euro abgeschlossen, berichtet «Protokol». In Jelabuga, einer in den 80er Jahren errichteten Sonderwirtschaftszone östlich von Moskau, soll dementsprechend eine Fabrik hochgezogen werden. Darüber hatten zuvor schon hochrangige US-Beamte berichtet.

Bauteile Drohne laut «Protokol» vollständig aus dem Iran

Dort sollen laut «Protokol» die Drohnen gebaut und russisches Spezialpersonal von iranischen Experten ausgebildet werden. Der Iran stelle Materiallisten und Konstruktionspläne zur Verfügung, dem Bericht zufolge soll es sich bei der Zusammenarbeit um eine Art «Franchise» handeln, Russland also nach Angaben Irans aber unter eigenen Massstäben den Drohnenbau ausführen.

Aktuell werden die Bauteile für die Shahed-Drohne laut «Protokol» vollständig aus dem Iran geliefert und in Jelabuga zusammengesetzt. Die iranischen Bauteile sollen dem Bericht zufolge in Zukunft reduziert und durch russische ersetzt werden.

Doch dabei gibt es nun wohl Probleme. Verhandlungen zur genauen Produktionsausgestaltung verliefen offenbar im Sande. So brauche es aus Sicherheitsgründen eine grosse Grube für die Produktion der Munition. Die habe die Verwaltung der Wirtschaftszone in Erwägung gezogen, jedoch dauere die Einrichtung. Auch die Beschaffung von Materialien sei aufgrund der Sanktionen schwierig.

May 8, 2023, Kyiv, Ukraine: View of an apartment damaged from the middle in a residential building in Kyiv due to a Russian military attack by Iranian-made Shahed-136 drones. Russia attacked Ukraine a ...
Blick auf eine Wohnung in einem Wohnhaus in Kiew, die durch einen russischen Militärangriff mit iranischen Shahed-136-Drohnen von der Mitte aus beschädigt wurde.Bild: www.imago-images.de

Zwei bis drei Jahre könnte es «Protokol» zufolge dauern, bis sich der Iran aus der Produktion herausnehmen könnte. Andere Quellen, die ebenfalls auf den Recherchen von «Protokol» basieren, gehen hingegen davon aus, dass es noch länger dauern könnte.

Überhöhte Kosten

Ausserdem zeuge der Vertrag von überhöhten Kosten, unrealistischen Zeitkalkulationen und nur behelfsmässigen Produktionsanlagen. Das lasse Zweifel aufkommen, «ob die Drohnen jemals in Serie produziert werden können», schreibt «Protokol».

Auch bei den Kosten soll es Meinungsverschiedenheiten gegeben haben. So soll sich Moskau gegen die von Teheran geforderten 800'000 Euro gesträubt haben, die für die Produktionsanlage angesetzten wurden. Die Art der Bezahlung des Deals sei ebenfalls ein Problem gewesen, weil der Iran laut «Protokol» auf Barzahlung beharrt, die Russland so nicht erfüllen könne.

Aktuell soll der Hangar für die Drohnenproduktion dem Bericht zufolge 40'000 Quadratmeter gross sein. In Zukunft sollen die Hallen eine Gesamtfläche von über 100'000 Quadratmeter erreichen. Die Montageeffizienz der Russen soll die der Iraner dann der Planung zufolge um das Zehnfache übersteigen. Es soll laut «Protokol» ein separates Dorf entstehen, das ausschliesslich der Herstellung von Drohnen für die russische Armee gewidmet ist. Wie wahrscheinlich die Umsetzung dieser Pläne ist, ist allerdings unklar.

Russland setzt seit Monaten auf den Einsatz der unbemannten Kampfflieger. Anfang Juni dieses Jahres sagte der ehemalige US-Admiral John Kirby, dass der Iran Russland auch weiter mit Drohnen beliefere. Sie würden über das Kaspische Meer von Amirabad im Iran nach Machatschkala in Russland verschifft und von den russischen Streitkräften gegen die Ukraine eingesetzt. Im Mai erhielt Russland nach Angaben des Weissen Hauses auf diese Weise Hunderte Angriffsdrohnen sowie Ausrüstung für die Drohnenproduktion aus dem Iran. Auch die Ukraine verwendet Drohnen in der Verteidigung gegen Russland.

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52 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Schlaf
16.07.2023 20:27registriert Oktober 2019
Ach nö, die Sanktionen erschweren das Projekt mit dem Drohnenbau? Fehlen die Chips aus Waschmaschinen?
Der Kreml hat Mühe 800k in Bar zu bezahlen?
Russland wird den Bach abgehen.
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_kokolorix
16.07.2023 20:41registriert Januar 2015
Zwischen den Verlautbarungen des kremls und der Realität klaffen immer riesige Lücken. Zahlen müssen je nachdem durch 10 dividiert oder mit 10 multipliziert werden, um in die Nähe der Realität zu kommen.
Dass die russen eine Produktion von solch einfachem Gerät nicht alleine auf die Reihe kriegen, sollte ja klar aufzeigen auf welchem Niveau diese "Weltmacht" agiert. Wenn die russen 1Mia investieren, dann versickern 999Mio in ihren korrupten Strukturen. Was dann entstanden ist, sieht vielleicht gut genug für ein Bild aus, aber funktioniert nicht. Alles was läuft, stammt noch aus der UdSSR
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AngelitosHE
16.07.2023 20:25registriert September 2018
Welche "Supermacht" kann denn keine 800'000 für sowas blechen und sich auch noch mit Barzshlung schwer tun?
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