Während Präsident Putin mit seinen Gefolgsleuten feierte, bahnte sich ein weiteres Debakel für seine Armee an. Die russische Führung muss es gewusst haben, tat aber nichts, um die Einkesselung der militärisch wichtigen Stadt Lyman zu verhindern. Dabei galt das Fest in Moskau den eben erst annektierten ukrainischen Provinzen. Lyman liegt in der Region Donezk, die nach Moskaus Lesart nun offiziell zu Russland gehört.
Der Realitätsverlust ist im Kreml inzwischen so gross, dass man den Rückzug aus Lyman viel zu spät anordnete. Wahrscheinlich wollte die Führung die Feier auf dem Roten Platz am Freitag nicht mit einer neuen Hiobsbotschaft stören. Und so umzingelten die Ukrainer Lyman weitgehend. Am Wochenende flüchteten russische Truppen. Erste Berichte aus der befreiten Stadt deuten auf schwere Verluste der Invasionsarmee hin.
Nach der Einnahme von Lyman stoppten die Ukrainer ihren Vormarsch nicht, sondern stiessen weiter in Richtung Nordosten vor. Nächstes Ziel dürfte die Ortschaft Kreminna sein, die an der Strasse nach Sewerodonezk und Lisichansk liegt, beides Städte, um die Russlands Invasionstruppen lange gekämpft haben.
Gelingt den Ukrainern der Vorstoss bis zu dieser wichtigen Strassenverbindung, könnten sie die Richtung ändern und am Ostufer des Donezk-Flusses nach Südosten marschieren. In diesem Fall entstünde für die Russen das Risiko, dass die Ukrainer die seit acht Jahren umkämpfte und auf beiden Seiten schwer befestigte Front in der Region Donezk von hinten aufrollen.
Ausserdem würden dann weitere russische Verbände eingekesselt. Davon sind wir zwar noch weit entfernt, aber beim derzeitigen Tempo des russischen Zusammenbruchs lässt sich so ein Todesstoss nicht ausschliessen. Einiges deutet darauf hin, dass die russische Führung eiligst Verstärkungen aus anderen Landesteilen der besetzten Ukraine abgezogen und an die Front bei Lyman geworfen hat. Es sollen auch frisch eingezogene Soldaten aus Russland dorthin beordert worden sein.
Diese Situation nützen die Ukrainer aus, indem sie ihre Anstrengungen im Süden verstärken, das westliche Ufer des Dnjepr und damit die russisch besetzte Region Cherson zurückzuerobern. Russische Quellen melden ukrainische Fortschritte im äussersten Norden dieses Frontabschnitts. In den letzten Tagen haben die Ukrainer Truppen und Nachschub herangeführt.
Ähnlich wie im Osten bilden hier Wasserläufe die grössten Hindernisse. So wird seit längerem um improvisierte Übergänge der Ukrainer über den Inhulez-Fluss gekämpft. Dieser schneidet das russisch besetzte Territorium westlich des Dnjepr in zwei Teile.
Mit einem zweiten Angriff in diesem mittleren Frontabschnitt wollen die Ukrainer bis zum Dnjepr vorstossen und das russische Expeditionskorps in Cherson aufspalten. Im Gegensatz zu Lyman, wo auch viele demoralisierte und schlecht ausgerüstete russische Soldaten kämpften, hat Russland in Cherson allerdings auch Eliteeinheiten stationiert. (aargauerzeitung.ch)
Sieht so aus als würden sie langsam mitbekommen was in donezk und luhansk passiert und selbst flüchten.