Am Sonntagnachmittag wurde bekannt, dass der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu seine Amtskollegen in Grossbritannien, Frankreich und der Türkei angerufen hat. Dabei hat Schoigu behauptet, dass die ukrainische Regierung in Kiew einen Atomschlag plane und diesen den Russen in die Schuhe schieben wolle. Ziel sei damit die Diskreditierung Russlands vor der Weltöffentlichkeit.
Die Ukrainer wollten dafür eine sogenannte schmutzige Bombe verwenden. Als «schmutzige Bombe» werden herkömmliche Sprengsätze bezeichnet, die auch radioaktives Material beinhalten und damit ein grosses Schadenpotenzial besitzen.
Schoigu habe den europäischen Atommächten «seine Besorgnis über mögliche Provokationen der Ukraine» mit einer solchen Bombe übermittelt, teilte das russische Verteidigungsministerium mit.
Die russische staatliche Nachrichtenagentur unterstrich die Behauptungen Schoigus mit einer Meldung, wonach Kiew die Fertigstellung einer kleinen taktischen Atombombe faktisch abgeschlossen habe.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj reagierte prompt auf die Vorwürfe Russlands und wies diese entschieden zurück. Stattdessen verwies Selenskyj darauf, dass Russland wohl selber «etwas Schmutziges» vorbereite, wenn es mit solchen Vorwürfen aufwarte. Dies erklärte der ukrainische Präsident in seiner allabendlichen Videoansprache am Sonntag.
«Wenn jemand in unserem Teil Europas Atomwaffen einsetzen kann, dann ist das nur einer. Und dieser eine hat dem Genossen Schoigu befohlen, dort anzurufen», sagte Selenskyj weiter und spielte damit auf Wladimir Putin an. Die Welt müsse nun klarstellen, dass sie nicht bereit sei, solche «schmutzigen» Vorwürfe zu schlucken.
Im Westen wurde mit viel Skepsis auf die Vorwürfe aus Moskau reagiert. Aus London hiess es, dass Verteidigungsminister Ben Wallace die russischen Behauptungen zurückgewiesen habe und solche Vorwürfe nicht als Vorwand für eine weitere Eskalation dienen sollten. Wallace habe zudem den Wunsch nach einer Deeskalation im Konflikt bekräftigt.
Der US-amerikanische Aussenminister Antony Blinken reagierte ähnlich. Es wies die Vorwürfe Schoigus zurück. Er habe mit dem ukrainischen Aussenminister Dmytro Kuleba gesprochen und ihm fortwährende Unterstützung der USA zugesichert. Er bezeichnete die Äusserungen Schoigus zudem als «falsche Behauptungen».
I spoke with Ukrainian Foreign Minister @DmytroKuleba today to discuss the United States’ continued support for Ukraine and to reject Russia’s false allegations that Ukraine is preparing to use a dirty bomb on its own territory.
— Secretary Antony Blinken (@SecBlinken) October 23, 2022
Die Behauptungen Schoigus wecken im Westen erneut Bedenken, dass Russland Militäraktionen – in diesem Fall die Verwendung einer solchen schmutzigen Bombe – im Namen der Ukraine durchführen könnte, um damit weitergehende Attacken seinerseits rechtfertigen zu können.
Solche Unterstellungen sind nachweislich ein beliebtes Mittel der russischen Kriegsführung, um eigene Aktionen zu legitimieren. So führte Putin zu Beginn des Krieges das Argument einer nötigen «Entnazifizierung» in der Ukraine an, um seine «militärische Spezialoperation» zu rechtfertigen. Auch Vorwürfe, wonach die Ukraine heimlich Biowaffen herstelle und diese einsetzen wolle, nährten damals die Befürchtungen vor russischen Operationen im Namen der Ukraine.
Schoigus Warn-Anrufe könnten demnach einen strategischen Hintergrund haben. Laut Beobachtern ist auch möglich, dass Moskau mit dieser Vorgehensweise erneut Angst im Westen vor einem Atomwaffeneinsatz schüren möchte.
Auch der ukrainische Aussenminister Dmytro Kuleba äusserte sich zu den russischen Vorwürfen und stiess ins selbe Horn. Auf Twitter schrieb er, dass er mit US-Aussenminister Antony Blinken gesprochen habe und dass sie sich einig seien, dass Schoigus Aussagen eventuell den Weg zu einer Operation unter falscher Flagge ebnen sollen.
I spoke to @SecBlinken. We both agreed Russia’s ‘dirty bomb’ disinformation campaign might be aimed at creating a pretext for a false flag operation. We also discussed further practical steps to boost Ukraine’s air defense. Secretary affirmed the US spares no effort to this end.
— Dmytro Kuleba (@DmytroKuleba) October 23, 2022
In den vergangenen Tagen hat Moskau zudem immer wieder vor einem ukrainischen Grossangriff auf die umkämpfte Stadt Cherson im Süden des Landes gewarnt und die ukrainische Bevölkerung zum Verlassen des Gebietes aufgefordert. Auch das wurde von Beobachtern als mögliches Indiz gewertet, dass Russland im betroffenen Gebiet selbst eine grössere Militäraktion plant.
Dass die Ukraine hingegen tatsächlich einen Atomwaffen-Einsatz plant, wie das von russischer Seite behauptet wird, ist indes äusserst unwahrscheinlich, da das Land nach dem Zerfall der Sowjetunion sämtliches atomares Kriegsmaterial abgegeben hat. (con)
Mit Material der Nachrichtenagenturen SDA und DPA.
Option/Schritt 1: den Staudamm sprengen (durch ukrainische Partisanen, natürlich).
Option/Schritt 2: eine taktische A-Bombe oder eine Schmutzige Bombe im Bereich Cherson zünden (beides natürlich ebenfalls von den Ukrainern gebaut).
Option/Schritt 3: Saporitsche hochgehen lassen ( ziemlich einfach, wenn die kein Wasser mehr haben, um den Reaktor zu kühlen).
Verbrannte Erde, in der Tat.