Das erste Treffen der ukrainischen Konfliktparteien unter OSZE-Vermittlung seit fünf Wochen ist am Samstag in Minsk nach wenigen Stunden ergebnislos beendet worden. Der ukrainische Unterhändler machte die prorussischen Separatisten für das Scheitern verantwortlich.
Nach vier Stunden verliessen die Unterhändler der Regierung in Kiew, der prorussischen Separatisten sowie Moskaus schweigend den Verhandlungsort in der weissrussischen Hauptstadt Minsk. Die Gespräche seien gescheitert, sagte der Unterhändler der ukrainischen Regierung, der ehemalige Präsident Leonid Kutschma.
Als Grund für das Scheitern der Gespräche nannte Kutschma gegenüber der Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine das Fernbleiben ranghoher Rebellenführer. Deren Unterhändler hätten zudem Gespräche über eine sofortige Waffenruhe und den Rückzug schwerer Waffen aus den umkämpften Gebieten abgelehnt.
Für die Separatisten hatten die Unterhändler Denis Puschilin und Wladislaw Deinego sowie für Moskau der russische Botschafter Michail Subarow an den Gesprächen teilgenommen. Auch der als Vertrauter Putins geltende ukrainische Politiker und Oligarch Viktor Medwedtschuk war in Minsk. Der Unternehmer steht auf der Sanktionsliste der USA.
Auf eine Waffenruhe als wichtiges Ergebnis der Friedensgespräche hatten kurz zuvor Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident François Hollande und der russische Präsident Wladimir Putin in einem gemeinsamen Telefonat gedrängt.
Die Gespräche in Minsk fanden unter Vermittlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) statt. Für die Organisation war die Schweizer Diplomatin Heidi Tagliavini mit am Verhandlungstisch. Das letzte Treffen der sogenannten Kontaktgruppe hatte am 24. Dezember stattgefunden.
In der Ostukraine gilt seit Anfang September formal eine Waffenruhe, die jedoch immer wieder gebrochen wird. In dem seit neun Monaten andauernden Konflikt wurden bereits mehr als 5000 Menschen getötet. Zuletzt verschärfte sich die Lage wieder. Bei den Kämpfen geraten zunehmend auch Zivilisten unter Beschuss.
International für Empörung sorgte der Raketenbeschuss der Hafenstadt Mariupol vor einer Woche, durch den mindestens 30 Menschen getötet wurden. Am Freitag wurden nach Angaben beider Konfliktparteien 19 Zivilpersonen und mindestens fünf Soldaten getötet, am Samstag berichtete das ukrainische Militär von 15 getöteten Soldaten.
Besonders bedrohlich ist die Situation in Debalzewe. Erstmals räumte der ukrainische Verteidigungsminister Stepan Poltorak am Samstag ein, dass die an der Eisenbahnverbindung zwischen den Separatistenhochburgen Donezk und Lugansk liegende Stadt zum Teil unter Kontrolle der Rebellen stehe. Allerdings nahm sein Ministerium die Darstellung später wieder zurück.
Die ukrainische Armee berichtete zudem von heftigen Kämpfen um die Ortschaft Wuglegirsk. Sollten die Separatisten den Ort einnehmen, wären die rund 8000 Soldaten in Debalzewe von den Rebellen komplett eingekesselt. Die Bewohner der beiden umkämpften Orte befinden sich nach Angaben von Polizeichef Wjatscheslaw Abroskin in einer verzweifelten Lage. Es gebe kein Wasser, keinen Strom, keine Heizung und auch keine Telefonverbindungen mehr, freiwillige Helfer brächten in aller Eile Familien in Sicherheit, berichtete er.
Angesichts der zunehmenden Gewalt werden die Rufe nach einem Ende des Konflikts immer drängender. US-Aussenminister John Kerry wird nach Angaben seines Ministeriums am kommenden Donnerstag zu einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko, Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk und Aussenminister Pawlo Klimkin nach Kiew reisen. Abschliessend wird Kerry demnach am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz seinen russischen Kollegen Sergej Lawrow sprechen.
Die USA und die EU werfen Russland vor, die Separatisten in der Ostukraine massiv zu unterstützen. Moskau weist dies von sich und stellt sich selbst als Vermittler in dem Konflikt dar. Die USA wie auch die EU verhängten Sanktionen gegen Russland und massgebende Vertreter der ostukrainischen Separatisten. (dhr/sda/afp/dpa)