Der deutsche Generalbundesanwalt befasst sich mit dem Fall eines in der Ukraine gefangen genommenen prorussischen Kämpfers mit Wurzeln in Deutschland: Alexander F. war 2015 aus Frankfurt zum Kämpfen in den Donbass ausgereist, 2022 tauchten Fotos von ihm bei der russischen Eroberung von Mariupol auf – und das könnte für ihn jetzt zum Problem werden, wie tagesschau.de berichtet.
Alexander F. war nach Beginn von Russlands Invasion in die gesamte Ukraine der erste Deutsche, der in ukrainische Gefangenschaft geriet. Nun soll er der erste sein, gegen den in dem Krieg seit 2022 die deutsche Justiz ermittelt.
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Der Bericht von tagesschau.de stützt sich in Teilen auf Recherchen von t-online und ZDF Frontal aus dem März: Alexander D. hatte in ukrainischer Kriegsgefangenschaft ein Interview gegeben, dazu lieferten Recherchen in seinem Umfeld und in sozialen Netzwerken Belege: Alexander F. hat über Jahre in der Ukraine gekämpft, wurde mehrfach verletzt, kehrte zurück in den Kampf. Dabei entstanden auch Bilder mit F. aus dem schwer umkämpften Mariupol, das Russland schliesslich erobert hatte.
Unter anderem deshalb hat die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main ein Ermittlungsverfahren gegen Alexander F. eingeleitet, das nach Informationen von tagesschau.de dem Generalbundesanwalt in Karlsruhe vorgelegt und von dort übernommen wurde. Die Karlsruher Behörde will sich dem Bericht zufolge nicht äussern.
Bei dem Vorwurf geht es demnach um den Verdacht der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Damit sollen terroristische Vorbereitungshandlungen strafrechtlich verfolgt werden können, darunter die Ausbildung an Waffen und Sprengstoffen in terroristischen Ausbildungslagern. Der Paragraph war vor allem mit Blick auf IS-Kämpfer verschärft worden.
Der Jurist Christian Richter, der Völker- und Verfassungsrecht an der Führungsakademie der Bundeswehr lehrt, hatte t-online gesagt, dass sich die juristische Lage für Kämpfer 2022 mit der Beteiligung im russischen Angriffskrieg geändert habe. Mit der «militärischen Spezialoperation», wie Russland den Krieg nennt, wurden die örtlichen Einheiten faktisch unter den Befehl des russischen Militärs gestellt.
«Zuvor waren diese Personen tatsächlich Aufständische, man könnte auch sagen: Terroristen, die gegen die Sicherheit und den Bestand des Staates Ukraine in illegaler Weise gekämpft haben», sagte Richter. Wer sich ihnen anschloss oder für sie trainierte, machte sich der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat schuldig. Unter russischem Kommando sind diese Kämpfer reguläre Soldaten.
Die Frage ist nun offenbar, was Alexander F. zu welchem Zeitpunkt nachgewiesen werden kann. 2019 wurde der Deutsche Sergej K., Neffe des russischen Medienzars Dmitri Kisseljow, wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Sergej K. hatte sich den Separatisten im Donbass angeschlossen – zum Stolz seines Onkels.
Nachdem sich weitere Erkenntnisse erhärteten, wurde K. im Jahr 2020 auch wegen versuchten Totschlags zu vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ihm konnte nachgewiesen werden, dass er bei einem Gefecht im September 2014 mit dem Sturmgewehr auf vorrückende Ukrainer und mit einer Panzerabwehrwaffe auf Panzer gefeuert hatte. Er selbst hatte davon in einem Interview erzählt.
Alexander F. hatte im Interview mit t-online behauptet, wegen Epilepsie und einer eingeschränkten Hand vor allem bei Strassenkontrollen eingesetzt worden zu sein oder in Gruppen, die Verletzte evakuieren – nicht zum Angriff. In einem Video, das die russische Propagandistin Alina Lipp verbreitet hatte, feuerte er allerdings aus einem Sturmgewehr. Im Oktober 2022 geriet er in ukrainische Gefangenschaft, im Januar 2023 kam er durch einen Gefangenenaustausch frei.
Dass es zu einem Prozess gegen ihn kommen wird, ist in jedem Fall unwahrscheinlich: Der Mann mit Wurzeln in Dnipro, der als 17-Jähriger mit seiner Mutter nach Deutschland gekommen war, will nicht zurück nach Frankfurt. «Ich habe auch Angst, dort verurteilt und eingesperrt zu werden», hatte er t-online gesagt. Und er habe andere Pläne. Er hoffe auf eine Rente im Donbass: «Ich will nicht mehr kämpfen.»