Das Kriegsgeschehen in der Ukraine konzentriert sich aktuell auf zwei Hauptschauplätze: das Gebiet um die beiden 100'000-Einwohner-Städte Severodonezk und Lyssytschansk in der Oblast Luhansk, sowie die Region entlang des Dnepr zwischen Mykolajiw, Cherson und Saporischschja.
Rund um und in Severodonezk können russische Truppen Gebietseroberungen verzeichnen. Diese umfassen allerdings wenige Quadratkilometer, sind aber von strategischer Wichtigkeit.
Noch immer ist es den Invasoren nicht gelungen, Severodonezk komplett einzunehmen. Umkämpft bleibt das Industriegebiet mit dem Chemiewerk Azot. Der verbissene Widerstand kommt nicht von ungefähr: Präsident Selenskyj erklärte kürzlich, das Schicksal der gesamten Donbass-Region hänge vom Ausgang dieser Schlacht ab. Aktuell spricht das Momentum für eine komplette Einnahme durch Russland.
Die russischen Truppen setzen weiterhin auf schwere Artillerieangriffe – eine Taktik, die sie laut Experten monatelang aufrechterhalten können. Ziel ist, damit die ukrainischen Verteidigungslinien aufzuweichen – und die komplette Vernichtung der ukrainischen Infrastruktur. Land und Einwohner sollen grösstmöglichen Schaden erfahren. Die Invasoren wollen so die Moral und den Widerstandswillen brechen. Aussenminister Kuleba spricht in diesem Zusammenhang von Genozid: «Er (Putin) will die ukrainische Nation auslöschen und ihre Bewohner vernichten, indem er uns umbringt und unsere Identität zerstört.»
Die Artillerie-Taktik ist nicht neu. Russland setzt traditionell auf die schweren Geschütze. Während der zwei Tschetschenienkriege wurde auf diese Weise die Grossstadt Grosny dem Erdboden gleichgemacht.
Ob die Artillerie-Taktik für grössere Raumgewinne taugt, wird allerdings angezweifelt. Die dazu benötigte russische Infanterie ist nicht erst seit den beachtlichen Verlusten unterbesetzt. Ausserdem erhält sie laut dem britischen Verteidigungsministerium zu wenig Luftunterstützung.
Latest Defence Intelligence update on the situation in Ukraine - 20 June 2022
— Ministry of Defence 🇬🇧 (@DefenceHQ) June 20, 2022
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Von russischer Seite erwartet das Institut for the Study of War bereits in den kommenden Wochen russische Kriegstribunale im Stil der Nürnberger Prozesse. Russland will damit das Narrativ der Entnazifizierung weiter stärken. Einer der Austragungsorte soll Mariupol sein.
Umgekehrte Vorzeichen herrschen im Süden entlang des Dnepr. Hier ist Russland in der Defensive und die Ukraine rückt vor. Vor allem nördlich der Stadt Cherson machen ukrainische Einheiten Boden gut. Experten erwarten, dass sie spätestens Ende Juni vor Cherson stehen.
Wie die Ukraine die Stadt wieder in ihre Gewalt bringen will, ist indes unklar. Dass die Ukraine die russische Artillerie-Strategie auf die eigene Infrastruktur und die eigene Bevölkerung anwendet, wird bezweifelt. Cherson war als erste Grossstadt in die Hände der Russen gefallen. Eine Rückeroberung wäre für Kiew ein grosser Prestigesieg.
Unterstützung erhalten die ukrainischen Truppen von der Zivilbevölkerung. Laut dem ukrainischen Widerstandszentrum verunmöglicht der zivile Ungehorsam russische Bemühungen, die Besatzer als gefeierte Befreier darzustellen. Derweil eröffnen russische Behörden in den besetzten Gebieten Passbüros. Bauern und deren Mitarbeiter sollen gezwungen worden sein, die russische Staatsbürgerschaft anzunehmen.
Könnte ich mir aber schon vorstellen. Wenn die Stadt sowieso schon in Schutt und Asche liegt und kaum mehr Bewohnt ist könnte man die Russen wahrscheinlich auch mit andaurendem Artilleriefeuer aus der Stadt treiben. Die Panzerhaubitzen 2000 sind ja jetzt auch angekommen. Und wie wir inzwischen wissen ziehen die Russen schneller ihr kleines Schnäbi ein als die unbändigen Ukrainer.