Moskau und die Söldnertruppe Wagner frohlocken: Die letzten ukrainischen Soldaten haben die kleine Stadt Bachmut im Donbass verlassen. Sie seien geflüchtet, liessen russische Kanäle in den sozialen Medien verlauten.
Unabhängig von der Frage, ob es Flucht oder ein geordneter Rückzug war, ist das Stadtgebiet nun ganz unter Kontrolle der Wagner-Gruppe. Deren Chef, Jewgeni Prigoschin, kündigte vor dem zerstörten Bahnhof an, dass die Wagner-Truppe in den kommenden Tagen durch reguläre Truppen des russischen Innenministeriums ersetzt würden.
Die Eroberung der letzten ukrainischen Bastionen im Westen der Stadt wurde möglich durch den Einsatz schwerer Artillerie und Angriffen der russischen Luftwaffe. Seit einigen Wochen benützen russische Piloten Gleitbomben, die in erheblichem Abstand von der Front abgeworfen und dann unter anderem mittels Satellitennavigation ins Ziel gesteuert werden.
Es handelt sich dabei um konventionelle Fliegerbomben, von denen Russland grosse Vorräte besitzt. Sie werden um eine Vorrichtung mit ausschwenkbaren Flügeln und einem Steuerungssystem ergänzt - eine preisgünstige Verbesserung veralteter Technik ähnlich wie die JDAM-Gleitbomben, die Kiew von den Amerikanern erhalten hat.
Mit diesen schweren Brummern konnten die Russen auch die grössten Hochhäuser in Bachmut zerstören; etwas, was mit Artillerie kaum zu bewerkstelligen gewesen wäre. Dadurch haben die Ukrainer ihre bisher sichersten Basen verloren. Die Stadt ist nun praktisch vollständig zerstört.
Mit ihren Raketenangriffen auf Kiew und andere Städte weitab von der Front hat die russische Militärführung die Ukrainer gezwungen, ihre neu gelieferten Patriot-Flugabwehrbatterien im Hinterland statt in Frontnähe zu stationieren. Dadurch konnten die russischen Kampfjets ihre Gleitbomben in Frontnähe abwerfen, ohne dass die bei Bachmut stationierte Kurzstrecken-Flugabwehr hätte eingreifen können.
Gäbe es Patriot-Lenkwaffen im Frontgebiet, würden solche Flugzeuge schnell abgeschossen, denn sie müssen ihre Gleitbomben in grosser Höhe auslösen und sind deshalb auf Radarschirmen leicht zu erkennen.
Mit Sicherheit war Bachmut die bisher blutigste Schlacht des Kriegs. Selbst sehr vorsichtig geschätzt, dürften die Verluste - Tote, Verwundete und Vermisste - auf beiden Seiten insgesamt mehrere Zehntausend betragen haben. Einen extrem hohen Blutzoll hatte dabei die Wagner-Gruppe zu entrichten. Während sich die regulären russischen Truppen bei Bachmut auf die Flanken konzentrierten, mussten Prigoschins Söldner die Ukrainer frontal angreifen und dabei um jedes Haus kämpfen.
Aber auch auf der ukrainischen Seite waren die Verluste gewaltig. Ein Soldat, der nun bei einer Flugabwehreinheit ein paar Kilometer von Bachmut entfernt stationiert ist, erzählt von seiner Zeit in den Gräben. «Ich war zwei Monate lang dort, am Anfang bestand meine Einheit aus 25 Soldaten. Heute leben davon nur noch vier Männer - mich eingeschlossen.»
Einer seiner Kameraden zeigt auf seinem Smartphone, wo er gekämpft hat. «Wir hatten nicht einmal genug Schaufeln, um uns Schützenlöcher zu graben. Das Einzige, was uns die Armee gegeben hat, waren Uniformen, Gewehre und einen 50-jährigen Transportpanzer, der mehr einem Blechsarg als einem Panzer gleicht.» Alles andere, also geländegängige Fahrzeuge, Schalldämpfer oder Ferngläser, hätten sich die Soldaten selber besorgen müssen.
Russland wollte die Stadt als Sprungbrett für weitere Eroberungen nutzen, doch ob die abgenützten Truppen bei Bachmut dazu in der Lage sind, wirkt fraglich. Von Bachmut führt eine Autostrasse in die Industriestadt Slowjansk, doch ausgerechnet entlang dieser Strecke mussten die Russen kürzlich Rückschläge einstecken.
Seit längerem greifen die Ukrainer die russischen Flanken bei Bachmut an und versuchen so, grosse Truppenverbände des Kremls zu binden. Inzwischen gehen die Vorbereitungen für Gegenoffensiven an anderen Frontabschnitten weiter. Die Russen erwarten diese eher im Süden Richtung Asowsches Meer und im Osten bei Swatowe.
Den Ukrainern hat die Schlacht um Bachmut geholfen, Zeit für die Ausbildung neuer Brigaden mit westlichen Kampf- und Schützenpanzern zu gewinnen. Ob Kiews Rechnung am Ende aufgeht, werden die nächsten Monate zeigen. (aargauerzeitung.ch)
Irgendwie habe ich das Gefühl, es wird schneller klar wer die Oberhand gewinnt. Der Frühling ist bald vorbei und die verkündete Offensive ist noch nicht erkennbar. Entweder die Ukrainer konnten sich wirklich aufrüsten und sammeln, dann stehen die Chancen nicht schlecht das sie die Russischen Fronten überrennen können.
Kommt die Offensive nicht, wird die aktuelle Pattsituation wohl leider noch länger anhalten.
Schöner Sieg.... NICHT!
Die Russen können jetzt aber ein Sieg melden. Das es ein schmutziger, schaler Sieg ist, viel zu teuer erkauft, wird niemanden interessieren.
Würde ich die Strategie führen, würde ich ein Gegenschlag ein paar Kilometer weiter weg die Front durchbrechen, dann die Russkies koordiniert auf beide Seiten in Bachmut in die Zange nehmen.
Wäre eine Möglichkeit wer weiss?