Donald Trump schläft schon wieder – die Republikaner stehen vor unangenehmen Fragen
Der amerikanische Präsident hat einen neuen Weg gefunden, lästigen Fragen über sein fortgeschrittenes Alter auszuweichen. Zwei grosse Pflaster deckten am Dienstag, als Donald Trump sein Kabinett im Weissen Haus zu einer extra-langen Sitzung versammelte, die auffallenden Hautverfärbungen auf seiner rechten Hand ab.
Als der 79-Jährige sich am Hals kratzte, waren die Wundschnellverbände kurze Zeit deutlich sichtbar – obwohl Trump sich doch in den vergangenen Wochen, zum Teil mit Hilfe von Makeup, darum bemüht hatte, die Blutergüsse vor den neugierigen Medienschaffenden zu verstecken.
Ebenfalls nicht verheimlichen konnte der Präsident am Dienstag, dass er müde war. Während der Marathon-Sitzung – in der die Kabinettsmitglieder ihren Chef mit nordkoreanischer Verbissenheit lobpriesen – verlor Trump mehrmals den Kampf gegen seine schweren Augenlider. So schien der Präsident einzunicken, als die Fernsehkameras auf den 25 Jahre jüngeren Aussenminister Marco Rubio gerichtet waren, der direkt neben ihm sass.
Natürlich gibt es auch andere Erklärungsversuche für diesen Moment. Vielleicht musste sich Trump am Ende einer langen Sitzung sammeln. Oder er war schier überwältigt über die Lobpreisungen seiner Minister, denen er «aufmerksam» zugehört hatte, wie es ein serviler Sprecher des Präsidenten formulierte.
Das ist aber die weniger wahrscheinlichere Variante. Denn erstens weiss der 1946 geborene Präsident genau, wie das Medium Fernsehen funktioniert – wer im Scheinwerferlicht steht, der muss sich inszenieren.
Und zweitens passt mangelndes Durchhaltevermögen nicht zum Image des ewigen Stehaufmännchens, das seit Jahrzehnten sämtliche Rückschläge wegsteckt und immer weitermacht. So wurde Trump berühmt. Und so kämpfte er sich zweimal ins Weisse Haus, trotz der zahlreichen Hindernisse (Ein Mordanschlag! Zwei Scheidungen! Sechs Konkurserklärungen! Viele unflätige Aussagen!).
Trump reist in seiner 2. Amtszeit weniger
Trump selbst sagt, er sei heute «aufgeweckter» oder «schlauer» als noch vor 25 Jahren. Das ist Wunschdenken. Zwar gibt es keine öffentlichen Belege dafür, dass der Präsident gesundheitlich angeschlagen ist oder gar an einer chronischen Krankheit leidet. Aber selbst ein Donald Trump kann den natürlichen Alterungsprozess nicht stoppen – wie Bilder zeigen, in denen er kein Makeup trägt.
Und weil er sich weigert, wie ein vernünftiger Mensch über seine Gesundheit zu sprechen, feuert er die entsprechenden Spekulationen mit einer gewissen Regelmässigkeit an. So behauptete Trump einige Wochen lang, er wisse nicht, warum ihn sein Vertrauensarzt kürzlich in ein MRT-Gerät gesteckt habe. (Es war angeblich eine Routineuntersuchung, gab der Doktor mit einiger Verspätung bekannt.)
Aber selbst wenn Trump gesund ist – in Washington ist es ein offenes Geheimnis, dass der Präsident in seiner zweiten Amtszeit weniger dynamisch unterwegs ist als noch vor acht Jahren, zu Beginn seiner ersten Amtszeit.
Die «New York Times» belegte diese Behauptung kürzlich mit Zahlen: 2017 nahm Trump in den ersten zehn Monaten seiner Amtszeit an fast 1700 offiziellen Anlässen teil. Dieses Jahr ist die Zahl dieser Events um 39 Prozent gefallen. Auch reiste Trump seit der Amtseinführung am 20. Januar 2025 viel weniger durchs Land und verzichtete auch fast vollständig auf Wahlkampfauftritten vor Anhängerinnen und Anhängern. Dafür unternahm er mehr Auslandsreisen, die zeitaufwändiger sind.
Online ist Trump immer noch aktiv
Diese Anpassungen an sein Tagesprogramm kompensiert der Präsident mit stationärem Aktivismus. So spricht er während seinen Auftritten im Weissen Haus deutlich länger als er das früher tat; die Sitzungen seines Kabinetts, an denen notabene keine Entscheidungen gefällt werden, dauern mittlerweile bis zu 3 Stunden. Auch ist Trump auf seinem Internetdienst Truth Social aktiver. In der Nacht auf Dienstag veröffentlichte der amerikanische Präsident gegen 160 Stellungnahmen in weniger als fünf Stunden.
Mit diesem Aktionismus hält Trump das Publikum bei Laune, oder befriedigt zumindest die Bedürfnisse seiner Fans. Das eigentliche Problem, mit dem sich der Präsident konfrontiert sieht, kann er damit aber nicht lösen. Die amerikanische Bevölkerung ist unzufrieden über die Wirtschaftslage und hat das Gefühl, der Präsident schenke diesem Thema zu wenig Beachtung.
Das sind schlechte Vorzeichen für die Republikanische Partei, die im nächsten Jahr die nationalen Parlamentswahlen gewinnen will. Zuletzt gewann am Dienstag ein Parteifreund Trumps eine Nachwahl für das Repräsentantenhaus nur mit einem Vorsprung von 9 Prozentpunkten – obwohl Trump im konservativen Bezirk im Bundesstaat Tennessee seine Gegnerin Kamala Harris vor einem Jahr um 22 Punkte distanziert hatte.
Im kommenden Wahlkampf ist seine Partei also auf Trump angewiesen. Umso wichtiger ist deshalb die Antwort auf die Frage: Hat der Präsident noch ausreichend Energie? (aargauerzeitung.ch)
