Jan Cadieux: «Ich bin nicht der beste Trainer der Welt und werde nicht alles umstellen»
Die Katze ist aus dem Sack. Wie von watson-Eismeister Klaus Zaugg bereits angekündigt, legt Patrick Fischer sein Amt als Trainer der Hockey-Nati nach dieser Saison nieder. Jan Cadieux übernimmt. Gemäss Verbandssportchef Lars Weibel wird es zu keinem Stilbruch kommen. Der Meistertrainer von Servette amtet bereits seit letztem Februar als Assistent seines Vorgängers und war deshalb die logische Wahl. Im Rahmen der Pressekonferenz am Mittwoch sprach Cadieux über seine neue Rolle, die grossen Fussstapfen und seine Spielidee.
Was bedeutet es Ihnen, das Amt als Nationaltrainer übernehmen zu dürfen?
Jan Cadieux: Ich bin sehr stolz. Das ist etwas sehr Spezielles. Gestern Abend hatte ich noch ein Telefongespräch mit meinen U20-Assistenten, um sie zu informieren. Dann hat mich Marcel Jenni gefragt: Realisierst du, wie speziell das ist? Ich glaube, ich realisierte es noch nicht richtig. Erst als ich heute Morgen Patrick Fischer getroffen habe, begann ich die Tragweite zu realisieren. Ich bin sehr stolz und motiviert für dieses neue Kapitel in meinem Leben. Ich habe gesagt, dass ich nie einen Karriereplan gehabt habe. Ich lebe wirklich in der Gegenwart und ich probiere zu kontrollieren, was ich kann.
Haben Sie nie gezögert, als das Angebot kam?
Nein, ich habe gesehen, dass der Verband hat Vertrauen in mich hat. Und dass ich die Unterstützung von Lars Weibel und Patrick Fischer habe. Ich glaube, es ist der richtige Moment für diese nächste Challenge in meiner Karriere. Für mich war schon früh klar, dass dieser Job eines meiner Ziele war und ich habe alles dafür gemacht, dieses zu erreichen.
Die Herausforderung ist riesig. Sie treten in die Fussstapfen des erfolgreichsten Schweizer Nationaltrainers.
Das ist super. Ich glaube, «Fischi» hat die Basis für eine tolle Zukunft gebaut. Und meine Aufgabe ist es nicht, dass ich besser sein muss als er. Es geht nicht darum, alles zu revolutionieren. Mein Ziel ist es nur, das Schweizer Eishockey weiterzuentwickeln und dass ich der Nati alles gebe, was ich geben kann. Es war für mich auch ein wichtiger Punkt, dass ich mit allen U-Nationalteams arbeiten kann. Es ist wichtig für unsere Zukunft, dass weitere Spieler nach oben stossen.
Inwiefern ähneln Sie Patrick Fischer und wo sind Sie anders?
Wir beide glauben sehr fest an die Energie einer Gruppe. Es ist uns sehr wichtig, dass sich unsere Spieler wohlfühlen. Wir haben gesehen, wie «Fischi» erreicht hat, dass die Spieler immer gerne in die Nati kommen. Da bin ich ihm sehr ähnlich. Ich schätze die menschliche Beziehung zu den Spielern, denn der Mensch hinter dem Spieler ist viel wichtiger als alles auf dem Eis. Vielleicht bin ich in gewissen Dingen etwas emotionaler als er. Gleichzeitig bin ich auch ein Mensch, der eine klare Organisation braucht.
Und auf dem Eis?
Dort will ich den gleichen Mut sehen wie bisher. Ich will, dass die Spieler ihre Qualitäten ausspielen können. Wir haben gesehen, dass das sehr erfolgreich war und es soll auch in Zukunft so sein.
Warum sind Sie der richtige Trainer, um Patrick Fischer nach zehn Jahren abzulösen?
Ich bin ein harter Arbeiter und erwarte das auch von meinen Spielern. Wenn ich etwas mache, dann mache ich es immer hundertprozentig. Ich habe in den letzten Jahren durch die verschiedenen Erfahrungen auch viel gelernt – über mich und über das Eishockey. Ich habe Titel gewonnen, ich wurde entlassen. Das hat mich zu einem besseren Trainer gemacht. Aus der Entlassung habe ich vermutlich mehr gelernt als durch die gewonnenen Titel. Ich bringe meine Erfahrung mit, meine Leidenschaft, meinen Siegeswillen und meine Kommunikation. Ich glaube, das sind alle Werte, die der Verband schätzt und die im Verband auch schon so gelebt werden.
Warum schaffen genau Sie das, was Patrick Fischer bislang verwehrt blieb: den Gewinn einer Goldmedaille?
Ich möchte es dieses Jahr schon als Assistenztrainer von Patrick Fischer schaffen. Das hoffe ich wirklich, weil er das verdient. Und wenn ich es später schaffen sollte, dann ist es auch dank ihm. Wenn du Erfolg hast, musst du immer zurückblicken, was die Leute vor dir geleistet haben. Ich bin nicht der beste Trainer der Welt und werde nicht alles umstellen. Ich weiss, was die Basis dieser Mannschaft ist, und werde versuchen, sie mit meiner Energie und meinem Wissen weiterzubringen. Aber noch einmal: Wir werden alles machen, dass Patrick Fischer diese Goldmedaille gewinnt. Es würde für mich nichts Grösseres geben, als dieses Gold als Assistent von «Fischi» zu holen.
Wurde Ihre Leidenschaft fürs Eishockey durch Ihren Vater geprägt?
Ich glaube, es ist in meinem Blut. Die Liebe fürs Eishockey kommt von meinem Vater. Ich durfte dank dieses Sports schon so viel erleben und jetzt geht es darum, dass ich das den Spielern mitteile. Wenn man jeden Tag Einzelgespräche mit den Spielern führt und die Spieler den Mut haben, sich dem Trainer zu öffnen und ihm auch erzählen, was in ihrem Leben passiert, ist das das Schönste in unserem Business. Wenn die Spieler meine Leidenschaft spüren, dann haben sie auch einen grösseren Willen, in die Nati zu kommen.
Wie liefen die letzten Monate und Wochen für Sie ab?
Alles hat schon ein paar Tage nach meiner Entlassung in Genf (am 28. Dezember 2024, Anm. d. Red.) angefangen. «Fischi» war der erste Trainer, der mich angerufen und gefragt hat, wie es mir geht. Und er hat mir sofort gesagt: Wenn dein Kopf am richtigen Ort ist, kannst du im Februar als Assistent mit uns nach Schweden kommen. Zuerst habe ich ihm gesagt, dass ich noch etwas Zeit brauche. Doch nach wenigen Tagen hat mich der Wille wieder gepackt. Gleichzeitig hat Lars Weibel mit mir Kontakt aufgenommen für den Job als U20-Nationaltrainer. Danach kam die Möglichkeit, als Assistent bei der WM in Herning dabei zu sein. Irgendwann war klar, dass die Möglichkeit besteht, dass «Fischi» nach dieser Saison aufhört und ich einer der Kandidaten als Nachfolger bin. In den letzten Tagen wurde das dann konkret.
Wie schaffen sie es in den nächsten Wochen und Monaten, den Fokus auf die bevorstehenden Turniere zu halten?
Das ist das einfachste, denn ich lebe Tag für Tag. Die U20-WM ist in wenigen Wochen und das ist für mich eine neue Erfahrung. Ich will jeden Moment geniessen. Dass ich noch einmal Olympische Spiele erleben kann, dafür bin ich extrem dankbar. Darum habe ich «Fischi» am Telefon auch gesagt, dass er auf mich zählen kann und ich 100 Prozent geben werde, um der beste Assistent zu sein.
Ist schon klar, wer ihre Assistenten sein werden, wenn sie den Chefposten übernehmen?
Nein, das ist noch nicht klar. Wir haben in den letzten Tagen zuerst meine Personalie geregelt. Jetzt stehen die Swiss Games in Zürich an, dann die U20-WM, dann Olympia und die Heim-WM. Wenn ich mich jetzt schon damit beschäftigen würde, hätte ich den Switch zum Chef schon gemacht. Das wäre zu schnell, deshalb denke ich noch gar nicht daran.
