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Schweizer Professor wird für Aussage an US-Universität scharf kritisiert

Schweizer Professor wird für Aussage an US-Universität scharf kritisiert

Ein Schweizer Professor fällt mit einer abschätzigen Bemerkung gegenüber einem Studenten auf. watson hat Einblick in seine Vorlesungsnotizen, in denen er seine Version der Dinge darstellt.
17.02.2022, 18:0317.02.2022, 21:04
Corsin Manser
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Der Vorfall

Franz Werro.
Franz Werro.bild: unifr

Der Schweizer Rechtsprofessor Franz Werro steht nach einer Aussage in einer Vorlesung in der Kritik. Werro lehrt sowohl an der «Georgtown University» als auch an der Universität Freiburg. Der Rechtsprofessor beriet auch schon die Rechtskomission des Ständerates als Experte zur Konzernverantwortungsinitiative.

Am 10. Februar gab der Rechtsprofessor in den USA eine Vorlesung. Dort sprach er einen Studenten mit einem heiklen Ausdruck an, für den er jetzt stark kritisiert wird.

Zu sehen ist die Szene in einem Video, das mittlerweile über 100'000 Views auf Twitter verzeichnet. «Gibt es noch andere Überraschungen oder...? Was ist mit Ihnen, ‹Mr. Chinaman›?», fragt Werro auf Englisch in die Runde und zeigt auf einen Studenten, der vor ihm sitzt. «Sorry, dass ich Ihren Namen nicht weiss», so Werro weiter. «Vielleicht können Sie mir Ihren Namen nochmals nennen.»

Der Begriff «Mr. Chinaman» hat eine lange Geschichte in den USA. Mit «Mr. Chinaman» wurden vor allem im 19. Jahrhundert chinesisch-stämmige Menschen gelabelt, welche damals als Gastarbeiter in die USA kamen. Mit der Migration nahm auch der Fremdenhass zu. US-Amerikaner sprachen die Gastarbeiter in der Folge häufig mit «Mr. Chinaman» statt mit ihrem Namen an. Bis heute ist Rassismus gegenüber asiatisch aussehenden Menschen in den USA ein grosses Problem.

Die Reaktionen

Am Tag nach dem Vorfall berichtete das Branchenportal Above The Law über den Vorfall. Die «Vereinigung Asiatisch-Pazifischer Rechtsstudenten» der «Georgetown University» (APALSA) schrieb dem Dekan, Bill Treanor, einen Brief, in dem sie konkrete Massnahmen verlangte. Die Vereinigung forderte unter anderem eine Entschuldigung des Rechtsprofessors.

Ein Alumnus verkündete auf Twitter, dass er die Universität nicht mehr mit Spenden unterstützen werde, bis der Fall «adäquat gelöst» werde. Es gehe nicht nur darum, ob Professor Werro gewusst habe, dass er einen «abwertenden Begriff» benutze, so der ehemalige Student der «Georgetown University». «Hier geht es darum, dass er einen asiatischen Studenten, dessen Namen er nicht kennt, für einen Chinesen hält und nicht für den Herrn in der dritten Reihe oder den mit dem blauen Hemd.»

Kritik kam auch Min Jin Lee. Sei sei «angeekelt», twitterte die bekannte Buchautorin und Journalistin.

Auch der «Nationale Pazifisch-Asiatische Anwaltsverein» schaltete sich in die Diskussion ein. Dass Herr Werro den Begriff «Chinaman» verwendet habe, sei «inakzeptabel» und «erniedrigend».

Mt dem Vorfall haben sich mittlerweile auch diverse US-Medien beschäftigt. NBC News etwa oder The Daily Beast.

Die Entschuldigung

Ein Tag nach der Äusserung entschuldigte sich Werro bei seinen Studenten mit einem Schreiben. Der Schweizer Professor schreibt darin:

«Ich entschuldige mich dafür, dass ich gestern in der Klasse einen beleidigenden Ausdruck verwendet habe. Die Äusserung machte ich kurz nach der Pause, in der ich mit Begeisterung die grosse Vielfalt der von den Mitgliedern der Klasse gesprochenen Sprachen festgestellt hatte. Da ich selbst kein englischer Muttersprachler bin, war mir nicht klar, dass es sich um einen abwertenden Begriff handelt, wie ich jetzt weiss. Es tut mir sehr leid, dass ich ihn benutzt habe. Ich verpflichte mich, mich weiterzubilden, weil ich möchte, dass sich alle Schüler in meinem Klassenzimmer willkommen fühlen.»

Auch der Dekan, William Tranor, veröffentlichte ein Statement. «Gestern Abend wurde ich auf einen Vorfall aufmerksam gemacht, bei dem ein Professor im Klassenzimmer einen abwertenden Begriff verwendet hat, der erniedrigend und verletzend ist», heisst es in der Erklärung.

Das sagen die Universität Freiburg und Werro

Die Universität Freiburg sagt gegenüber watson, dass man am Mittwoch von der Angelegenheit erfahren habe. Man habe aber noch nicht die Möglichkeit gehabt, den Sachverhalt aufzuklären. «Die Universität Freiburg weist jedoch darauf hin, dass sie jede rassistische und diskriminierende Äusserung zurückweist.» Herr Werro sei seit fast 30 Jahren an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät tätig, wobei es nie Anlass zu einer Beschwerde gegeben habe. Er geniesse bei seinen Studierenden «einen ausgezeichneten Ruf».

Professor Werro drückte gegenüber seinen Studenten tiefstes Bedauern über seine Äusserung aus. Dies zeigen Vorlesungsnotizen, die er watson hat zukommen lassen. Er entschuldigte sich bei ihnen mehrfach und drückte seinen Willen aus, mehr über die Geschichte der Anti-Asiatischen-Diskrimination lernen zu wollen.

Werro gibt an, er habe mit dem betroffenen Studenten in der Pause gesprochen und erfahren, dass er aus China komme. Er habe ihn darauf respektvoll ansprechen wollen und nicht realisiert, was der Begriff «Mr. Chinaman» für eine Bedeutung habe. Er habe gedacht, er könne den Begriff wie «Frenchman» oder «Englishman» verwenden.

Wie es weiter geht

Die Studierendenvereinigung APALSA ist mit den Entschuldigungen nicht zufrieden. Sie bemängelt unter anderem, dass der Dekan den Namen des Professors nicht erwähnt habe.

Kritik gibt es auch an Werro. Zwar habe sich der Professor inzwischen gegenüber seiner Klasse noch ausführlicher entschuldigt. Aber anti-asiatischer Rassismus sei ein aktuelles und globales Problem. Auch wenn Werro nichts von der Bedeutung des Begriffes gewusst habe, sei es unangemessen, dass er einen Studenten bei der «empfundenen Rasse» angesprochen habe.

APALSA sagt, die Verwendung des Schimpfwortes könne asiatischen Studierenden das Gefühl geben, sie hätten im Unterricht nicht die gleichen Chancen. In einem öffentlichen Schreiben fordert die Studierendenvereinigung unter anderem einen verpflichtenden Kurs über Voreingenommenheit für alle Mitarbeitenden der Universität. Der «Öffentliche Brief» wurde am Mittwoch dem Dekan überreicht und wurde von Hunderten Studierenden unterschrieben.

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134 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Snowy
17.02.2022 20:57registriert April 2016
Lasst ihn uns ferigmachen!
Ihn akademisch und sozial zerstören.

Dann ist die Welt eine bessere und das Gute hat gewonnen.

Mir gehen diese twitter-Dauer-Empörten langsam so richtig auf den Zeiger!

Ein Verweis/Verwarnung vom Dekan und eine aufrichtige Entschuldigung von Werro an den Studenten hätten genügt.
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Globemaster
17.02.2022 18:33registriert Juni 2020
Zum Glück ist Corona vorbei und wir können uns jetzt wieder den wirklich wichtigen Themen zuwenden!
Ironie beiseite: Schon etwas ungeschickt solch einen Begriff zu verwenden, obschon Englisch nicht seine Muttersprache ist. Aber was solls: Er hat sich entschuldigt und gut ist...
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Pontifax
17.02.2022 18:31registriert Mai 2021
Ist zwar sehr unglücklich formuliert. Aber man kann sich auch künstlich aufregen. Eine kurze Antwort hätte es auch getan.
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