Ein Gespenst geht um in den Denkzentralen der US-Demokraten. Es heisst Bernie Sanders, hat gerade eine Herzattacke überstanden, ist 78 Jahre alt und – nach zwei Vorwahlschlachten in Iowa und New Hampshire – auf bestem Weg, demokratischer Kandidat für das US-Präsidentschaftsrennen zu werden. Eine Revolution verspricht Sanders – und treibt mit seinen von sozialistischen Ideen durchzogenen Reden den demokratischen Strategen Angstschweiss auf die Stirn. Das Problem aus deren Sicht: Keiner der gemässigten Kandidaten – Joe Biden, Pete Buttigieg und Amy Klobuchar – scheint in der Lage, die Bernie-Bewegung zu stoppen.
Das hat jetzt einen anderen 78-Jährigen auf den Plan gerufen: Michael Bloomberg. Der ehemalige Bürgermeister von New York (2002 bis 2013) steht mit seinen 62 Milliarden Privatvermögen derzeit auf Rang zwölf der reichsten Menschen der Erde. Sein Hauptziel: eine zweite Trump-Amtszeit verhindern – am liebsten mit ihm selbst als Präsidenten.
Dass neben Donald Trump ein weiterer Multimilliardär ins Rennen um das Weisse Haus steigt, beunruhigt viele Demokraten. «Ausverkauf der Demokratie», skandieren die Bernie-Follower. Wir brauchen nicht noch einen Ü70er im Rennen, sagen die Buttigieg-Fans. Doch die Anhänger von Bloomberg, der 2000 in die republikanische Partei wechselte und nach ein paar Jahren als Unabhängiger erst 2018 wieder ins demokratische Lager zurückkam, sehen das anders. Der New Yorker Journalist Thomas Friedman etwa schreibt, Bloomberg sei der Einzige, der die Mittel und die Kraft dazu habe, sich der donnernden Trump-Maschinerie in den Weg zu stellen. Man könne sich keine Experimente erlauben – weder mit dem linken Sanders, noch mit dem jugendlichen Pete Buttigieg, noch mit dem angeschlagenen Joe Biden.
Dass Bloomberg mit Trumps aggressivem Stil problemlos mithalten kann, zeigte sich in den vergangenen Tagen. Als der US-Präsident dem 1,73 Meter grossen Medienmogul unterstellte, er wolle bei den anstehenden Fernsehdebatten auf eine Box stehen, um grösser zu wirken, sagte Bloomberg: «Der Präsident lügt über alles: seine falschen Haare, sein Übergewicht und seinen Spray-Teint.»
He lies. He bullies. He gets away with it.
— Mike Bloomberg (@MikeBloomberg) February 15, 2020
Our kids are watching Donald Trump.
Is this the lesson we want them to learn? pic.twitter.com/pZMOIQo4V0
Und «Mini Mike» – so Trumps Spitzname für Bloomberg – gleicht dem US-Präsidenten nicht nur hinsichtlich seines Sprachgebrauchs. Gemein ist den beiden auch ihr Politikverständnis. Genau wie Trump sieht Bloomberg die Politik als unbändiges Monstrum, das sich von innen her kaum bändigen lässt und daher von einer äusseren Kraft gezähmt werden muss.
Mehr als 300 Millionen Dollar hat Bloomberg zu diesem Zweck schon in TV-, Radio- und Online-Werbung investiert (zum Vergleich: 2016 steckte Trump 66 Millionen seines Privatvermögens in seine Polit-Kampagne). Er zahlt seinen Helfern fast doppelt so viel Lohn wie Bernie Sanders. Und er ist überzeugt, dass er dem US-Präsident bereits schlaflose Nächte beschert. «Donald macht sich Sorgen wegen mir. Er weiss, dass ich ihn schlagen kann», sagte Bloomberg in einem Fernsehinterview.
Seine politischen Prioritäten sind dieselben wie damals als New Yorker Bürgermeister: eine bessere Gesundheitspolitik (er hat das Rauchverbot in New Yorker Restaurants durchgesetzt), mehr Einsatz für den Umweltschutz (er liess die Hochhausdächer begrünen und neue Parks anlegen) und eine fairere Finanzpolitik (er erhöhte die Steuern für reiche Städter).
Doch geblieben sind auch seine Altlasten. Kürzlich tauchte ein Mitschnitt einer Rede auf, in der Bloomberg Afroamerikaner als grundsätzlich krimineller bezeichnet als Weisse. Zudem kursieren alte Geschichten über seinen Umgang mit Frauen. In den 70er-Jahren sagte der heute geschiedene zweifache Vater, er habe in jeder US-Stadt eine Freundin. Zu reden gibt auch die Devise, die er den Journalisten seines Medienimperiums Bloomberg News durchgegeben hat: Sie dürfen weder über ihn noch über seine Konkurrenten berichten.
Je nach Umfragen steht Bloomberg derzeit an dritter bis fünfter Stelle im demokratischen Kandidatenfeld, Tendenz steigend. Alleine mit sehr viel Cash und ausgefahrenen Krallen ins Weisse Haus kommen, das könnte klappen, glaubt Bloomberg. Es wäre nicht das erste Mal.
Ein "Guter Milliardär" kauft sich eine "Gute Demokraten-Regierung" zusammen.
Aber irgendwie will da bei mir doch keine richtige Begeisterung aufkommen...
Ist das wirklich der Weg, den ihr einschlagen wollt?
2016 hat er sich noch für Trump positioniert.