Ein gelungener militärischer Test einer revolutionären Waffe – und niemand kriegt es mit: Mitte März testeten die USA an der US-Westküste eine sogenannte Hyperschallrakete. Das berichtete am Dienstag der US-Sender CNN, der sich dabei auf Aussagen eines gut informierten Verteidigungsbeamten stützt.
Eine Hyperschallrakete ist über eine längere Zeit in Hyperschallgeschwindigkeit unterwegs. Das bedeutet, sie erreicht eine Geschwindigkeit von über «Mach 5» – also der fünffachen Schallgeschwindigkeit. Das alleine ist nichts Neues: Moderne Interkontinentalraketen, die kürzlich wieder von Nordkorea getestet wurden, können beispielsweise eine Geschwindigkeit von über Mach 20 erreichen.
Der Begriff der «Hyperschallrakete» wird von Raketenexperten deshalb oft als irreführend bezeichnet. Der Unterschied liegt allerdings darin, dass Interkontinentalraketen sich in weit höheren Bereichen bewegen, zumeist im Weltraum. Sie folgen einer berechenbaren Flugbahn, durch die sie aber bei ihrem Wiedereintritt in die Erdatmosphäre kaum manövrierbar sind. Gegen diese Art von Rakete kann rechtzeitig eine Abwehrrakete gestartet werden.
Im wesentlichen Unterschied dazu ist die Hyperschallrakete viel schwieriger abzuschiessen, denn die Flugbahn kann während des Fluges noch geändert werden. Diese Verbindung von Hyperschallgeschwindigkeit mit gleichzeitiger Manövrierbarkeit macht die Abwehr einer Hyperschallrakete um einiges schwieriger als bei allen bisher bekannten Raketen, da die Erfassung durch den Radar zumeist zu spät geschieht. Eine solche Rakete wird deshalb als bedrohlicher im Vergleich zu bisher benutzten Waffen eingestuft.
Ein Bericht der Münchner Sicherheitskonferenz konstatierte dazu vor drei Jahren: «Hyperschallraketen mit einer noch nie dagewesenen Kombination aus Geschwindigkeit und Manövrierfähigkeit könnten praktisch jede aktuelle Raketenabwehr umgehen und die Vorwarnzeit für ein anvisiertes Ziel stark verkürzen.»
An der Entwicklung von Hyperschallwaffen arbeiten die Nuklearmächte Russland, China und die USA. Besonders China und Russland gelten als führend im Wettlauf um die neuen Waffen. China hat bereits letztes Jahr den Test einer solchen Rakete bekannt gegeben. Und Ende März liess Russland aufhorchen, als es verkündete, die Ukraine mit der etwa acht Meter langen sogenannten Kinschal-Rakete angegriffen zu haben. Es war das erste Mal, dass ein Land eine Hyperschallwaffe in einem bewaffneten Konflikt einsetzte.
Allerdings: Die Wirkung dieses Einsatzes ist umstritten. Mehrere Experten beschwichtigten nach dem Einsatz der russischen Kinshal-Rakete, sie sei in erster Linie propagandistischer Natur. So berichtete CNN, die Rakete sei lediglich eine luftgestützte Version einer bereits bestehenden Kurzstreckenrakete. «Mit anderen Worten, es handelt sich um eine Variation einer etablierten Technologie und nicht um eine Revolution in der Hyperschallwaffentechnik», so CNN.
Die Kinschal-Rakete sei kein «Game-Changer», sagte auch ein Experte der Bundeswehr. Der Antrieb bei Kinschal sei offenbar keine «absolute Hochtechnologie.» Eine Rakete mit genau einer solchen konnten die USA nun aber erfolgreich testen.
Das «Hypersonic Air-breathing Weapon Concept» (HAWC) wurde von einem B-52-Bomber vor der Westküste gestartet, sagte der Beamte gegenüber CNN. Ein konventionelles Triebwerk brachte den Flugkörper zunächst auf hohe Geschwindigkeit, woraufhin das «luftatmende» «Scramjet»-Triebwerk zündete und den Flugkörper mit Hyperschallgeschwindigkeiten von über Mach 5 antrieb. «HAWC» ist demnach ein Waffenkonzept, das sich dank der Nutzung des Sauerstoffs in der Luft auf Hyperschallgeschwindigkeit beschleunigt.
Der US-Beamte nannte aber nur wenige Einzelheiten des Raketentests und erwähnte lediglich, dass die Rakete über 19 Kilometer hoch und fast 500 Kilometer weit geflogen sei. Das bedeutet, sie war weniger als 5 Minuten unterwegs.
Der Test ereignete sich kurz vor dem Besuch Bidens in Europa Mitte März. Die USA sind in der gegenwärtigen Lage sehr vorsichtig mit Aktionen oder Aussagen, welche die Spannungen zwischen Washington und Moskau noch verschärfen könnten. Auch bezüglich der Rüstungsgüter, die sie in die Ukraine schicken, sind die USA bislang diskret geblieben.
Lediglich im jüngsten 300-Millionen-Dollar-Paket für die Sicherheitshilfe hat das Verteidigungsministerium bestimmte Systeme und Waffen aufgeführt. Die USA haben sich auch gegen die Lieferung von Kampfflugzeugen ausgesprochen. Es wird befürchtet, dass der Kreml einen solchen Schritt als Eintritt der USA und der NATO in den Konflikt interpretieren könnte.
Am Dienstag verkündete das Weisse Haus in Washington, die USA, Grossbritannien und Australien wollen künftig bei der Entwicklung von Hyperschallraketen zusammenarbeiten. Die drei Länder wollen sowohl die Entwicklung von Hyperschallwaffen beschleunigen, als auch an der Abwehr von solchen arbeiten. Generell ginge es darum, die Zusammenarbeit im Bereich Verteidigungsinnovationen zu vertiefen. Wie ballistische Raketen können auch Hyperschallraketen potenziell Nuklearwaffen tragen.
Welch Unterschied zur Trump-Regierung, wo es keinerlei Kommunikationsstrategie gab.