Donald Trump hat heute eine neue Stelle in seinem Team besetzt. Der ehemalige Chef des Militärgeheimdiensts DIA, Michael Flynn, soll Nationaler Sicherheitsberater werden. Dem einen oder anderen mag sauer aufstossen, dass der Drei-Sterne-General als Russland-Freund und Islam-Kritiker gilt. Gegen die Ernennung ist aber nichts zu machen, denn wie zuvor Stabschef Reince Priebus und Chefberater Steve Bannon müssen diese Posten nicht vom Senat bestätigt werden.
Bei Kabinettsposten sieht das anders aus. Am Freitag wird bekannt, dass Trump den republikanischen Senator von Alabama, Jeff Sessions, als Justizministers ausgewählt hat.
Pikant: Sessions war 1986 wegen Rassismusvorwürfen im Senat durchgefallen, als ihn Ronald Reagan als Bundesrichter nominiert hatte. Eine erneute harte Anhörung ist ihm dort sicher. Die Republikaner verfügen in der Kleinen Kammer nach neuer Zusammensetzung nur über eine hauchdünne Mehrheit von 51 zu 49.
Die Besetzung des Aussenministers bereitet Trump offenbar am meisten Kopfzerbrechen. Die bislang gehandelten Namen könnten bereits bei der Vorselektion durch den Justizausschuss des Senats scheitern.
Dort verfügen die Republikaner über eine Mehrheit von einer Stimme – doch einer von ihnen, der Texaner Rand Paul, hat bereits angekündigt, sowohl Rudy Giuliani als auch John Bolton abzulehnen. Die anschliessende Anhörung und Abstimmung im Plenum würde unter denkbar schlechten Vorzeichen beginnen.
.@RandPaul tells @reason he is utterly opposed to John Bolton and Rudy Giuliani for Secretary of State https://t.co/PDYqXXYMzA
— Robby Soave (@robbysoave) 15. November 2016
Trump steckt seit seinem Wahlsieg in einem Dilemma. Da dieser auch für ihn selbst einigermassen überraschend kam, startete er die Übernahme der Amtsgeschäfte von der Obama-Regierung im Hintertreff. Die sogenannte Transition ist auch unter normalen Umständen chaotisch und extrem komplex. Innert zwei Monaten 4000 Positionen zu besetzen und sich in sämtliche Ministerien und Behörden einzuarbeiten, wird von Washington-Insidern als «Trinken aus einem Feuerwehrschlauch» bezeichnet.
Für Trump kommt erschwerend hinzu, dass er in diesen zwei Monaten geeignete Kandidaten für Schlüsselämter finden und diese überprüfen muss. Leichen im Keller werden von den Medien verlässlich ausgegraben und in den Senats-Hearings aufs Tapet gebracht. Wer im November die Präsidentschaftswahl beginnt, weiss in der Regel schon, wen er als Aussenminister haben will. Und auch die Hintergrundüberprüfung («Vetting») ist dann bereits abgeschlossen. Für Trump scheint dieser anspruchsvolle Prozess hingegen erst begonnen zu haben.
Da im Wahlkampf auch in der Republikanischen Partei nur wenige an seinen Sieg geglaubt hatten, blieben die bekanntesten Namen im Hintergrund. Jeff Sessions, Rudy Giuliani und Mike Flynn (der nominell Demokrat ist) waren die Ausnahme – und sind vielleicht die loyalsten, aber nicht unbedingt sehr geeignete Kandidaten. Das dürfte Trump egal sein. Nicht egal sein kann ihm hingegen, wenn seine Nominierungen im Senat durchfallen.
Es scheint, als ob ihm jetzt seine viel gerühmte Fähigkeit, Deals abzuschliessen, zum Vorteil gereichen könnte. Ein Zeichen in diese Richtung ist das bevorstehende Treffen mit Mitt Romney. Der ehemalige Gouverneur von Massachusetts und Obamas Herausforderer 2012 hatte Trump im Wahlkampf bitter bekämpft:
Here's what I know. Donald Trump is a phony, a fraud. His promises are as worthless as a degree from Trump University. (1/2)
— Mitt Romney (@MittRomney) 3. März 2016
Trump reagierte, wie man es von ihm erwarten konnte, und nannte Romney einen «Verlierer» und seine Kritik «erbärmlich».
Alles vergessen und vergeben? Zum Spass treffen sich die beiden sicher nicht am Wochenende. US-Medien mutmassen, Trump könnte Romney das Aussenministerium anbieten. Mit Widerstand im Senat müsste er in diesem Fall nicht rechnen, im Gegenteil. Auch die Demokraten könnten mit Romney als Aussenminister gut leben.
Trump werden teils widersprüchliche Charakterzüge zugeschrieben: Ein Narzisst soll er sein, der Loyalität über alles andere stellt. Aber auch ein Pragmatiker, dem es letztlich um die Lösung, um den «Deal» geht. Wem er in den kommen Tagen das Amt das Aussenministers anträgt, könnte ein frühes Zeichen sein, auf welche Seite das Pendel ausschlägt.
"Ein Aufschneider und Betrüger, der die amerikanische Öffentlichkeit zum Narren hält."
"Seine Pleiten haben Tausende amerikanische Familien ruiniert."
"Er hat weder die Veranlagung noch das Urteilsvermögen, um Präsident sein zu können."
Mitt Romney im Juni über Trump:
"Ich wünschte, jeder in der Republikanischen Partei hätte Herrn Trump abgelehnt und jemand anderen gewählt."
Und wer verhandelt im November mit Trump über einen Sitz in der Regierung? Mitt Romney.
Die meisten Politiker haben eine so dicke Haut, dass sie kein Rückgrat brauchen.