Die Epstein-Mails werden zur Gefahr für Donald Trump
Im Weissen Haus herrscht Krisenstimmung. Donald Trump soll sich mit Spitzenbeamten im abhörsicheren «Situation Room» beraten haben. Jenem Raum, in dem unter anderem Luftangriffe auf den Iran verfolgt und aus dem die Operation zur Tötung Osama Bin Ladens gesteuert wurde.
Dieses Mal ging es nicht um die nationale Sicherheit und auch nicht um die Jagd auf Terroristen, sondern um den Präsidenten selbst. Ein Kongressausschuss hat am Mittwoch rund 20'000 Dokumente im Fall Epstein veröffentlicht, überwiegend E-Mails des verurteilten pädophilen Sexualstraftäters – eines alten Bekannten Trumps.
Nun kommen immer mehr Details zu den hochkarätigen Beziehungen des in Haft verstorbenen Investment-Bankers ans Licht.
Was wollte Epstein von Putin?
Im Juni 2018, während Trumps erster Amtszeit, wollte Epstein den russischen Aussenminister Sergej Lawrow treffen. «Ich denke, Sie könnten Putin vorschlagen, dass Lawrow Einblicke gewinnen kann, wenn er mit mir spricht», schrieb Epstein dem damaligen norwegischen Premierminister und Europarats-Vorsitzenden Thorbjørn Jagland kurz vor dem Treffen zwischen Trump und Putin im finnischen Helsinki. Ob es letztlich zu einem Treffen kam, ist nicht bekannt.
Während des Gipfels äusserte sich Trump jedoch sehr wohlwollend gegenüber Putin. Er sagte, er vertraue dem russischen Machthaber mehr als seinen eigenen Geheimdiensten. Kurz nach dem Treffen schrieb Epstein in einer Nachricht an den ehemaligen US-Finanzminister unter Bill Clinton: «Er [Trump] glaubt, seinen Gegner verzaubert zu haben. Zugegeben, er hat keine Ahnung von Symbolik – er hat von den meisten Dingen keine Ahnung.»
Wie nah standen sich Trump und Epstein in den 2000ern?
Einst waren Trump und Epstein gut befreundet. Das zeigen mehrere Dokumente, Bilder und Videos, die die beiden gemeinsam an Partys und gar an Trumps Hochzeit im Jahr 1993 zeigen. Anfang der 2000er Jahre haben sich die beiden jedoch zerstritten.
Über seinen einstigen guten Freund redete Epstein aber auch Jahre nach dem Ende der Freundschaft, wie die nun veröffentlichten Dokumente zeigen. Er bezeichnete Trump als «Irren» mit Anzeichen «früher Demenz», und sagte: «Ich weiss, wie dreckig Donald ist». Ausserdem bot Epstein einem Journalisten Bilder von «Trump mit jungen Frauen in Bikinis» an. Im Jahr 2018 sagte er in einer E-Mail, er sei der «Einzige, der ihn zu Fall bringen kann». Acht Monate später hatte nahm er sich im Gefängnis das Leben.
Mit wem hatte Epstein sonst noch Kontakt?
Jeffrey Epsteins Einfluss reichte aber auch weit über Donald Trump hinaus. Männer aus Politik, Wirtschaft und Medien wandten sich an Epstein, wenn sie Rat suchten. Mohamed Waheed Hassan, der ehemalige Präsident der Malediven, bat ihn etwa um Unterstützung bei Finanzfragen. Auch der Journalist und Bestsellerautor Michael Wolff wandte sich an Epstein – in seinem Fall für eine medizinische Empfehlung.
Epstein pflegte diesen Zirkel mächtiger Kontakte über lange Zeit – Teil davon waren unter anderem der Ex-Präsident Bill Clinton, sowie der britische Royal Prinz Andrew, der vor kurzem wegen seiner Nähe zu Epstein seine royalen Titel verlor.
Wieso hat Epsteins Partnerin einen Deal erhalten?
In einem Versuch, die Gerüchteküche zu beruhigen, liess Trump Epsteins ehemalige Partnerin Ghislaine Maxwell zu seiner Rolle in der Epstein-Affäre befragen. Sie erklärte, sie habe den US-Präsidenten nie bei unangebrachtem Verhalten gesehen. Kurz darauf wurde sie in ein Minimal-Sicherheitsgefängnis verlegt.
Doch auch hinter Gittern scheint Maxwell Privilegien zu geniessen. Die 2021 zu 20 Jahren Haft verurteilte Vertraute Epsteins sitzt seit August im Federal Prison Camp in Bryan, Texas, einer Haftanstalt mit minimaler Sicherheitsstufe. Laut Whistleblower-Berichten, auf die sich demokratische Abgeordnete stützen, arbeitet sie dort aus der Zelle heraus an einem Gnadenantrag, mit Unterstützung des Gefängnisdirektors. Sie kann Besucher empfangen, die Dokumente und Laptops mitbringen – de facto ein Zugang zu E-Mails und Kontakten nach aussen.
Maxwell selbst schrieb an Freunde, sie sei in Texas «viel glücklicher» als zuvor. Berichten zufolge erhält sie massgeschneiderte Mahlzeiten, darf mit einem Diensthund spielen, und ihre Besucher werden mit Snacks und Erfrischungen bewirtet.
Wieso macht dieser Skandal Trump so nervös?
Nicht nur Demokraten, auch Republikaner und einst enge Verbündete des Präsidenten, wie die Abgeordnete Marjorie Taylor Greene, kritisieren den Fall. Viele seiner Anhänger sind mit Trumps Versuchen, den Fall unter den Tisch zu wischen, nicht einverstanden, wie Umfragen im Verlauf der letzten Monate zeigen. Wie sich Trump aus der politischen und rechtlichen Schlinge befreien will, bleibt unklar.
Etliche Versuche von Trump, rechten Influencern und seiner Mediensprecherin Karoline Leavitt, vom Thema abzulenken und es als «unwichtig» oder «langweilig» zu verkaufen, sind bisher gescheitert. Hinter den Kulissen wächst der Druck, Antworten zu liefern. (bzbasel.ch)
