Nahezu drei Jahre sass Trevor Reed in russischer Haft. 2019 war der ehemalige US-Elitesoldat in Moskau festgenommen worden, weil er angeblich Widerstand gegen einen Polizisten geleistet haben soll. Ein Gericht verurteilte ihn in einem von Beobachtern als Schauprozess gewerteten Verfahren zu neun Jahren Gefängnis, die er in verschiedenen Straflagern verbrachte. Im April 2022 kam er schliesslich vorzeitig frei.
Seine Freilassung war nur möglich geworden, weil die US-Regierung im Gegenzug einen in US-Haft sitzenden Drogenhändler namens Konstantin Jaroschenko entliess. Der Pilot und Inhaber einer Fluggesellschaft war wegen Kokainhandels im grossen Stil in den USA zu 20 Jahren Haft verurteilt worden. Das Putin-Regime presste ihn mit Hilfe Reeds ebenso frei, wie es den berüchtigten Waffenhändler Wiktor But freipresste. But, Spitzname «Händler des Todes», war im Juli 2022 gegen die US-amerikanische Basketballspielerin Brittany Griner ausgetauscht worden.
In der Regel kehren die Freigelassenen in ihre Heimat zurück und tauchen erst einmal für eine Weile ab. Sie verschwinden von der Bildfläche, erholen sich von den Strapazen ihrer Haft und versuchen, in ein normales Leben zurückzukehren. Nicht so Trevor Reed. Wie das amerikanische Nachrichtenportal The Messenger nun berichtet, soll der Marine-Veteran bei einem Kampfeinsatz in der Ukraine schwer verwundet worden sein.
Demnach sei Reed bereits vor zwei Wochen an der Front auf eine Mine getreten und habe sich schwere Splitterverletzungen zugezogen. Er sei dann zunächst in eine Klinik in Kiew behandelt und später in einem Militärkrankenhaus im deutschen Landstuhl bei Ramstein gebracht worden sein. Zuvor hatte er sich mit den ukrainischen Behörden überworfen und die US-Botschaft in Kiew eingeschaltet und um diplomatischen Beistand gebeten.
Laut The Messenger sollen US-Verantwortliche, die mit dem Fall betraut sind, alles andere als begeistert über Reeds Kampfeinsatz in der Ukraine sein. Sein Verhalten könnte der Verhandlungsposition der US-Regierung im Bemühen, weitere US-Bürger aus russischen Gefängnissen zu befreien, erheblichen Schaden zufügen.
Die Geiseldiplomatie des Kreml funktioniert laut Experten nach einem einfachen Prinzip: Amerikaner, die in Russland leben oder sich dort aufhalten, werden unter fadenscheinigen Vorwänden festgenommen, verurteilt und irgendwann gegen straffällig gewordene Russen oder russische Spione in den USA ausgetauscht. «Wir befinden uns in einer neuen Ära der Geiseldiplomatie», sagte der US-Unterhändler Bill Richardson dem «Spiegel» zu dieser Praxis, die insbesondere von autoritären Regimen wie Russland, China oder zuletzt auch dem Iran angewandt wird.
So sitzen derzeit etwa der «Wall Street Journal»-Korrespondent Evan Gershkovich als auch der der ehemalige Marinesoldat Paul Whelan in russischer Haft. Beide werden wegen Spionagevorwürfen von den russischen Behörden festgehalten. Beide beteuern ihre Unschuld.
Insbesondere Whelans Fall sorgt in den USA seit dessen Verhaftung im Jahr 2018 immer wieder für Aufsehen. So gelang es wechselnden US-Regierungen bislang nicht, den 53-Jährigen freizubekommen. Whelans Familie und Anwälte werfen der US-Administration daher Versagen in ihrem Versuch vor, den zu 16 Jahren Haft verurteilten Sicherheitsexperten zu befreien. Reeds Kampfeinsatz in der Ukraine könnte die russische Seite nun ausnutzen, um auf die vermeintliche Gefahr hinzuweisen, die von inhaftierten US-Bürgern wie Whelan und Gershkovich für das Land ausgeht.
So war die US-Regierung auch gleich bemüht, sich von Reed zu distanzieren. Demnach stehe dessen Tour an die Front «in keiner Weise im Zusammenhang mit irgendwelchen Aktivitäten der US-Regierung», wie ein namentlich nicht genannter Regierungsvertreter gegenüber The Messenger betonte.
Der Sender «CNN» zitiert einen ebenfalls US-Regierungsvertreter: «Da hat jemand auf eigene Faust etwas unternommen, und das sollte auch genauso behandelt werden und darf keinen Einfluss auf die Verhandlungen haben, die wir in den Fällen Whelan und Gershkovich führen». Die Biden-Administration scheint also sichtlich bemüht, Reeds Ukraineaufenthalt – er besass laut The Messenger einen regulären Vertrag mit der ukrainischen Armee, für die er als ausländischer Freiwilliger kämpfte – als Alleingang darzustellen.
Verwendete Quellen:
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Dass sein Verhalten den Offiziellen der USA keinen Gefallen war ist mir auch klar und kann ich auch nachvollziehen, aber von all den potentiellen Schandtaten hat er an sich nicht Mal eine begangen. Zumindest soweit wir wissen.