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Weisses Haus bestätigt: Weitere Geheimdokumente bei Biden gefunden

Weitere Geheimdokumente in Joe Bidens Garage gefunden – das Wichtigste in 7 Punkten

Am Mittwoch hat das Weisse Haus bestätigt, dass in der Garage von Joe Bidens Anwesen weitere Geheimdokumente gefunden worden sind. Dem US-Präsidenten drohen Konsequenzen – nun kommt ein Sonderermittler zum Einsatz.
12.01.2023, 17:0212.01.2023, 22:41
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Was ist neu?

US-Präsident Joe Biden hat den Fund geheimer Regierungsunterlagen aus seiner Zeit als Vize in der Garage seines privaten Anwesens eingeräumt. Die «kleine Anzahl zusätzlicher Unterlagen» mit Verschlusssachenmarkierungen sei in Bidens Haus in Wilmington im US-Bundesstaat Delaware entdeckt worden, teilte das Weisse Haus am Donnerstag mit. Zuvor hatte es Berichte über den zweiten Fund gegeben. «Die Menschen wissen, dass ich geheime Dokumente und geheimes Material ernst nehme», verteidigte sich Biden. Die Kritik der Republikaner liess nicht lange auf sich warten.

President Joe Biden arrives to speak about the economy in the South Court Auditorium in the Eisenhower Executive Office Building on the White House Campus, Thursday, Jan. 12, 2023, in Washington. (AP  ...
US-Präsident Joe Biden.Bild: keystone

Bereits am Mittwoch hatten US-Medien berichtet, dass Bidens Team nach einem ersten Fund im November nach möglichen weiteren Regierungsdokumenten gesucht habe. Am Tag darauf machte Bidens Sonderberater Richard Sauber den Fund schliesslich öffentlich. Auch hier soll es sich um Dokumente aus Bidens Zeit als Vize unter dem damaligen Präsidenten Barack Obama handeln. Das Gros der Dokumente sei in einem Lager in der Garage in Wilmington gefunden worden, wo Biden und seine Familie häufig die Wochenenden verbringen. Ein weiteres Dokument ist demnach in einem angrenzenden Raum zwischen gelagerten Materialien entdeckt worden. Biden sprach von seiner «persönlichen Bibliothek».

Was passiert jetzt?

Nun soll ein unabhängiger Sonderermittler den Fund der Geheimunterlagen untersuchen. Dies sei im öffentlichen Interesse, sagte US-Justizminister Merrick Garland am Donnerstag bei einem kurzfristig anberaumten Auftritt in Washington. Garland setzt den Sonderermittler als Justizminister ein.

FILE - Attorney General Merrick Garland listens to a question as he leaves the podium after speaking at the Justice Department, Aug. 11, 2022, in Washington. Garland is moving to end sentencing dispar ...
US-Justizminister Merrick GarlandBild: keystone

Die Untersuchungen sollen von dem Juristen Robert Hur geleitet werden. Der 50-Jährige arbeitete in der Vergangenheit für das Justizministerium - etwa zu den Themen Terrorismusbekämpfung und Unternehmensbetrug. Er war später unter anderem Staatsanwalt im US-Bundesstaat Maryland. Hur wurde für diese Position von dem damaligen Präsidenten Trump nominiert. Zuletzt arbeitete er als Anwalt für eine Kanzlei in Washington.

FILE - U.S. Attorney Robert Hur arrives at U.S. District Court in Baltimore, Nov. 21, 2019. Robert Hur, the former Trump-appointed U.S. attorney in Maryland, will lead the investigation, taking over f ...
Robert Hur wird die Sonderermittlung leiten.Bild: keystone

Wie reagierte Biden?

Der 80-Jährige trat am Donnerstag eigentlich vor die Presse, um gute Nachrichten zu feiern: Neue Daten zeigen, dass sich die Inflation im Land weiter auf dem Rückzug befindet. Die anwesende Presse interessierte sich aber in erster Linie für den Fund der Unterlagen, den das Weisse Haus nur wenige Minuten zuvor öffentlich gemacht hatte.

Biden reagierte fast schon trotzig auf die Frage eines Journalisten, wie es sein könne, dass Biden Unterlagen neben seiner Corvette lagere. Der Präsident ist stolzer Besitzer eines Oldtimers vom Typ Corvette aus dem Jahr 1967, den er nach seinen Angaben einst als Geschenk zu seiner ersten Hochzeit bekam. «Meine Corvette ist in einer abgeschlossenen Garage», reagierte Biden.

Joe Biden spricht über den Fund von Geheimdokumenten

Video: watson/reuters

Bidens Berater Richard Sauber äusserte sich einige Stunden später ebenfalls zum Dokumenten-Fund. Dabei betonte er, Biden habe die Dokumente nicht absichtlich in seinem Anwesen deponiert. «Wir sind zuversichtlich, dass eine gründliche Überprüfung ergeben wird, dass diese Dokumente versehentlich verlegt wurden.» Er fügte zudem an, dass der Präsident und seine Anwälte nach der Entdeckung dieses Fehlers sofort gehandelt hätten.

Wie reagieren die Republikaner?

Der Republikaner Kevin McCarthy, der gerade erst zum Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses gewählt wurde, nutzte seine erste reguläre Pressekonferenz im neuen Amt, um gegen Biden zu schiessen. Dessen Regierung behandle Menschen aufgrund ihrer Parteizugehörigkeit unterschiedlich, sagte McCarthy. «Sie versuchen, für ihre eigenen Überzeugungen andere Massstäbe anzulegen. Das funktioniert in Amerika nicht», so McCarthy über die Demokraten. Biden habe seit mehr als 40 Jahren politische Ämter inne und nun stelle sich heraus, dass er Geheimunterlagen an verschiedenen Orten aufbewahre.

Speaker of the House Kevin McCarthy, R-Calif., speaks during a news conference in Statuary Hall at the Capitol in Washington, Thursday, Jan. 12, 2023. (AP Photo/Jose Luis Magana)
Kevin McCarthy
Kevin McCarthyBild: keystone

Was sind die Parallelen zu Trump?

Die Situation ist für Biden politisch äusserst heikel, denn mit einem ähnlich Fall hatte sein republikanischer Vorgänger Donald Trump im Sommer für einen Skandal gesorgt. Trump hatte bei seinem Auszug aus dem Weissen Haus im grossen Stil Regierungsdokumente mit in sein privates Anwesen Mar-a-Lago in Florida genommen, darunter etliche Dokumente mit höchster Geheimhaltungsstufe.

Die Bundespolizei FBI hatte das Anwesen im August durchsucht und diverse Verschlusssachen beschlagnahmt. Ein Sonderermittler untersucht den Fall, Trump könnte sich strafbar gemacht haben. Der Demokrat Biden hatte das Verhalten seines Vorgängers damals als «unverantwortlich» gewertet.

FILE - Former President Donald Trump's Mar-a-Lago club is seen in the aerial view in Palm Beach, Fla., Aug. 31, 2022. A federal appeals court has halted an independent review of documents seized  ...
Trumps Anwesen Mar-a-Lago war im August durchsucht worden.Bild: keystone

In Trumps Fall hat Justizminister Garland bereits einen Sonderermittler eingesetzt. Jack Smith befasst sich zum einen mit den Untersuchungen im Zusammenhang mit geheimen Regierungsdokumenten. Er kümmert sich aber auch um Untersuchungen zur Attacke auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021.

In bestimmten aussergewöhnlichen Fällen liege es im öffentlichen Interesse, einen Sonderermittler zu ernennen, der die Untersuchungen unabhängig leite, hatte Garland damals gesagt. Ein bedeutender Grund für die Einsetzung war, dass Trump kurz zuvor eine erneute Präsidentschaftsbewerbung verkündet hatte. Auch Biden hat bisher immer wieder die allgemeine Absicht erklärt, erneut anzutreten.

Trump hatte Garlands Vorgehen scharf kritisiert und geht den Sonderermittler Smith immer wieder verbal an. Nach den Enthüllungen über Bidens Umgang mit Geheimunterlagen haben prominente Republikaner in diesem Fall ebenfalls die Einsetzung eines Sonderermittlers gefordert. Die Republikaner hatten Biden und seiner Regierung ausserdem vorgeworfen, mit zweierlei Mass zu messen und im Umgang mit Trump zu übertreiben.

Wo sind die Unterschiede zum Fall Trump?

Auch wenn sich die Fälle von Trump und Biden auf den ersten Blick sehr ähneln, gibt es bedeutende Unterschiede. Bidens Team hat die Entdeckungen eigenen Angaben zufolge sofort dem Justizministerium gemeldet und die Unterlagen weitergegeben. Anders als nun bei Biden war in Trumps Fall ein Streit mit dem Nationalarchiv vorausgegangen. Es versuchte monatelang erfolglos, von Trump Papiere aus dessen Amtszeit zu bekommen. Trumps Team hatte dem Nationalarchiv schliesslich Dokumente übergeben - aber längst nicht alle, wie sich bei einer Durchsuchung durch die Bundespolizei FBI im August herausstellte.

FILE - Former President Donald Trump announces a third run for president as he speaks at Mar-a-Lago in Palm Beach, Fla., Nov. 15, 2022. Trump is planning to hold the first public campaign event of his ...
Donald Trump bei einer Veranstaltung im vergangenen November.Bild: keystone

Was war zuvor passiert?

In den vergangenen Tagen war bekannt geworden, dass Verschlusssachen aus Bidens Zeit als Vize an verschiedenen Orten entdeckt wurden. Dazu zählen private Büroräume in der Hauptstadt Washington so wie das Haus Bidens in Wilmington im Bundesstaat Delaware. Die erste Tranche war bereits am 2. November entdeckt worden - kurz vor den wichtigen Kongresswahlen in den USA, die nur wenige Tage später am 8. November stattfanden. Das Weisse Haus betont, Bidens Anwälte hätten umgehend das Nationalarchiv informiert, das für die Aufbewahrung solcher Dokumente zuständig ist. Die Öffentlichkeit erfuhr aber erst vor wenigen Tagen davon, als Medien über den delikaten Fund berichteten.

Garland legte nun weitere Details zu dem zeitlichen Ablauf offen: Das Justizministerium sei am Abend des 4. November vom Nationalarchiv über den ersten Fund von Unterlagen im privaten Büro des früheren Vizepräsidenten im Penn Biden Center in Washington informiert worden. «Dieses Büro war nicht für die Aufbewahrung von Verschlusssachen zugelassen», betonte Garland. Daraufhin hätten bei der Bundespolizei FBI und im Justizministerium erste Ermittlungen begonnen.

Bereits am 20. Dezember habe Bidens Team das Justizministerium dann über den Fund weiterer Verschlusssachen in der Garage von Bidens Haus in Wilmington informiert - ebenfalls aus dessen Zeit als Vizepräsident, sagte Garland weiter. Am Donnerstag habe das Ministerium von dem weiteren gefundenen Dokument erfahren. (dab/sda/dpa)

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92 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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ReMoo
12.01.2023 18:09registriert Dezember 2020
Was muss das Bundesarchiv für eine Chaos haben das streng vertrauliche Unterlagen einfach so gefunden werden aber nie vermisst wurden? Sogar eine Bibliothek macht das besser, wehe ich bringe ein Buch zu spät zurück.
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daene
12.01.2023 17:58registriert April 2019
Soll zurücktreten. Punkt. Dann zeigt er mehr Rückgrat als der orange Grosskotz.
Dann wäre auch die Frage nach der zweiten Amtszeit beantwortet. Und ein erster Versuch der Demokraten, zu zeigen, dass sie keine Doppelmoral haben. Auch wenn der Fall leicht anders liegt, die Gegenseite wird ihn zu nutzen wissen.
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pumpkin42
12.01.2023 18:10registriert Januar 2015
Interessant wäre noch, wie viele komische Dokumente Bush, Clinton, Bush und Obama zu Hause in der Garage liegen haben... Ich denke, wenn man genug suchte würde man auch da fündig. Die Frage ist eher wie damit umgegangen wird - und da gibt es bisher grosse Unterschiede zwischen Trump und Jiden.
10010
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