Für Einsichtigkeit ist Donald Trump nicht unbedingt bekannt. Es ist selten, dass der US-Präsident einlenkt und eine Entscheidung revidiert. Bei der Wahl des Ortes für den nächsten G7-Gipfel hat er das aber getan.
In der Nacht zu Sonntag verkündete Trump - nach heftiger Kritik - überraschend auf Twitter, dass er den Gipfel im kommenden Juni nun doch nicht in einem seiner eigenen Hotels in Miami ausrichten will. Trump räumte dabei sich selbst keinerlei Fehler ein, sondern begründete den Schritt allein damit, dass Demokraten und Medien wegen der Entscheidung durchgedreht seien.
I thought I was doing something very good for our Country by using Trump National Doral, in Miami, for hosting the G-7 Leaders. It is big, grand, on hundreds of acres, next to MIAMI INTERNATIONAL AIRPORT, has tremendous ballrooms & meeting rooms, and each delegation would have...
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) October 20, 2019
.....its own 50 to 70 unit building. Would set up better than other alternatives. I announced that I would be willing to do it at NO PROFIT or, if legally permissible, at ZERO COST to the USA. But, as usual, the Hostile Media & their Democrat Partners went CRAZY!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) October 20, 2019
....Therefore, based on both Media & Democrat Crazed and Irrational Hostility, we will no longer consider Trump National Doral, Miami, as the Host Site for the G-7 in 2020. We will begin the search for another site, including the possibility of Camp David, immediately. Thank you!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) October 20, 2019
Die Kursänderung ist dennoch bemerkenswert. Ist sie auch eine Reaktion auf die schwindende Geduld von Parteikollegen? Trump stellt die Republikaner derzeit auf die Probe wie nie zuvor.
Der Präsident steckt in einer heiklen politischen Lage. Die Demokraten führen Ermittlungen für ein mögliches Amtsenthebungsverfahren gegen ihn. Trump soll sein Amt missbraucht haben, um sich einen persönlichen politischen Vorteil zu verschaffen.
Schon länger ist er mit dem Vorwurf konfrontiert, dass er die Präsidentschaft nutze, um sich selbst geschäftlich zu bereichern. Dass er aber gerade jetzt - da ihm ein «Impeachment»-Verfahren droht - verkündete, einen prestigeträchtigen Gipfel in einem seiner eigenen Hotels abzuhalten, liess viele fassungslos zurück, auch in den eigenen Reihen.
Nach einem Bericht der «Washington Post» löste die Entscheidung bei vielen Republikanern grossen Unmut aus - und Ratlosigkeit, wie sie derlei noch öffentlich rechtfertigen sollen. Der republikanische Abgeordnete Mike Simpson beklagte, die Entscheidung sei «politisch unsensibel» und setze den Präsidenten natürlich dem Vorwurf aus, sich selbst zu bereichern. «Man muss rausgehen und versuchen, ihn zu verteidigen», sagte Simpson: «Ich weiss nicht, ob ich das kann.»
Es war nicht die einzige Aktion, mit der Trump Parteikollegen vor den Kopf stiess. In Sachen Syrien liefen in den vergangenen Tagen die gewichtigsten Vertreter der Republikaner Sturm gegen den Präsidenten: der einflussreiche Senator Lindsey Graham und auch der mächtige republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell.
Sie prangerten öffentlich an, Trump habe mit dem Abzug von US-Soldaten aus Nordsyrien grossen Schaden angerichtet. Das sei ein «schwerer strategischer Fehler», schrieb McConnell in einem raren Zeitungsgastbeitrag, in dem er Trumps Kurs mit ungewohnt harschen Worten angriff.
Die Syrien-Frage hat viele Republikaner im Kongress gegen Trump aufgebracht. Dutzende republikanische Abgeordnete im Repräsentantenhaus schlossen sich den Demokraten an, um seinen Kurs in einer Resolution zu verurteilen. Das passiert nicht oft.
Im Kongress ist McConnell Trumps wichtigster Verbündeter. Sollte es zu einem Amtsenthebungsverfahren kommen, fällt eine Entscheidung am Ende im Senat. Dann braucht der Präsident seinen Mehrheitsführer in der Kammer, um politisch zu überleben.
Der konkrete Vorwurf gegen Trump lautet hierbei: Er soll sein Amt missbraucht haben, damit sich eine ausländische Regierung - die ukrainische - zu seinen Gunsten in den US-Wahlkampf einmischt und Ermittlungen gegen die Demokraten anstösst.
Um Druck zu machen, soll er US-Militärhilfe an die Ukraine zurückgehalten haben. Die Demokraten sprechen von Mafia-Methoden, von einem parteipolitisch motivierten «Quid pro quo»: Eine Hand wäscht die andere.
Je mehr Details ans Licht kommen, desto schwieriger wird es für die Republikaner, den Präsidenten zu verteidigen. Schwer belastet hat ihn - wohl aus Versehen - sein eigener Stabschef Mick Mulvaney. Der sagte bei einem seltenen Auftritt im Weissen Haus vor laufender Kamera, dass die Forderung nach Untersuchungen zu den Demokraten durchaus eine Rolle gespielt habe bei der Zurückhaltung der Militärhilfe an die Ukraine.
Er räumte damit jenes «Quid pro quo» ein, das Trump und sein Umfeld seit Wochen nach Kräften zu dementieren versuchen. Journalisten, Demokraten, aber auch Republikaner konnten nicht fassen, was sie da hörten.
Es ist nicht ungewöhnlich, dass Trump Unglaublichkeiten selbst an die Öffentlichkeit trägt, Kontroverses gezielt publik macht, um seinen Gegnern zuvorzukommen und dem Obskuren den Anschein zu geben, dass es so arg schon nicht sein kann, wenn es öffentlich präsentiert wird.
Doch die Sache mit Mulvaney passt nicht recht in dieses Muster: Der Stabschef versuchte später verzweifelt, seine Aussage wieder einzufangen. Erfolglos. In US-Medien hiess es, der Auftritt habe im Weissen Haus grosse Irritation ausgelöst - ebenso bei Republikanern.
Der republikanische Abgeordnete Francis Rooney etwa sagte der «Washington Post» nach Mulvaneys Auftritt: «Ich konnte es nicht glauben.» Er sei geschockt. Rooney schloss nicht aus, womöglich im Repräsentantenhaus für eine Amtsenthebung Trumps zustimmen, wenn es am Ende der Ermittlungen zu dem Votum kommen sollte.
Eine Mehrheit mit den Stimmen der Demokraten wäre dafür schon in Sicht. Bislang haben sich aber noch keine Republikaner in der Kongresskammer gegen Trump gestellt - bis auf Justin Amash, der aber zugleich aus der Partei austrat und nun unabhängiger Abgeordneter ist.
Ausschlaggebend für eine Amtsenthebung ist allerdings der US-Senat. Und da stellen immer noch Trumps Republikaner die Mehrheit.
Das Verhältnis zwischen ihm und seiner Partei ist zwiegespalten. Die Republikaner sind Trump nicht gerade in bedingungsloser Zuneigung verbunden. Sie arrangierten sich mit ihm, aus machtpolitischen Gründen.
Trump hat den Republikanern in seinen Amtsjahren viel abverlangt und die Partei nach Ansicht mancher bis zur Unkenntlichkeit verbogen. Einige Parteikollegen ballen regelmässig die Faust in der Tasche, schweigen aber zu Trumps Eskapaden. Doch in den vergangenen Wochen reizte der Präsident die Loyalität der Republikaner zu ihm immer mehr aus. Und das in einer Zeit, in der er mehr denn je auf sie angewiesen ist.
Mit der Umkehr der G7-Entscheidung müht sich der Präsident nun um Schadensbegrenzung. Wie schwer der Rückhalt in seiner Partei bereits beschädigt ist, muss sich zeigen. (aeg/sda/dpa)
Eher teilt sich das Meer als Doni Einsicht zeigt.