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Trump verlässt Krankenhaus und inszeniert sich als Sieger gegen Corona

epa08716529 US President Donald J. Trump walks off Marine One after landing at Walter Reed National Military Medical Center following his announcement that he and First Lady Melania tested positive fo ...
Donald Trump wurde am Freitag ins Spital geflogen, am Montag geht's bereits wieder zurück.Bild: keystone

«Fürchtet euch nicht vor Corona!» – Trump meldet sich mit dem wohl bizarrsten Video zurück

US-Präsident Trump ist wieder zurück im Weissen Haus. Kurz nach der Ankunft war er schon wieder vor der Kamera und bekräftigte seine Botschaft an die Amerikaner, sich nicht vor dem Coronavirus zu fürchten.
06.10.2020, 10:28
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Trump legte die perfekte Inszenierung hin. Beim Verlassen des Militärspitals Walter Reed zeigte er kurz den Daumen nach oben, dann ging's mit der Panzerlimousine zum Helikopter Marine One.

Kurze Zeit später landete die Maschine vor dem Weissen Haus, Trump stieg die Treppe zum Balkon auf der Südseite der Präsidentenresidenz hoch und nahm dort seine Maske ab. Dann wartete er, bis der Helikopter abhob und salutierte.

So weit so normal.

Nur wenige Stunden später aber meldet er sich via Videobotschaft zurück. Er inszeniert sich als Held, der das Coronavirus überstand, und wendet sich an das US-amerikanische Volk: Fürchtet euch nicht vor Corona, alles kein Problem.

Aber seht selbst:

Video: watson

Das sagt er zu Deutsch:

«Ich habe gerade das Walter Reed Medical Center verlassen und es ist wirklich etwas Spezielles. Ich habe so viel über das Coronavirus gelernt und eines ist sicher: Lasst es euch nicht dominieren. Fürchtet euch nicht davor. Ihr werdet es besiegen. Wir haben die beste medizinische Ausrüstung, wir haben die besten Medikamente, alles erst kürzlich entwickelt. Und ihr werdet es besiegen. »
«Ich fühlte mich nicht so gut und ich hätte vor zwei Tagen das Spital verlassen können. Zwei Tage zuvor habe ich mich grossartig gefühlt. Ich habe mich besser als vor 20 Jahren gefühlt, wie ich es schon gesagt habe. Lasst es euch nicht dominieren. Lasst es nicht euer Leben übernehmen. Lasst das nicht zu.»
«Wir sind das grossartigste Land der Welt. Wir werden zurück zur Arbeit geben. Wir gehen zurück an die Front. Als euer Führer musste ich das machen. Ich wusste, dass es gefährlich ist, aber ich musste es machen. Ich stand da draussen, ich führte. Kein Führer würde das nicht machen. Und ich weiss, dass es ein Risiko ist, dass es eine Gefahr ist, aber das ist okay. Und jetzt fühl ich mich besser, und vielleicht bin ich immun, wer weiss.»
«Aber lasst es euch nicht dominieren, geht da raus, seid vorsichtig. Wir haben die besten Medikamente der Welt und sie alle wurden kürzlich entwickelt und werden bald genehmigt. Und die Impfstoffe kommen zu diesem Zeitpunkt. Vielen Dank Walter Reed, was für fantastische Leute. Vielen Dank!»

Friede, Freude, Eierkuchen? Man mag es ihm nicht wirklich glauben. Zwar machte er einen fitteren Eindruck als noch tags zuvor, auf anderen Filmaufnahmen bei der Ankunft wirkt Trump aber deutlich weniger fit.

Trump will an zweiter TV-Debatte mit Biden teilnehmen
US-Präsident Donald Trump stellt sich ungeachtet seiner Covid-Erkrankung auf die zweite TV-Debatte mit Herausforderer Joe Biden in der kommenden Woche ein. «Der Präsident beabsichtigt, an der Debatte teilzunehmen», sagte der Sprecher seines Wahlkampfteams, Tim Murtaugh, am Montag (Ortszeit) dem TV-Sender Fox News. Die zweite von drei geplanten Debatten zwischen Trump und Biden ist für den 15. Oktober angesetzt. Diesmal sollen die Kandidaten Fragen von Wählern beantworten.

Von Bidens Seite wurde bereits in den vergangenen Tagen betont, dass der ehemalige Vizepräsident auf eine Teilnahme Trumps hoffe. Zugleich sagte Biden am Montag, dass er sich bei Entscheidungen rund um die Debatte auf die Meinung von Experten verlassen wolle. «Wenn die Wissenschaftler sagen, dass es sicher ist, dass die Abstände sicher sind, dann ist alles gut, denke ich», sagte er. «Ich werde tun, was die Experten für angemessen halten.» (sda/dpa)​

Trump kündigte am Montagabend Rückkehr an

Der US-Präsident war zuvor nach rund drei Tagen aus dem Walter-Reed-Militärkrankenhaus in einem Vorort von Washington entlassen worden. Sein Leibarzt Sean Conley schränkte zwar ein, dass Trump «noch nicht über den Berg» sei. Zugleich betonte er aber, dass der Präsident im Weissen Haus rund um die Uhr die beste medizinische Versorgung bekommen werde.

Trump hatte zuvor bereits via Twitter angekündigt, dass er am Montagabend (Ortszeit) das Walter Reed Medical Center verlassen werde. Er fühle sich richtig gut, schrieb Trump. Seinen Followern riet er: «Habt keine Angst vor Covid. Lasst es nicht euer Leben dominieren.»

Die USA habe unter seiner Administration grossartige Medikamente entwickelt und viel Wissen angereichert, so Trump weiter. «Ich fühle mich besser als vor 20 Jahren!»

Arzt entlässt Trump – aber beantwortet wichtige Frage nicht

Um 21 Uhr (MESZ) bestätigten Trumps Ärzte die Entlassung des Präsidenten. Trump sei zwar noch nicht ganz über dem Berg, doch im Weissen Haus gebe es ebenfalls eine ausgezeichnete medizinische Versorgung. Die Ärzte sagten, Trump sei ein «phänomenaler Patient», er habe sie «zu nichts gedrängt» und es sei Ihnen eine «Ehre», ihn zu behandeln.

Zu diversen medizinischen Details wollte Trumps Leibarzt Sean Conley wiederum keine Auskunft geben. Mehrere Journalistinnen und Journalisten wollten wissen, wann Trump zum letzten Mal negativ getestet worden sei. Conley verweigerte Mal für Mal die Antwort und brach die Pressekonferenz dann ab.

Bisher heisst es offiziell stets nur, Trump sei am Donnerstagabend getestet worden und habe in der Nacht zum Freitag sein positives Ergebnis bekommen. Es bleibt unklar, wieso der Zeitpunkt des letzten negativen Tests unter Verschluss gehalten wird.

Nach früheren Angaben wurde Trump jeden Tag getestet. Bekannt wurde, dass er am Donnerstag zu einem Treffen mit Spendern in New Jersey aufbrach, während das Weisse Haus erfuhr, dass seine enge Beraterin Hope Hicks positiv getestet wurde. Die Reise wurde trotzdem nicht abgesagt.

Conley selbst hatte am Samstag für zusätzliche Verunsicherung gesorgt als er sagte, die Diagnose liege 72 Stunden zurück. Das würde auf einen positiven Test am Mittwoch hinweisen. Später korrigierte er sich in einer vom Weissen Haus verbreiteten Mitteilung und erklärte, er habe gemeint, man sei «im dritten Tag» nach der Diagnose.

Trump hatte seine Corona-Infektion am Freitag nach Mitternacht US-Ostküstenzeit bekanntgegeben und war keine 24 Stunden später per Helikopter ins Walter-Reed-Militärkrankenhaus in Bethesda nördlich von Washington gebracht worden. Am Wochenende gab es widersprüchliche Angaben zu seinem Gesundheitszustand. Am Sonntag war klar: Der Zustand des Präsidenten war zwischenzeitlich ernster als zunächst dargestellt. Mit seinen 74 Jahren gehört Trump zu einer Corona-Risikogruppe.

Über 210'000 Tote

Die Corona-Pandemie hat die USA schwer getroffen. Mehr als 7,4 Millionen Infektionen sind bekannt, mehr als 210'000 Menschen starben seit Beginn. Trump wird immer wieder vorgeworfen, die Gefahr des Virus heruntergespielt zu haben. In den vergangenen Wochen war er viel durchs Land gereist, hielt Wahlkampfauftritte mit Tausenden Anhängern ab und verzichtete dabei nicht auf engen Kontakt mit anderen Menschen. Nach Bekanntwerden von Trumps Infektion wurden zahlreiche Personen aus seinem Umfeld positiv getestet, darunter die Sprecherin des Weissen Hauses, sein Wahlkampfchef, die Vorsitzende der Republikanischen Partei und mehrere US-Senatoren.

Das Weisse Haus hatte Trumps Verlegung ins Krankenhaus am Freitag als reine Vorsichtsmassnahme dargestellt. Trumps Ärzte zeichneten am Samstag ein rosiges Bild des Gesundheitszustand des Präsidenten. Doch wenige Stunde nach seinem positiven Corona-Test hatte Trump am Freitag hohes Fieber und die Sauerstoffsättigung seines Blutes sank unter 94 Prozent, weshalb er zusätzlichen Sauerstoff verabreicht bekam. Am Samstag fiel die Sauerstoffsättigung erneut auf rund 93 Prozent. Wenn der Erreger Sars-CoV-2 die Lunge angreift, wird der Körper schlechter mit Sauerstoff versorgt.

Wegen des vorübergehenden Sauerstoffabfalls bekam Trump das Steroid Dexamethason verabreicht, was die Weltgesundheitsorganisation zur Behandlung von Patienten mit einem schweren Covid-19-Verlauf empfiehlt. Zudem hatte er unter anderem einen Antikörper-Cocktail - eine experimentelle Behandlungsmethode - bekommen und wird mit dem Mittel Remdesivir behandelt. Experten sahen in den Medikamenten Hinweise für einen schweren Verlauf der Erkrankung.

Trump hat sich in der Vergangenheit mit seinem guten Gesundheitszustand gerühmt, der ihm bei den für US-Präsidenten üblichen jährlichen Checks zuletzt im Juni bescheinigt wurde. Ein Krankenhausaufenthalt ist mit diesem Selbstbild nur schwer vereinbar. US-Medienberichten hat er auf eine schnelle Entlassung gedrängt. (jaw/cma/sda)

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305 Kommentare
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Amadeus
05.10.2020 20:48registriert September 2015
«Habt keine Angst vor Covid. Lasst es nicht euer Leben dominieren.»

Die Angehörigen von 200'000+ toten Amerikanern und mehrere 100'000 Infizierte würden da wohl widersprechen.
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Füürtüfäli
05.10.2020 20:48registriert März 2019
Hoffentlich finden die Amis im November den Reset-Knopf, die Reißleine, den Rettungsring,... ihren Verstand wieder.
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Kong
05.10.2020 20:44registriert Juli 2017
Erstaunlich... dann folgt jetzt die obligate Quarantäne oder doch das Bad in der (Fan-)Menge?
Und was macht die Firstlady?
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