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USA: Republikaner Steve Scalise soll Speaker werden

Republikaner immer noch gespalten: Kann ein Wunder Speaker-Kandidaten Scalise retten?

Die Republikaner schicken Steve Scalise ins Rennen um den Speaker-Posten im Repräsentantenhaus. Er soll den gestürzten Kevin McCarthy ersetzen. Zuerst muss Scalise aber die Skeptiker in seiner eigenen Partei überzeugen – sonst droht auch er, im Plenum zu scheitern.
12.10.2023, 09:4612.10.2023, 09:46
Renzo Ruf, Washington / ch media
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Im amerikanischen Repräsentantenhaus zeichnet sich das Ende des Führungsvakuums ab, eine Woche nach der Abwahl von Speaker Kevin McCarthy. Am Mittwoch nominierte die Mehrheitsfraktion einen neuen Kandidaten für den höchsten Posten: Steve Scalise, bisher die Nummer zwei der Republikaner in der grossen Kongress-Kammer.

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Steve Scalise stellt sich am Mittwoch nach seiner Nomination zum Speaker den Fragen der Medienschaffenden in Washington.Bild: keystone

Der 58 Jahre alte Scalise besiegte in einer geheimen Wahl seinen Kontrahenten Jim Jordan mit 113 zu 99 Stimmen. Jordan genoss die Unterstützung vieler Aushängeschilder des rechts-populistischen Flügels der Republikanischen Partei; auch Ex-Präsident Donald Trump hatte einen Wahlaufruf zu Gunsten des 59 Jahre alten Scharfmachers abgegeben.

Scalise hingegen, seit 2008 Abgeordneter aus dem US-Bundesstaat Louisiana, wurde von zahlreichen alteingesessenen Parteifreunden getragen. Er gilt intern, weil er seit fast 10 Jahren Mitglied der Fraktionsführung ist, als verlässlich und gut organisiert. Auch ist der Wertkonservative ein begabter Sammler von Spendengeldern, und zwar nicht nur für sich selbst. (Viele Kritiker sehen in ihm eine Kopie des abgewählten Speakers, ein «McCarthy Light»; diese Kritik allerdings ist unfair, sagen seine Verbündeten, war das Verhältnis zwischen den beiden doch angespannt.)

Am Ziel seiner Träume ist Scalise allerdings nach seinem Sieg in der Fraktion noch nicht. Denn der Speaker - eine Mischung aus Parlamentspräsidenten und Fraktionsvorsitzendem - wird vom gesamten Repräsentantenhaus bestimmt, in einer namentlichen Abstimmung.

Am Mittwoch verzichteten die Republikaner vorerst darauf, im Plenum eine Speaker-Wahl anzusetzen. Eine bereits angesetzte Sitzung der grossen Kammer wurde nach einigem Zögern auf den Donnerstag vertagt. Dies deutet darauf hin, dass sich Scalise schwer damit tut, die eingefleischten Anhänger von Jim Jordan auf seine Seite zu ziehen. Abweichler könnten seine Kandidatur aber gefährden, stellen die Republikaner doch nur 221 der aktuell 433 Abgeordneten. (Die Demokraten werden ihren Fraktionsvorsitzenden, Hakeem Jeffries, ins Rennen schicken.)

Bereits gaben mindestens zwölf Republikaner bekannt, dass sie nicht für Scalise stimmen werden. Zum Beispiel Marjorie Taylor Greene. Die Abgeordnete aus Georgia, die zuvor wortlos aus der Fraktionssitzung der Republikaner gestürmt war, schrieb auf dem Kurznachrichtendienst X (früher: Twitter): «Ich mag Steve Scalise, und ich mag ihn so sehr, dass es mir wichtiger ist, dass er den Krebs besiegt, statt dass er seine Gesundheit in der schwierigsten Position im Kongress opfert.»

Scalise gab im Sommer bekannt, dass er an Multiples Myelom erkrankt ist, einer Krebserkrankung, die Plasmazellen des Knochenmarks betrifft. Er befinde sich auf dem Weg zur Besserung, sagte er kürzlich während eines Interviews auf dem Sender «Fox News». Seine Ärzte hätten ihm gesagt, er könne wieder zurück an die Arbeit gehen; er fühle sich gut.

2017 war Scalise «nur eine Minute vom Tod» entfernt

Zugutekommt Scalise, dass er in der Fraktion als Stehaufmännchen gilt - nachdem er sich im Frühsommer 2017 überraschend schnell von einer Schussverletzung erholt hatte. Scalise war damals Teil einer republikanischen Baseball-Mannschaft, die von einem linken Aktivisten in der Nähe der Hauptstadt Washington unter Beschuss genommen wurde. Der Mann verletzte sechs Personen schwer, bevor er von der Polizei getötet wurde.

Später sagten die Ärzte, Scalise habe derart viel Blut verloren, dass er buchstäblich «nur eine Minute vom Tod» entfernt gewesen sei. Aber Scalise überlebte, zuerst eine dramatische Rettung, dann höchst komplexe Operationen im Spital. Anschliessend kämpfte Scalise sich durch eine harte Reha. Dabei konnte er auf die Unterstützung einiger prominenter Namen zählen: Der damalige Präsident Trump besuchte ihn im Spital, der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu sprach ihm gut zu und Bono, der Sänger seiner Lieblingsband U2, lud ihn zu einem Konzert ein.

Im September 2017, drei Monate nach der Bluttat auf dem Baseball-Feld, kehrte Scalise zurück ins Repräsentantenhaus. Demokraten und Republikaner applaudierten andauernd, als der Abgeordnete langsam zum Rednerpult humpelte. «Ich bin das lebende Beispiel dafür, dass es wirklich Wunder gibt», sagte der Katholik.

Vielleicht braucht Scalise nun ein weiteres solches Wunder, um zum Speaker gewählt zu werden. Ein Opponent des designierten Speakers sagte am Mittwoch im Scherz: Im Januar, als McCarthy 15 Wahlgänge benötigte, um gegen den harten Widerstand von Parteifreunden zum Speaker gewählt zu werden, habe das Repräsentantenhaus «eine Krönung» erlebt. Das Rennen um seine Nachfolge, «das ist ein Wettbewerb». (aargauerzeitung.ch)

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