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RAF-Terroristin Klette: War ein Podcast-Team den Ermittlern voraus?

Daniela Klette/Polizeibeamte (Collage): Die ehemalige RAF-Terroristin war in der Nacht zu Dienstag gefasst worden.
Daniela Klette/Polizeibeamte (Collage): Die ehemalige RAF-Terroristin war in der Nacht zu Dienstag gefasst worden.Bild: LKA Niedersachsen/Getty Images/Reinhard Krull/t-online

RAF-Terroristin Klette: War ein Podcast-Team den Ermittlern einen Schritt voraus?

Diese Information wirft neue Fragen auf: Ein Podcast-Team war den Ermittlern bei der Fahndung nach RAF-Terroristin Daniela Klette vermutlich einen Schritt voraus.
29.02.2024, 06:2129.02.2024, 06:21
Anna-Lena Janzen / t-online
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t-online

Daniela Klette, eine der meistgesuchten Personen Deutschlands, wurde nach jahrzehntelanger Fahndung in Berlin gefasst. Die Ermittler sprachen danach von einem «Meilenstein».

Seitdem wird viel über das Versteck und Leben der RAF-Terroristin der dritten Generation berichtet. Nun ist ein weiteres Detail ans Licht gekommen: Klettes Aufenthaltsort wurde schon im vergangenen Dezember, mehrere Monate vor ihrer Festnahme, von einem Journalisten-Team entdeckt. Nur eine Kontaktaufnahme hatte es noch nicht gegeben.

Der Journalist Khesrau Behroz und das Team des Produktionsstudios Undone waren tatsächlich auf der richtigen Spur. Die Journalisten hatten Bilder von Klette auf der Webseite eines Berliner Capoeira-Vereins entdeckt. Klette hatte sich dort mehr als zehn Jahre lang aktiv beteiligt und konnte identifiziert werden.

Klettes Spur verlor sich 2019

Podcast-Moderator Khesrau Behroz zeigte sich nach Klettes Festnahme erstaunt, wie nah sein Team an der Auflösung des Falls war. Dem «RBB» sagte er: «Wir haben uns schnell zusammengewuselt in unseren Team-Chats und geschaut, ist das tatsächlich die Frau, der wir so nahe gekommen sind in unserer zweiten Episode von 'Legion: Most Wanted'? Das war schon sehr überraschend in dem Augenblick.»

Das Team habe damals höchstens drei Monate Recherchearbeit in das Projekt gesteckt. Die Idee sei gewesen, vor Weihnachten eine kleine Geschichte zu erzählen. «Darüber, dass diese Frau seit über 30 Jahren gesucht wird, und natürlich auch, dass wir eine sehr spezifische Sache herausgefunden haben. Nämlich, dass sie in Kreuzberg Capoeira getanzt hat», so Behroz.

Am Ende sei die Geschichte nach eigenen Angaben gescheitert, da das Team keine Zeit mehr gehabt habe, um die Frau zu kontaktieren und den Fall ordentlich aufzulösen. Zudem hatte sich ihre Spur ab dem Jahr 2019 verloren. Sie nahm an keinen Veranstaltungen mehr teil und es wurden auch keine Fotos mehr von ihr auf der Facebook-Seite des Vereins veröffentlicht.

Doch wie war es überhaupt dazu gekommen, dass Behroz' Team auf die Fotos stiess? Die Suche wurde durch einen Zuhörer einer seiner Podcasts angestossen. Dieser hatte sich an den Moderator gewandt, um ihm von einem Treffen mit einer Frau in Köln zu erzählen, die sich ihm als Daniela Klette zu erkennen gegeben habe, eine der meistgesuchten Personen Europas.

Die Journalisten des Podcasts nutzten daraufhin Künstliche Intelligenz zur Gesichtserkennung. Bei der Frau aus Köln konnten sie zunächst keine Übereinstimmung mit alten Fahndungsbildern erkennen.

Doch sie gaben nicht auf. Hilfe bekam das Team von Michael Colborne, von dem Investigativ-Netzwerk «Bellingcat». Der Bildanalyse-Experte setzte eine weitere Software ein, die alte Bildern der RAF-Terroristin mit ähnlichen Gesichtern im Internet verglich. So stiessen die Journalisten auf eine etwas gealterte Frau in Berlin mit langen Haaren. «Es deutet sehr viel darauf hin, dass diese Frau Daniela Klette ist», sagt Colborne in einer der Podcast-Folgen.

Die Puzzleteile passen zusammen. Nach der Festnahme bestätigte der Vorsitzende des Berliner Tanzvereins, Mestre Pim-Pim, die Identität der Frau auf den Bildern: Klette habe im Studio trainiert, sagte er zu «Bild».

«Sie hat sich auch auf Fotos ablichten lassen»

Für Behroz wirft die Entdeckung viele neue Fragen auf. Denn Klettes Versteck sei offenbar nicht zu aufwändig gewesen. «Sie hat sich auch auf Fotos ablichten lassen. Im Podcast haben wir deshalb vermutet, es kann gar nicht sein, dass sie das wirklich ist. Wir konnten uns nicht vorstellen, dass jemand, der verfolgt wird, in die Kamera schaut und lächelt», so Behroz.

Allerdings seien die Bilder zu einer Zeit entstanden, als Social Media noch nicht so laut war und in der es keine KI-Suchmaschinen gab. «Jetzt fragen wir uns: Wie war das möglich? Nachbarn kannten sie und haben sie Claudia genannt. Das wirkt nicht wie ein Versteckspiel. Scheinbar hat sie ganz normal ihr Leben gelebt.»

Die Geschichte rund um die Festnahme von Daniela Klette bleibt ihm zufolge also weiterhin spannend und bietet reichlich Diskussionsstoff. «Es gibt noch viel zu erzählen», so Behroz gegenüber «Bild». Zum Beispiel, dass Klette mit einer recht simplen Suche gefunden worden sei. «Das hat sowohl gesellschaftliche als auch strafrechtliche Relevanz, der wir gerne nachgehen würden.»

Der Hinweis, der zur Ergreifung Klettes führte, kam nicht von den Journalisten. Die Polizei teilte mit, ein Tipp aus der Bevölkerung habe die Ermittler auf die Spur geführt. «Wir arbeiten - auch aus Quellenschutz - nicht mit den Ermittlungsbehörden zusammen. Sie bekommen von uns keine Tipps oder Informationen», sagte Behroz zu «Bild».

Verwendete Quellen:

  • twitter.com: Khesrau Behroz
  • n-tv.de: Wie ein Podcast Daniela Klette auf die Spur kam
  • rbb24.de: "Scheinbar hat Klette ganz normal ihr Leben gelebt"
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