In Deutschland ist es bei einer Debatte im Bundestag zum Gedenken an den Völkermord von Srebrenica zum Eklat gekommen. Reden von Politikern der rechtsextremen AfD lösten bei den anderen Fraktionen Protest und Kopfschütteln aus. Aussenminister Johann Wadephul trat ungeplant ans Rednerpult.
30 Jahre nach dem Kriegsverbrechen im Bosnien-Krieg hatte das deutsche Parlament die laufenden Haushaltsberatungen für eine Gedenkdebatte unterbrochen. «Srebrenica war das schlimmste Kriegsverbrechen auf europäischem Boden seit dem Zweiten Weltkrieg», sagte die christdemokratische Bundestagspräsidentin Julia Klöckner zum Auftakt. Der Völkermord sei auch ein Scheitern der Vereinten Nationen gewesen, deren Friedenstruppen den Schutzsuchenden keinen Schutz geboten hätten.
Der AfD-Abgeordnete Alexander Wolf kritisierte anschliessend die Einstufung des Kriegsverbrechens als Genozid und sagte, «die Serben erschossen dort Männer, verschonten grundsätzlich Frauen und Kinder». Die Erinnerungskultur, die man dem ohnehin fragilen Staat Bosnien-Herzegowina von aussen aufzwinge, trage nicht zur Besänftigung der Spannungen im Staat bei.
Redner der anderen Fraktionen kritisierten die Aussagen scharf. Die Sozialdemokratin Siemtje Möller sagte, internationale Gerichte hätten in mehreren Urteilen festgestellt, dass es sich klar um einen Völkermord handele. Der christdemokratische Aussenpolitiker Jürgen Hardt warf Wolf vor, den Völkermord zu leugnen:
Lautstarken Protest gab es später, als der AfD-Abgeordnete Martin Sichert seine Rede vor allem für innenpolitische Themen nutzte, die der AfD – die die zweitstärkste Fraktion im Bundestag stellt – wichtig sind. «Was im Grossen im Jugoslawien-Krieg zu sehen ist, kann man im Kleinen heutzutage auf nahezu jedem Schulhof in Deutschland erleben», sagte er. «Srebrenica mahnt uns, Multikulti zu beenden, bevor es zu spät ist». Demonstrativ drehten Abgeordnete von SPD und Linken Sichert den Rücken zu. Klöckner ermahnte ihn, zum Thema zu sprechen.
Aussenminister Johann Wadephul, ebenfalls ein Christdemokrat, ergriff nach den AfD-Reden ungeplant das Wort. Der Bundestag diskutiere über den anerkannten Völkermord, sagte er auch an die Gäste auf der Tribüne gerichtet: «Und ich bedaure, dass wir den Opfern den Angehörigen, insbesondere hier Anwesenden und dem Herrn Botschafter derartige Debatten zumuten», fügte er hinzu. Für die Bundesregierung sagte er:
Am 11. Juli 1995 hatten bosnische Serben im Zuge des Bosnien-Kriegs die zur UN-Schutzzone erklärte Muslim-Enklave Srebrenica erobert. An dem Tag und in den darauffolgenden Tagen wurden rund 8000 Menschen ermordet, in der Mehrzahl Männer und männliche Jugendliche.
Frauen, Mädchen und Kinder wurden in Bussen an die Frontlinie zu dem von der bosnischen Armee kontrollierten Gebiet deportiert. Urteile des Kriegsverbrechertribunals für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) sowie des Internationalen Gerichtshofs (IGH) haben den Genozid-Charakter des Massakers von Srebrenica juristisch festgestellt. (rbu/sda/dpa)
Aber immerhin können solche Entgleisungen noch für ein Parteiverbot nützlich sein.