Nach den heftigen Regenfällen und Überschwemmungen in Slowenien herrschen weiter Sorgen wegen möglicher Erdrutsche. Die hohe Bodenfeuchtigkeit mache Erdrutsche derzeit wahrscheinlicher, warnte der Geologische Dienst Sloweniens nach Angaben der slowenischen Nachrichtenagentur STA am Sonntag. Er rief die Bevölkerung auf, stärker auf Veränderungen am Boden, an Gebäuden und an Hängen zu achten.
Auch im Süden Österreichs bleibt die Situation angespannt: Auch hier drohen mehrere völlig aufgeweichte Hänge abzurutschen, wie die Feuerwehr am Sonntag berichtete. Sie müsse zudem immer wieder ausrücken, um vollgelaufene Keller auszupumpen, sagte der Sprecher der Feuerwehr im Bundesland Kärnten, Hans-Jörg Rossbacher, am Sonntag im Radio ORF.
Bei Dolnja Bistrica im Osten Sloweniens ist am Samstagabend ein Damm am Fluss Mur gebrochen. Dies berichtete die slowenische Nachrichtenagentur STA. Insgesamt zehn Ortschaften seien gefährdet. Dort seien Evakuierungsmassnahmen im Gange.
«Wir haben den absolut notwendigen Schritt der Evakuierung unternommen, weil dies die einzige Massnahme ist, um mögliche Opfer zu verhindern», sagte der Katastrophenschutzkommandant Srecko Sestan. «Wenn das Wasser anfängt, den Boden wegzutragen, wird der Damm sofort einstürzen, und die Flutwelle wird neun oder zehn Dörfer erfassen.» Man versuche nun, per Hubschrauber den Staudamm mit Betonblöcken abzudichten, sagte er weiter.
At least 2 people have died and others are missing, following heavy rains and flooding affecting parts of Slovenia, Balkans 🇸🇮 pic.twitter.com/hWCv1xUQm4
— Mystery man (@wuxinsen) August 6, 2023
Sowohl in Slowenien als auch in Österreich wurden Notunterkünfte eingerichtet, um den betroffenen Personen ein Dach über dem Kopf anbieten zu können. Nach der Evakuierung an der Mur wurden am Samstagabend 500 Menschen aus dem Dorf Dolnja Bistrica in solche Unterkünfte gebracht. Wegen drohender Erdrutsche wurden zudem 110 Menschen bei Koroska Bela und entlang des Flusses Meza nahe der Grenze zu Österreich in Sicherheit gebracht.
Im österreichischen Kärnten wurden wegen der drohenden Hangrutsche aus Vorsicht mindestens 40 Häuser und Wohnungen geräumt. Die Menschen kamen bei anderen oder ebenfalls in Notunterkünften unter.
Beim Pegelstand der Flüsse gab es zumindest in Slowenien eine erste Entwarnung – in der Save, dem grössten Fluss des Landes, sank der Pegelstand zuletzt an. Bei der Mur ist er nach wie vor hoch, aber stabil.
Allein in der Nacht zum Sonntag war der Katastrophenschutz 230 Mal im Einsatz, in insgesamt 186 Orten. Am Samstag hatte der Katastrophenschutz von mehr als 3700 innerhalb von 36 Stunden berichtet.
137 Feuerwehreinheiten setzten Schutzmassnahmen bei Erdrutschen und Überschwemmungen um, pumpten Wasser aus überschwemmten Gebäuden, entfernten umgestürzte Bäume, retteten Menschen aus gefährdeten Gebäuden und lieferten dringend benötigte Lebensmittel und Medikamente.
Mehrere Dörfer waren seit Freitag von der Aussenwelt abgeschnitten. Die Bewohner wurden teils per Hubschrauber mit Trinkwasser und Lebensmitteln versorgt, teils versuchten Soldaten, zu Fuss in diese Orte zu gelangen.
Nach Angaben von Ministerpräsident Robert Golob sind zwei Drittel des Landes vom Hochwasser betroffen. Es seien die grössten Schäden einer Naturkatastrophe seit mehr als drei Jahrzehnten im Adrialand. Mindestens vier Menschen starben. Die Polizei prüfte, ob es einen Zusammenhang zwischen den Todesfällen und dem Unwetter gab.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sicherte Slowenien Hilfe zu. Die Schäden in dem Adrialand seien «herzzerreissend», twitterte sie.
Heartbreaking to follow the devastation caused by colossal floods in Slovenia.
— Ursula von der Leyen (@vonderleyen) August 5, 2023
The EU is by the side of the Slovenian people.
We will mobilise support as needed.
Commissioner @JanezLenarcic is already in Ljubljana to discuss with @govSlovenia.
Der EU-Kommissar für humanitäre Hilfe und Krisenschutz, Janez Lenarcic, beriet am Samstag mit der Regierung in Ljubljana. Er nannte die drei wichtigsten EU-Fonds, bei denen Slowenien Hilfen beantragen könne: den europäischen Mechanismus zum Katastrophenschutz, den Europäischen Solidaritätsfonds sowie die europäische Krisenreserve für die Landwirtschaft.
Das südliche Nachbarland Kroatien blieb entgegen ersten Befürchtungen von grösseren Überschwemmungen bewohnter Gebiete bis zum Samstagabend zunächst verschont. Eine klare Entwarnung gab es allerdings nicht. Wegen der erwarteten Flutwelle auf den Flüssen aus dem nördlichen Nachbarland Slowenien hatten Kroatiens Behörden mit Deichen aus Sandsäcken und stellenweiser Ableitung von Flusswasser vorgesorgt. Im nördlichen Nachbarland Österreich blieb die Lage angespannt.
(dab, mit Material von Keystone-sda)