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Wirtschaft

Trump-Zölle sorgen für Wirtschafts-Chaos: die Folgen für die Schweiz

So schlimm wie zu Corona-Zeiten: Trump stellt traurige Rekorde auf

Aus dem Trump'schen Chaos könnten zwei verschiedene Welten entstehen. Die Schweizerische Nationalbank hat erklärt, was die Folgen für die Zinsen wären.
24.03.2025, 14:2224.03.2025, 14:36
Niklaus Vontobel / ch media
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Donald Trump ist noch keine drei Monate im Amt, aber mit seinen Zöllen hat er schon für so viel Verunsicherung gesorgt, dass kreuz und quer durch die Weltwirtschaft die Alarmsirenen heulen und verschiedene Gefahrenindikatoren historische Rekordwerte erreicht haben. Mal zieht Trump damit mit Corona gleich, mal übertrifft er die Pandemie.

President Donald Trump attends the finals at the NCAA wrestling championship, Saturday, March 22, 2025, in Philadelphia. (AP Photo/Matt Rourke)
NCAA Championships Wrestling
Verwirrspiel um Trump: Die Unsicherheit erreicht Rekordwerte.Bild: keystone

In den USA erwarten die Konsumenten nun, dass ihre Lebenskosten schneller steigen werden als bisher. Laut einer Umfrage der Universität Michigan rechnen sie neu für die nächsten fünf Jahre mit einer Inflation von durchschnittlich 3,9 Prozent. Das ist mehr als zu Coronazeiten. Mehr als in den letzten 30 Jahren. Und weit mehr als die 2 Prozent, die die US-Notenbank Fed noch als Preisstabilität gelten lässt.

Die Stimmung der US-Konsumenten ist miserabel. Laut dem entsprechenden Index der Universität Michigan ging es seit der Dezemberumfrage um 17 Punkte hinab auf ein historisch schlechtes Niveau. Nochmals deutlich trauriger war die Stimmung selbst in der Coronapandemie nur während zweier Monate. Um wieder ein Stimmungsloch so tief wie das aktuelle zu finden, muss man bis ins Jahr 2009 zurückgehen. Damals waren die USA mitten in der schwersten Immobilien- und Finanzkrise seit dem Zweiten Weltkrieg.

Die Fondsmanager flüchten vor Trump

An den globalen Finanzmärkten gab es ebenfalls einen Umschwung. Die Bank of America befragt monatlich Fondsmanager in aller Welt, die zusammen fast 500 Milliarden Dollar anlegen. Laut der Umfrage haben die Fondsmanager im März die Zuversicht über das künftige globale Wirtschaftswachstum verloren, wie zuvor nur einmal in 30 Jahren – zu Beginn der Coronapandemie.

News Bilder des Tages Trump MAGA merchandise hangs above a traders working on the floor of the New York Stock Exchange on Wall Street on Election Day, Tuesday, November 5, 2024 in New York City. Voter ...
Fans: Händler mit Trump-Käppeli an der New Yorker Börse.Bild: www.imago-images.de

Und die Fondsmanager lieben Trump nicht länger, sie fürchten ihn und haben sich von US-Aktien abgewandt. Die Financial Times titelte: «Anleger reduzieren US-Aktienbestände so stark wie nie zuvor.» Auch sonst ist die Euphorie um Trump anscheinend verflogen. Laut Umfrage sind fast 70 Prozent der Meinung, dass es vorbei ist mit dem «Amerikanischen Exzeptionalismus». Also damit, dass US-Aktien mehr Rendite bringen als europäische.

Die Zukunft ist nicht mehr, was sie noch vor wenigen Wochen war. Das zeigt sich auch an einem Index für handelspolitische Unsicherheit, der in die Höhe geschossen ist und nun auf einem historischen Höchststand steht. Der an US-Universitäten entwickelte Index liegt jetzt etwa acht Mal höher als im halben Jahrhundert vor Trumps erster Amtszeit. Ein Index für geopolitische Risiken steht so hoch wie seit dem Kalten Krieg nicht mehr, abgesehen von Kriegen und grossen Terroranschlägen. Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, hat in einer Rede auf diese beiden Indizes verwiesen und daraus geschlossen: «Es ist eine neue geopolitische Ära».

Diese von Trump ausgelöste neue Ära hat eine europäische Gegenreaktion hervorgerufen, die ebenfalls Rekorde bricht. Die Investitionen, die der wohl neue deutsche Kanzler Friedrich Merz durch das Parlament gebracht hat, stossen zwar auf gemischte Reaktionen. Deutschsprachige Medien nennen Merz «Schulden-Kanzler»; englischsprachige «Fantastic, Friedrich.» Doch historisch sind sie alle mal.

Die Nationalbank rüstet sich gegen das Abwärtsrisiko

Merz wird frühere deutsche Investitions-Booms bei weitem übertreffen mit seinem «Es wird so viel ausgegeben, wie für die Verteidigung nötig». Laut eines Analysten wird Merz mehr Ausgaben auslösen, als mit dem Marshallplan der Nachkriegszeit einhergingen oder mit der deutschen Wiedervereinigung Anfang der Neunzigerjahre. Der Nachrichtendienst Bloomberg nennt es einen «epischen Richtungswechsel».

Die Reaktion auf Trump kommt zu einem bereits zuvor bestehenden Trend hinzu, unter dem die Staaten mehr Schulden anhäufen als noch vor Corona. Der Länderverein OECD warnte in einem neuen Bericht, 2025 würden die Industriestaaten gemeinsam 17'000 Milliarden Dollar neue Schulden machen – mehr als doppelt so viel wie vor zehn Jahren. Wenn Trump nicht mehr für Europas Sicherheit garantieren will, wie er dies mehrfach andeutete, wird sich dieser Trend noch verstärken.

Trumps unrühmliche Rekorde haben globale Folgen, welche auch vor der Schweiz nicht haltmachen. Einige davon hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) letzte Woche bei ihrem Zinsentscheid beschrieben. Daraus lässt sich ableiten, dass aus dem Trump'schen Chaos mit all seinen Negativrekorden zwei Welten entstehen können: eine mit steigenden und eine mit sinkenden Zinsen.

Steigende Zinsen kann es geben, wenn die mit Schulden bezahlten staatlichen Ausgaben zu einem Wirtschaftsboom führen. Für SNB-Präsident Martin Schlegel ist dies das «Aufwärtsrisiko». Der Boom würde die Schweiz erfassen, die Inflation ansteigen und die SNB ihre Leitzinsen wieder erhöhen. Dann würden auch die langfristigen Zinsen weiter steigen, etwa auf Staatsanleihen oder auf Hypotheken.

Die Zinsen würden sinken, wenn das Abwärtsrisiko von Schlegel eintrifft. «Wir dürfen nicht vergessen: Die Unsicherheit ist sehr hoch», sagte Schlegel. Wenn es ausgehend von den USA zu einer europäischen Rezession kommt, würde auch die Schweiz erfasst. Und der Franken könnte wieder stärker als sicherer Hafen dienen und damit zum Euro aufwerten. Schlegel: «Dadurch würde der ohnehin tiefe Inflationsdruck zusätzlich gesenkt.»

Im Februar 2025 hatte die Jahresinflation nur 0,3 Prozent betragen. Und auch diesen Anstieg gab es nur, weil die Mieten stark zugelegten. Sonst wären die Preise durchschnittlich gar um 0,3 Prozent gesunken. SNB-Präsident Schlegel befürchtet, dass die Inflation deutlich negativ werden würde, wenn in den USA oder in der Eurozone eine Rezession ausbricht. Da der Leitzins heute schon nur noch 0,25 Prozent beträgt, müsste die SNB zu einem Negativzins greifen. Wie Schlegel sagte: «Ist es für die Wahrung der Preisstabilität nötig, werden wir nicht zögern, dies zu tun.» (aargauerzeitung.ch)

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216 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Der Micha
24.03.2025 14:35registriert Februar 2021
Zitat Trump:

„Vom ersten Tag meiner neuen Regierung an werden wir die Inflation beenden und Amerika wieder erschwinglich machen, denn die Preise sind zu hoch“.

Noch nie ist ein Satz so schlecht gealtert.

Es gibt übrigens noch ein Zitat von Trump, was ironischerweise ziemlich passend ist:

„Viele Dinge werden am ersten Tag umgesetzt werden. Ihnen wird schwindlig werden, wenn Sie sehen, was passieren wird.“
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Amadeus
24.03.2025 14:45registriert September 2015
"Auch sonst ist die Euphorie um Trump anscheinend verflogen."

Wer jemals euphorisch war, hat wohl die letzten 8 Jahre unter einem Stein gelebt. Man wusste was passiert, wenn Trump gewählt wird. Das wirtschaftliche und politische Chaos war vorprogrammiert.
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ELMatador
24.03.2025 14:45registriert Februar 2020
Fazit: Der „Wirtschaftsexperte“ Donald J. Trump führt zu grösster Marktunsicherheit seit Generationen und einem Angstmarkt, wie man ihn zuletzt bei einer Wirtschaftsblase oder Pandemie gesehen hat. Europa reagiert geistesgegenwärtiger als je zuvor und wagt es, nach leichtem Zögern in die Bresche zu springen. Nichts Neues im Westen: Alles, was jetzt mit Trump passiert, wurde von den demokratischen Kontrahenten und Gegnern bereits aufgezeigt – aber wir wurden als Angstmacher abgetan.
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