Wladimir Putin benutzt Erdgas als «Waffe» im Konflikt mit dem Westen. Davon ist vor allem Deutschland betroffen, Europas grösste Volkswirtschaft. Sie hat sich in den letzten Jahren fast vollständig von russischen Gasexporten abhängig gemacht. Nun hat der Gazprom-Konzern die Lieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 erheblich reduziert.
Zuletzt flossen noch 20 Prozent der maximal möglichen Menge, und ab Mittwoch soll die Rohrleitung einmal mehr für drei Tage ganz abgeschaltet werden, wegen angeblicher Wartungsarbeiten. Es ist das bekannte Nervenspiel: Mit fadenscheinigen Argumenten versucht Moskau, Verunsicherung und Zwietracht zu säen und den Westen zu spalten.
Mit der drohenden Energiekrise im Winter sollen die Europäer dazu gebracht werden, ihre Unterstützung der Ukraine im Krieg mit Russland zu stoppen und Kiew womöglich in einen «Diktatfrieden» zu zwingen. Doch Putins zynisches Kalkül scheint nicht aufzugehen. In Deutschland werden die Gasspeicher trotz reduzierter Lieferungen in flottem Tempo gefüllt.
«Die Speicher füllen sich schneller als vorgegeben», sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck dem «Spiegel». Der aktuelle Füllstand beträgt rund 83 Prozent. Das entspricht einem Vorsprung von rund einem Monat auf den gesetzlich vorgegebenen Zeitplan. Demnach sollten die Speicher bis zum 1. Oktober zu 85 Prozent gefüllt sein.
Damit kann Deutschland ziemlich sicher sein Ziel erreichen, die Speicher bis Anfang November zu 95 Prozent und damit fast vollständig zu füllen. Möglich wurde dies, weil das Gros der russischen Pipeline-Importmengen «über andere Wege kompensiert» wurde, heisst es in einem internen Vermerk des Wirtschaftsministeriums, der dem «Spiegel» vorliegt.
Mit anderen Worten: Deutschland hat es in den letzten Monaten geschafft, seine Abhängigkeit von Russland erheblich zu reduzieren. In die Bresche gesprungen sind vor allem Norwegen und die Niederlande. Ab Herbst soll Frankreich als Bezugsquelle hinzukommen. Der westliche Nachbar spielte beim Gas bislang so gut wie keine Rolle.
Die relative Entspannung an der «Gasfront» ist ein Erfolgserlebnis für Robert Habeck. Der grüne Vizekanzler war dank seiner offenen, unverblümten Kommunikation trotz drohender Energiekrise in den Umfragen zum beliebtesten deutschen Politiker aufgestiegen. In den letzten Tagen jedoch erlitt das Strahle-Image des Ministers einige Kratzer.
Grund ist die Gasumlage. Hinter diesem typisch deutschen Bürokratie-Unwort steckt ein Zuschlag von 2,4 Cent pro Kilowattstunde, den alle Gaskunden ab Oktober bezahlen sollen. Damit sollen die Versorger gestützt werden, die sich wegen des Wegfalls des billigen russischen Gases für Milliarden auf den Weltmärkten eindecken müssen.
Der Energiekonzern Uniper, der grösste deutsche Gasimporteur, geriet deshalb in akute finanzielle Schieflage. Allerdings profitieren von der Gasumlage auch Firmen, die in anderen Bereichen Milliardengewinne einfahren. Habeck geriet in der regierenden Ampel-Koalition unter Druck, weshalb er am Sonntag Änderungen in Aussicht stellte.
Die deutschen Speicher sind die grössten in Europa und zentral für die Versorgung in weiten Teilen des Kontinents, auch der Schweiz. Allerdings sind sie in erster Linie als Puffer bei schwankenden Lieferungen gedacht. Mit einem Volumen von 245 Terawattstunden können sie den deutschen Bedarf (rund 1000 TWh pro Jahr) nur für zwei bis drei Monate abdecken.
Wenn jedoch die Lieferquellen weiter diversifiziert werden und die in Bau befindlichen schwimmenden Terminals für Flüssiggas (LNG) in Wilhelmshaven und Brunsbüttel bis zum Jahreswechsel planmässig in Betrieb gehen, könnte sich die Versorgungslage im Winter laut dem «Spiegel» deutlich entspannen. Aber ohne Sparmassnahmen wird es nicht gehen.
Das ist auch ein Fingerzeig an jene Länder, die von Lieferungen aus Deutschland abhängig sind. Der Entscheid des Bundesrats vom letzten Mittwoch, sich dem EU-Sparziel von 15 Prozent anzuschliessen, kam vor diesem Hintergrund keinen Tag zu früh. Dennoch sind die gefüllten deutschen Gasspeicher für die Schweiz ein Grund zur Hoffnung.
Am Montag hat der Marktpreis für europäisches Erdgas deutlich nachgegeben. Er ist aber nach wie vor weit höher als vor dem Ukraine-Krieg. Robert Habeck zeigte sich gegenüber dem «Spiegel» verhalten optimistisch: «Es ist eine sehr anspruchsvolle Lage, und grosse Einsparungen sind definitiv weiter nötig, aber wir sind als Land vorbereitet.»
- die Abhängigkeit von russischen Vorkommen wird in vielen Ländern reduziert
- Alternativen wie Wind, Photovoltaik, etc. werden massiv gefördert und stellen in naher Zukunft grössere Ressourcen zur Verfügung
- Russland wird als Partner auch in anderen Belangen weniger oder gar nicht mehr berücksichtigt
- Was nützen fossile Brennstoffe, wenn sie am Ende niemand mehr will?
Die Zeche zahlt am Ende das russische Volk.
Liefern wollen sie nicht, lagern können sie nicht, also fackeln die deppen es ab 😁