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Wirtschaft

Neue Regierung in Argentinien: Inflationsrate steigt auf 160 Prozent

Erste Effekte der neuen Regierung: Inflationsrate in Argentinien steigt auf 160 Prozent

Die Preise in Argentinien steigen derzeit schneller als erwartet. Auch ein Grund dafür ist die von der Regierung angekündigte Abwertung der Landeswährung Peso. Es werde zuerst alles schlimmer werden, bevor es besser werde, sagt der neue Wirtschaftsminister.
14.12.2023, 03:08
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Für Argentinierinnen und Argentinier wird es immer schwieriger, für Lebensmittel bezahlen zu können. Bild: keystone

Kurz nach dem Amtsantritt der neuen liberalen Regierung in Argentinien ist die jährliche Inflationsrate auf 160,9 Prozent gestiegen. Die Inflation stieg damit schneller als es zuvor erwartet wurde.

Es ist der höchste monatliche Wert in diesem Jahr. Damit wird deutlich, vor welch gewaltigen Herausforderungen der neue Präsident Javier Milei steht, wenn er die extrem schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse in den Griff kriegen will. Die Daten sind die ersten Inflationsdaten seit Mileis Amtsantritt am vergangenen Sonntag.

Allein im November legten die Preise in dem von einer schweren Wirtschaftskrise betroffenen südamerikanischen Land um 12,8 Prozent zu, wie die nationale Statistikbehörde Indec am Mittwoch in Buenos Aires mitteilte. Vor allem die Kosten für Gesundheit, Lebensmittel und Telekommunikation zogen kräftig an. Noch im Oktober lag die monatliche Inflationsrate bei «lediglich» 8,3 Prozent. Es wird erwartet, dass die Inflation in den kommenden Monaten noch schneller ansteigen wird.

Abwertung der Währung um 50 Prozent

Einer der Gründe: Mileis Regierung hat diese Woche die Landeswährung, den Peso, um mehr als 50 Prozent abgewertet. Diese Abwertung ist Teil eines umfassenden «Schockpakets», von dem sich die Regierung erhofft, dass es die Wirtschaft letztlich stabilisieren wird.

FILE - Then Finance Minister Luis Caputo attends a news conference at the Casa Rosada presidential palace, in Buenos Aires, Argentina, Dec. 30, 2016. Argentina's President-elect Javier Milei anno ...
Wirtschaftsminister Luis Caputo.Bild: keystone

Mileis Wirtschaftsminister Luis Caputo gab am Dienstag in einer Fernsehansprache den offiziellen Wechselkurs auf 800 Pesos pro Dollar bekannt – zuvor gab es für einen Dollar noch knapp unter 400 Pesos. Die Zentralbank werde eine monatliche Abwertung von 2 Prozent anstreben, so Caputo. Das Ziel der Abwertung, die vom Internationalen Währungsfonds (IWF) begrüsst wurde, sei es einfach, «eine Katastrophe zu vermeiden», sagte der Wirtschaftsminister. Und: «Wir haben kein Geld mehr.»

Die Abwertung der Landeswährung solle dem produktiven Sektor «angemessene Anreize» geben, die Produktion hochzufahren, sagte der Luis Caputo. Die Abwertung hat es unter anderem zum Ziel, die Exporte anzukurbeln – argentinische Produkte werden billiger im Vergleich mit dem Ausland – und Importe zurückzufahren. So soll am Ende das Handelsbilanzdefizit, in den Augen der Regierung die Wurzel allen Übels, verringert werden. Nach ökonomischer Logik würde das in der Folge auch die Währung stärken.

Doch davon ist Argentinien noch weit entfernt. Das gab auch Caputo zu: Es werde zuerst wohl alles schlimmer werden, bevor es dann besser werde.

1'200 Pesos für 2 Kilo Kartoffeln

Die Inflationsrate in Argentinien ist eine der höchsten der Welt. Um das Haushaltsdefizit zu finanzieren, druckte die Zentralbank bislang ständig frisches Geld. Die zweitgrösste Volkswirtschaft Südamerikas leidet unter einem aufgeblähten Staatsapparat, geringer Produktivität der Industrie und einer grossen Schattenwirtschaft, die dem Staat viele Steuereinnahmen entzieht.

«Diese explodierende Inflation wird die Menschen hart treffen», sagt ein 46-jähriger Maurer aus Buenos Aires gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. «Letzte Woche habe ich zwei Kilo Kartoffeln für 800 Pesos gekauft, diese Woche kosten sie fast 1'200 Pesos.» Er wisse nicht, ob er es sich nächste Woche noch leisten könne, die gleichen Lebensmittel zu kaufen, so der Argentinier.

Der neue ultraliberale Präsident Javier Milei will Argentinien mit einem radikalen Sparprogramm nun wieder auf Kurs bringen. Die Regierung kündigte neben der Abwertung des Pesos am Dienstag eine Reihe von Kürzungen an. Milei warnte allerdings selbst, dass die Inflation trotz des Konsolidierungskurses zunächst hoch bleiben werde.

(lak, mit Material von sda/awp/dpa)

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16 Kommentare
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N. Y. P.
14.12.2023 07:18registriert August 2018
Der neue ultraliberale Präsident Javier Milei will Argentinien mit einem radikalen Sparprogramm nun wieder auf Kurs bringen. Desweitern will er mit der Abwertung des Peso die Exporte ankurbeln.

Ok.

Geht die grosse Schattenwirtschaft aber munter weiter, kann er sich alles an den Hut schmieren.
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Ali mini äntli
14.12.2023 07:14registriert September 2021
Wirtschaftsminister Caputo. Fast scheint es dass sein Name Programm ist.
Hatte es seit dem 2. Weltkrieg mal eine Zeit gegeben, an dem Argentinien nicht an einer hohen Inflation gelitten hat? Ich kann mich nicht erinnern.
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Fred_64
14.12.2023 06:01registriert Dezember 2021
Es werde zuerst wohl alles schlimmer werden, bevor es dann besser werde.
Dann ist die Hoffnung wohl deutlich grösser als die Voraussicht... 🫣😅
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