Jahrzehntelang bildeten Charles und David Koch die Speerspitze der konservativen Mäzene, welche die Grand Old Party fest im Griff hatte. Wer als Republikaner in den Kongress oder gar ins Weisse Haus wollte, der musste zuerst zu ihnen pilgern, denn sie spendeten nicht nur selbst in der Höhe von hunderten von Millionen Dollar. Sie waren auch Dreh- und Angelpunkt eines Netzes von konservativen Milliardären, wie etwa dem Kasino-Mogul Sheldon Adelson.
Die Koch-Brüder sind – oder waren, David ist inzwischen verstorben – überzeugte Libertäre und verehren Ayn Rand, Ludwig von Mises und Friedrich Hayek. Doch sie sind auch Gentlemen und gehören zur Sorte Konservativer, die überzeugt sind, Gott habe die Grand Old Party (GOP) geschaffen, um Steuern zu senken.
Deshalb favorisierten sie Politiker wie Paul Ryan, den ehemaligen Speaker des Abgeordnetenhauses, oder Scott Walker, den ehemaligen Gouverneur von Wisconsin. Donald Trump hingegen hielten sie sich vom Leibe. Zu vulgär, zu populistisch, zu unberechenbar erschien er ihnen. Ja, im Wahljahr 2016 wollte Charles Koch zeitweise gar Hillary Clinton unterstützen. Sie lehnte dankend ab.
Auftritt Peter Thiel. Auch der heute 54-jährige Financier ist ein überzeugter Libertärer. Er hat ebenfalls Rand, Hayek und von Mises verschlungen und will aus dem Staat Gurkensalat machen. Einst wollte er gar eine schwimmende Kolonie für Superreiche gründen, auf der es weder eine Regierung noch Steuern gibt.
Anders als die Koch-Brüder kennt Thiel jedoch keine Berührungsängste. Wahrscheinlich hält auch er Trump für einen vulgären Dummkopf, doch er sieht in ihm vor allem ein Instrument, um seine politischen Absichten zu verfolgen. Trump ist für Thiel eine Abrissbirne, die es braucht, um die bestehende Ordnung zu zerschlagen.
Die «New York Times» fasst Thiels aktuelle Sicht der Welt wie folgt zusammen: «Er ist getrieben von einer Weltanschauung, wonach das Establishment und die Globalisierung versagt haben, wonach die Immigrationspolitik den Mittelstand ausplündert, und wonach die nationalen Institutionen des Landes zerstört werden müssen.»
Wie Trump ist jedoch auch Thiel ein wandelnder Widerspruch. Er ist schwul, aber gleichzeitig tiefgläubiger Christ. Er ist dank Big Tech Milliardär geworden, ist heute jedoch einer der härtesten Kritiker von Google & Co. Aber der Reihe nach:
Peter Thiel wurde einst in Frankfurt geboren, verbrachte seine Kinderjahre in Namibia, bevor seine Eltern nach San Francisco auswanderten. Der Tech-Journalist Max Chafkin hat unter dem Titel «The Contrarian» eine Biografie von Thiel verfasst. Darin schildert er Thiel als Jugendlichen, der kaum Freunde hatte. Er war der Typ Teenager, der in der Sportstunde als Letzter ins Fussball-Team gewählt wird. Stattdessen wurde Thiel ein brillanter Schachspieler.
Thiel ist jedoch kein Tech-Nerd. Er hat zwar an der renommierten Stanford University in Palo Alto studiert, aber nicht Computerwissenschaft, sondern Philosophie und Recht. Sein Denken wurde dabei stark von René Girard geprägt, einem französischen Philosophen. Dessen Kernbotschaft lautet: Die meisten Menschen sind unfähig, selbst zu denken und ahmen deshalb andere nach.
Schon in seiner Studienzeit betätigte sich Thiel politisch. Er war Mitbegründer einer konservativen Studentenzeitung, die «alternative Thesen» zum herrschenden linksliberalen Mainstream verbreitete. Eine dieser These lautete etwa, dass es ein Fehler gewesen sei, den Frauen das Stimmrecht einzuräumen; oder dass Demokratie und Freiheit langfristig unverträglich seien.
Obwohl er an einer Eliteuniversität studierte, hält Thiel heute nichts mehr von einer akademischen Laufbahn. Im Gegenteil: Er gründete einst einen Fonds, der Start-up-Unternehmern ein 100’000-Dollar-Stipendium in Aussicht stellt, vorausgesetzt, sie brechen ihr Studium ab.
Thiel selbst gründete nach seinem Studium und nach einem kurzen, erfolglosen Abstecher an die Wall Street ein Start-up, das den Zahlungsverkehr revolutionierte. Weil im Nachbarhaus ein gewisser Elon Musk das gleiche Ziel verfolgte, beschloss man zu fusionieren. PayPal war geboren und wurde später mit sehr grossem Gewinn an Ebay verkauft.
Thiel und Musk waren jedoch keineswegs Pals (Kollegen), wie oft fälschlicherweise kolportiert wird. Im Gegenteil, Thiel hat Musk aus dem Unternehmen gemobbt, weil dieser ihm zu wenig finanztechnisch dachte. Er hat deswegen auch nie in Tesla investiert.
Stattdessen hat Thiel seinen Gewinn aus dem PayPal-Verkauf in ein aufstrebendes Start-up namens Facebook gesteckt und damit den Grundstein für sein Milliardenvermögen gelegt. Heute wird dieses Vermögen von «Forbes» auf 2,6 Milliarden Dollar geschätzt.
Thiel wurde auch einer der ersten Verwaltungsräte bei Facebook (heute Meta). Dieses Amt hat er kürzlich niedergelegt, um sich ganz seiner neuen Rolle widmen zu können: Er will Königsmacher der Rechten werden.
Schon 2016 hat Thiel für Trump gespendet, etwas, was im Silicon Valley im besten Fall mit Kopfschütteln quittiert wurde. Als Trump gewählt wurde, war er Teil des Teams, das den Regierungs-Übergang organisierte. Dabei wurde er ein guter Kumpel von Steve Bannon und erntete die Bewunderung des Ex-Präsidenten. «Sie sind ein ganz spezieller Typ», soll ihn Trump gelobt haben.
Nun will er erneut Trump unter die Arme greifen. Er unterstützt in den Vorwahlen Kandidaten der GOP, die gegen Abgeordnete antreten, die sich für ein zweites Impeachment für Trump ausgesprochen hatten. In erster Linie ist dies eine gewisse Harriet Hageman, welche Liz Cheney aus ihrem Amt bugsieren will. Insgesamt sind es zehn solcher Kandidaten, die Thiel mit rund 20 Millionen Dollar unterstützt.
Ebenfalls in den Genuss von Thiels Millionen kommt JD Vance. Dieser wurde vor Jahren bekannt als Autor des Buches «Hillbilly Elegy». Darin schildert er seinen Aufstieg aus dem weissen Lumpenproletariat zum erfolgreichen Absolventen einer Prestige-Universität.
JD Vance war ursprünglich ein gemässigter Republikaner und Never Trumper. Das hat sich geändert, seit er Senator für seinen Heimatstaat Ohio werden will. Nun gehört er dem extremen Flügel der GOP an und ist stolz darauf, dass seine Kandidatur von der durchgeknallten Abgeordneten Marjorie Taylor Greene unterstützt wird. (Das ist die, welche Gestapo und Gazpacho nicht unterscheiden kann.)
Ebenfalls von Thiels Geldsegen profitieren können Josh Hawley – ein Senator aus Missouri und Möchtegern-Trump –, und selbstverständlich Ted Cruz. Thiels Ambitionen gehen jedoch weit darüber hinaus, ein paar Abgeordnete und Senatoren in den Kongress zu hieven. So erklärte Steve Bannon gegenüber der «New York Times»: «Ich glaube nicht, dass er sich damit begnügt, ein paar Sitze im Senat zu gewinnen. Er will die Ausrichtung des Landes grundlegend verändern.»
Thiel selbst spricht von den USA als einem «geistesgestörten Land» und verurteilt die Biden-Regierung aufs Schärfste: «Das sind alles Zombies, die nichts anderes tun, als die Liegestühle auf dem Sonnendeck neu zu arrangieren. Deshalb brauchen wir dissidente Stimmen mehr denn je.»
In seiner Antrittsrede hat Trump seinerzeit geradezu lustvoll von einem «amerikanischen Blutbad» (american carnage) gesprochen. Auch Thiel sehnt sich nach einem Chaos, aus dem eine libertär-faschistische neue Weltordnung auferstehen kann. Er selbst geht jedoch auf Nummer sicher. Deshalb hat er sich in Neuseeland einbürgern lassen und eine Liegenschaft gekauft. Man kann ja nie wissen.
Nicht zu verwechseln mit anderen Clowns und Demagogen in freier Wildbahn.
Bei uns gibt es ja ein fast identisches Exemplar, einfach ohne Kohle.
Ein Possenreißer für "geistig" Arme.
(Immer schön korrekt bleiben)