Die deutsche Automobilbranche steht vor schweren Zeiten. In den USA hat die Regierung unter Donald Trump seit April neue Zölle auf europäische Fahrzeuge eingeführt. Nun erwägen die Hersteller neue Strategien. So erwägen die Marken Porsche und Audi laut einem Bericht des «Handelsblatt» künftig eine eigene Produktion in den USA.
Ab April galt für europäische Autobauer ein branchenspezifischer Aufschlag von 27,5 Prozent. In der Zukunft sollen die Zölle auf 15 Prozent sinken. Besonders hart trifft es auch Porsche. Das Unternehmen muss ohne eigene Produktion in den USA sämtliche Fahrzeuge dorthin exportieren – ein teures Geschäftsmodell in Zeiten politischer Abschottung. «Zölle zu umgehen bedeutet, Kosten zu senken», erklärt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer jetzt im Gespräch mit n-tv.
Bei Audi wird demnach als möglicher Standort für ein Werk Chattanooga im US-Bundesstaat Tennessee geprüft. Die Schwestermarke Volkswagen betreibt dort bereits eine Produktion. Die Kosten für das US-Werk werden dem Bericht zufolge auf einen niedrigen einstelligen Milliardenbetrag und die Bauzeit auf mehr als zwei Jahre geschätzt. Die jährliche Produktionskapazität soll bei 150'000 bis 200'000 Fahrzeugen liegen. Laut einem hochrangigen Entscheidungsträger im VW-Konzern sei eine Entscheidung abhängig von den aktuellen Gesprächen zwischen VW-Chef Oliver Blume und der US-Regierung um Präsident Donald Trump.
Ein Werk in den USA hätte für Audi laut Dudenhöffer gleich zwei Vorteile: Zum einen könnten Fahrzeuge zollfrei in den US-Markt eingeführt werden, zum anderen sogar ohne Abgaben nach Europa zurück exportiert werden. Die Kostenersparnis könnte sich nach seinen Berechnungen auf bis zu 30 Prozent belaufen, so der Leiter des CAR-Instituts. Damit gibt es einen klaren Wettbewerbsvorteil gegenüber Herstellern, die weiterhin in Europa oder Mexiko produzieren.
Bisher galt Mexiko als günstiger Standort für deutsche Hersteller. Audi, VW und BMW betreiben dort eigene Werke. Doch Trump belegt seit einiger Zeit auch den Import aus Mexiko mit 27,5 Prozent Zoll. Mercedes-Benz und BMW sind jedoch mit ihrer lokalen Produktion bereits grosse Arbeitgeber in den USA. Von dort exportieren sie verschiedene SUV-Modelle auch nach Europa.
Allein werde Audi ein neues Werk jedoch kaum auslasten, so Dudenhöffer. Deshalb fordert der Autoexperte: «Ein Audi-Werk muss Porsche in die Planungen einbeziehen. Die beiden VW-Töchter sollten sich ein neues Werk in den USA teilen. Nur das ist wirtschaftlich sinnvoll.» Ein gemeinsames Werk böte die Möglichkeit, Investitionen in Karosserie, Lackierung und Montage zu teilen. Modelle wie der Audi Q5 und der Porsche Macan basieren ohnehin auf ähnlichen Plattformen.
Dudenhöffer betont: «In der Autoindustrie denkt man seit gut 20 Jahren nicht mehr in Marken-Werken, sondern in Konzern-Werken.» Die Strategie sei klar: Plattformen bündeln, Kosten senken – Unterschiede bei Motoren oder Ausstattung liessen sich problemlos innerhalb eines gemeinsamen Werks umsetzen.
Für Trump könnte eine US-Produktion von Audi und Porsche sogar ein Prestigeprojekt sein. «Porsche und Audi in den USA wären ein doppelter Gewinn für ihn: Arbeitsplätze und eine Stärkung der heimischen Wirtschaft», erklärt Dudenhöffer. Volkswagen könnte so womöglich sogar Strafzölle abmildern oder sich Sonderkonditionen sichern. «Vor allem ein Porsche 'Made in USA' wird Trump gefallen und von ihm als Triumph gefeiert werden.» Die Gefahr eines möglichen Image-Schadens für Porsche sieht der Experte bei der Strategie nicht.
Porsche sah sich im Juli mit einem drastischen Rückgang des Gewinns um rund 90 Prozent konfrontiert und verbuchte im ersten Halbjahr Verluste durch die US-Zölle von etwa 400 Millionen Euro. Laut Porsche-Chef Oliver Blume ist die Lage ernst: Es handle sich nicht um ein vorbeiziehendes Unwetter, sondern um eine fundamentale Veränderung der Weltwirtschaft. «Es ist kein Unwetter, das vorüberzieht. Die Welt verändert sich massiv – und vor allem anders als noch vor einigen Jahren erwartet», sagte Blume.
Insgesamt schrumpfte der Betriebsgewinn in den ersten sechs Monaten um zwei Drittel auf etwa eine Milliarde Euro. Das Unternehmen rechnet für das Gesamtjahr mit einer Umsatzrendite von nur noch fünf bis sieben Prozent – ein enormer Rückschritt gegenüber früheren Zielmarken von zehn bis zwölf Prozent.
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