
Der Hafen von George Town, der Hauptstadt der Cayman Islands.
05.11.2017, 18:5006.11.2017, 10:52
Darum geht es
- Fast 400 Journalisten von 97 Medienorganisationen in 67 Ländern haben ein riesiges Datenleck ausgewertet.
- Die 13 Millionen ausgewerteten Dokumente stammen knapp zur Hälfte aus Beständen der Anwaltskanzlei Appleby. Ihre 200 Anwälte sind hauptsächlich auf den Karibikinseln Bermudas und Cayman Island domiziliert.
- Der Rest der Dokumente stammen aus Firmenregistern von insgesamt19 Offshore-Oasen in aller Welt. Auch Dokumente eines Trusts namens Asiatici wurden ausgewertet.
- In der Schweiz waren der «Tages-Anzeiger» und die «SonntagsZeitung» an den Recherchen beteiligt. Unter anderem sollen die Namen von SBB-Präsidentin Monika Ribar und Glencore-CEO Ivan Glasenberg in den Papieren auftauchen.
- International bekannte Namen sind US-Aussenminister Rex Tillerson, Queen Elizabeth II. und Prince Charles.

Bild: Chris Pizzello/Invision/AP/Invision
Der britische
«Guardian» berichtet, dass auch der Namen des
U2-Frontmanns
Bono Vox in den Paradise Papers auftaucht. Er soll an einer in Malta registrierten Firma namens Nude Estates beteiligt gewesen sein, welche in ein Einkaufszentrum in Litauen zu investieren. Nude Estates erwarb für rund 6,6 Millionen Franken ein Shopping-Center in der Stadt Utena, 97 Kilometer nördlich der Hauptstadt Vilnius. Die Immobilie wurde in den Besitz einer litauischen Tochtergesellschaft von Nude Estates übertragen. 2012 wurde das Geschäft einer Firma namens Nude Estates 1 auf der englischen Kanalinsel Guernsey übertragen, die 2015 aufgelöst wurde. Eine Sprecherin des U2-Sängers sagte gegnüber dem «Guardian»: «Bono war ein passiver Minderheitsinvestor in Nude Estates Malta, welche dort legal registriert war.»

Bild: EPA/UPI POOL
Gemäss einem Bericht des «Tages-Anzeigers» (kostenpflichtiger Artikel) soll ein enger Vertrauter des kanadischen Premiers Justin Trudeau (Bild) in fragwürdige Trusts-Deals verstrickt sein. Der Berater, Stephen Bronfman, ist heute der heute Finanzchef in Trudeaus Liberaler Partei ist und gehört einer der reichsten Familien Kanadas an. Zusammen mit seinem Partner, dem liberalen Ex-Senator Leo Kolber, nutzte Bronfman Konstrukte auf den Cayman Islands, um so mehrere Dutzen Millionen US-Dollar des Familienvermögens zu parkieren. Die kanadischen Steuerbehörden hatten keinen Zugriff auf das Geld. Dadurch sind dem kanadischen Staat durch ein kompliziertes Konstrukt von Briefkastenfirmen womöglich Millionen Dollar an Steuern entgangen. Weder Trudeau noch sein Berater haben sich laut dem «Tages-Anzeiger» auf Anfrage dazu geäußert.
Die Vermögensverwalter von Queen Elizabeth II. sollen über einen Fonds auf den Kamaninseln an einer Firma beteiligt gewesen sein, die Haushaltsgüter auf Raten verkauft. In den Paradise Papers soll es indirekte Hinweise darauf geben.
So funktionieren Offshore-Firmen - kurz und knackig zusammengefasst

Bild: J. Scott Applewhite/AP/KEYSTONE
Gemäss den «Paradise Papers» soll Donald Trumps Handelsminister Wilbur Ross mithilfe eines komplexen Geflechts von Offshorefirmen Anteile an der Reederei Navigator halten. Sie transportiert für den staatsnahen, russischen Energiekonzern Sibur Flüssiggas nach Europa.
In der Schweiz werteten die Redaktionen von
«Tages-Anzeiger» und «SonntagsZeitung» die Dokumente aus. Angeblich sollen darin unter anderem die Namen von SBB-Präsidentin
Monika Ribar, von Glencore-CEO
Ivan Glasenberg und des schweizerisch-angolanischen Geschäftsmannes
Jean-Claude Bastos vorkommen. International bekannte Namen, welche in den Papers sind der US-Aussenminister
Rex Tillerson, US-Handelsminister
Wilbur Ross sowie
Prince Charles und
Queen Elizabeth II..
Der Investigativ-Chef der «Süddeutschen Zeitung», Bastian Obermayer, erklärt die Dimensionen der «Paradise Papers». Es handelt sich um über 13 Millionen Dokumente, welche über 380 Journalisten von 97 Medienorganisationen aus 67 Ländern während rund eines Jahres auswerteten.
Auf Twitter machen unter dem Hashtag #ParadisePapers Ankündigungen die Runde, nach denen heute Abend verschiedene Medien aus mehreren Ländern Recherchen zu Offshore-Daten veröffentlichen wollen.
Das «International Consortium of Investigative Journalists» (ICIJ) veröffentlichte auf seinem Twitter-Kanal ein kurzes Video, indem Direktor Gerald Ryle ankündigte, das die Muster, welche man bereits bei den «Panama Papers» gesehen habe, sich in den neusten Enthüllungen wiederholen sollen: «Die Dokumente sprechen für sich selber», so Ryle.
Das ICIJ, ein internationales Netzwerk, in dem über 200 investigative Journalisten zusammengeschlossen sind, hat schon bei den Enthüllungen rund um die Panama Papers eine zentrale Rolle gespielt. Damals veröffentlichten internationale Medien Dokumente aus den Beständen der Anwaltskanzlei Mossack Fonseca in Panama. Als Folge der teilweise illegalen Offshore-Konstrukte, welche mithilfe der Dokumente enthüllt wurden, traten unter anderem der isländische Premierminister zurück.
Wie die Westschweizer Zeitung «Le Temps» berichtet, soll es sich bei den #ParadisePapers um Dokumente aus Beständen der Anwaltskanzlei Appleby handeln. Appleby ist unter anderem auf den Karibikinseln Bermudas und Cayman Islands domiziliert und beschäftigt insgesamt 470 Mitarbeiter, darunter 200 Anwälte. Die Firma hatte bereits am 27. Oktober in einer Mitteilung geschrieben, dass sie Anfragen von Journalisten des ICIJ erhalten habe.
Ohne das Datenleck konkret zu bestätigen, kommt die Erklärung von Appleby alles andere als wie ein Dementi daher. Die Kanzel zeigt sich «enttäuscht, dass Medienschaffende Informationen publizierten könnten, die möglicherweise aus illegal beschafftem Material stammen und dazu führen könnten, dass sich unschuldige Parteien mit einem Verstoss gegen den Datenschutz konfrontiert sehen.»
Die Kanzlei betont, man habe die Anschuldigungen des ICIJ und seiner Partner überprüft und sei zum Schluss gekommen, dass diese Anschuldigungen auf einem mangelhaften Verständnis der legitimen und legalen Strukturen des Offshore-Banking-Sektors beruhten. Sollte es zu einer Untersuchung durch Strafverfolgungsbehörden kommen, werde man jederzeit vollständig mit diesen kooperieren. (cbe)
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Der Westschweizer Konzern musste wegen der verhängten Zölle aus den USA seinen Ausblick senken. CEO Hanneke Faber sagt nun, wie sie mit der unsicheren Situation umgeht.
Eigentlich könnte Hanneke Faber rundum zufrieden sein. Die Niederländerin ist seit Ende 2023 Chefin des Computerzubehör-Herstellers Logitech mit Sitzen in Lausanne VD und im kalifornischen Silicon Valley. Die einstige Spitzen-Taucherin, Unilever-Managerin und einzige weibliche CEO eines SMI-Unternehmens übernahm die Leitung der Firma zu einer Zeit, in der die Analysten mit den Logitech-Resultaten nicht mehr zufrieden waren. Nach dem Homeoffice-Boom während Corona verfehlte Logitech die Wachstumsziele.
Und zur Erinnerung: Unser Vorsteher des eidgenössischen Finanzdepartements findet es gut, dass es für die Reichen diese Möglichkeit gibt. Ueli Maurer kann das öffentlich sagen. Und Bundesrat bleiben. Willkommen in der Schweiz.
Solche Steuervermeidungskonstrukte sind legal.
Auch bei den Panama-Papers war das Meiste legal.
Und:
die Schweiz macht ja immer mit, wenn es um Steuervermeidung geht. Stichwort: Pauschalbesteuerung. Diese wurde auch schon an Abstimmungen akzeptiert.
Lange Jahre bauten die Schweiz und ihre Banken auf das Bankgeheimnis und mehrten die Wohlstand.
Also, nicht zu hart umgehen mit dem Paradies sondern sich an der eigenen Nase fassen.