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Boris Becker muss 2,5 Jahre ins Gefängnis – ohne Bewährung

Boris Becker muss 2,5 Jahre ins Gefängnis – ohne Bewährung

29.04.2022, 16:4829.04.2022, 21:38
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Tennis-Legende Boris Becker muss ins Gefängnis. Ein Gericht in London verurteilte den Deutschen am Freitag wegen mehrerer Insolvenzstraftaten zu zweieinhalb Jahren Haft. Davon muss der 54-Jährige die Hälfte absitzen, bevor er den Rest auf Bewährung in Freiheit verbringen darf, wie Richterin Deborah Taylor am Southwark Crown Court entschied. Der dreifache Wimbledon-Sieger wurde umgehend in Gewahrsam genommen. Er hat nun 28 Tage Zeit, um gegen das Urteil Rechtsmittel einzulegen.

Becker war 2017 gerichtlich für zahlungsunfähig erklärt worden und musste daraufhin sein Vermögen offenlegen. Dennoch verschwieg er mehrere Besitztümer. Eine Jury sprach den Deutschen deshalb vor drei Wochen in 4 von 24 Anklagepunkten schuldig. Die Laienrichter gelangten zu der Ansicht, dass Becker eine Immobilie in seinem Heimatort Leimen im Schätzwert von rund 1,2 Millionen Euro verschleierte, unerlaubterweise insgesamt 427 000 Euro auf andere Konten überwies sowie Anteile an einer Firma für künstliche Intelligenz im Wert von 78 600 Euro und eine Darlehensschuld in Höhe von 825 000 Euro verschwieg.

Former tennis player Boris Becker arrives at Southwark Crown Court in London, Friday, April 29, 2022. Becker was found guilty earlier of dodging his obligation to disclose financial information to set ...
Boris Becker muss ins Gefängnis.Bild: keystone

Richterin Taylor kritisierte, Becker habe keine Reue gezeigt und versucht, sich von Beratern, die er für seine Probleme verantwortlich machte, zu distanzieren. Er habe seine Pflichten wegen der Insolvenz gekannt. Eine grosse Summe Geld sei für immer verloren und könne nicht Beckers Gläubigern zugutekommen. Zugleich erkannte Taylor an, dass Beckers Karriere und Image endgültig zerstört seien.

Taylor verurteilte Becker wegen der unerlaubten und vorsätzlichen Überweisung von mehreren Hunderttausend Euro zu zweieinhalb Jahren Haft. Wegen der anderen drei Schuldsprüche ordnete sie jeweils 18 Monate Haft an. Da die Strafen formal parallel verbüsst werden, ergab sich die Gesamtdauer von 30 Monaten Haft. Die Insolvenzbehörde (Insolvency Service) teilte nach der Verkündung des Strafmasses mit, dieses zeige klar, «dass es ein ernstzunehmendes Verbrechen ist, Vermögen in einer Insolvenz zu verbergen, für das wir Täter verfolgen und ihrer Strafe zuführen».

Staatsanwältin Rebecca Chalkley hatte Becker zuvor einen schweren Vertrauensbruch vorgeworfen. Sie verwies zudem darauf, dass er in Deutschland wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden war - dies erwähnte auch Richterin Taylor anschliessend als strafverschärfend. Chalkley nannte keine Strafmassforderung, machte aber deutlich, dass sie eine Bewährungsstrafe nicht für ausreichend hält. Dass er am Tag nach der gerichtlich angeordneten Insolvenz noch hohe Summen überwiesen hatte, ähnele Geldwäsche.

Beckers Anwalt Jonathan Laidlaw hingegen bat in seinem Schlusswort um Milde und sprach sich für eine Bewährungsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren aus. Bei den Überweisungen habe es sich um Zahlungen an seine Ex-Frau Barbara sowie seine Gattin Lilly und seine Kinder gehandelt, die von ihm abhängig gewesen seien. Laidlaw räumte ein, dass Becker damit das Gesetz gebrochen hatte, es sei aber kein schwerwiegender Fall. Der 54-Jährige habe sich in einer verzweifelten finanziellen Lage befunden. Seine Karriere und sein Ruf seien zerstört. «Er hat praktisch alles verloren», sagte Laidlaw. Becker äusserte sich nicht.

Am Gerichtshof Southwark Crown Court herrschte zur Entscheidung grosser Andrang. Die Sitzung wurde deshalb in einen deutlich grösseren Saal verlegt. Becker kam wie bei jeder Sitzung in Begleitung seiner Partnerin Lilian De Carvalho Monteiro, das Paar hielt Händchen, als es an zahlreichen Fotografen und Kameraleuten vorbei ins Gericht ging. Beckers ältester Sohn Noah trug eine gepackte Reisetasche, die zu Becker in den Glaskasten gestellt wurde, in dem sich der Angeklagte aufhalten muss.

Der Präsident des Deutschen Tennis Bundes (DTB), Dietloff von Arnim, bekräftigte vor der Strafmassverkündung seine Loyalität mit Becker. Dieser habe für das deutsche Tennis «unstreitig herausragende Erfolge» gefeiert, sagte von Arnim am Freitag am Rande des Sandplatzturniers in München. «Wir stehen da, würde ich sagen, treu an der Seite unserer Tennis-Ikone.» (saw/sda/dpa)

Boris Becker - Aufstieg und Fall einer Tennislegende

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Boris Becker - Aufstieg und Fall
Gerade einmal 16 Jahre alt ist Boris Becker, als seine Karriere als Profi-Tennisspieler beginnt. Im Jahr 1984 schafft er es in Wimbledon bis in die dritte Runde und beim Australian Open sogar ins Viertelfinale. (AP Photo/Robert Dear)
quelle: ap / bob dear
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40 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Bob Dalyn
29.04.2022 16:53registriert März 2017
Ach Bobbele, warum bist du nach der Besenkammer nicht vernünftiger geworden?
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dmark
29.04.2022 17:30registriert Juli 2016
Wenn du dein Vermögen so gut versteckt hast, dass du es selbst nicht mehr findest...
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L.G.
29.04.2022 17:10registriert Juni 2016
Ihm hat ja 7 Jahre gedroht, mit 2,5 jahren ist er gut weg gekommen. Davon muss er ja "nur" die Hälfte absitzten.
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