International
Wirtschaft

EU-Haushalt: Deutsche zahlen Rekordbeitrag, Polen grösster Empfänger

EU-Haushalt: Deutsche zahlen mit 25 Mrd. Euro Rekordbeitrag, Polen grösster Empfänger

29.12.2022, 07:45
Mehr «International»
epa10360660 A European flag flies in front of the European Commission headquarters in Brussels, Belgium, 11 December 2022. EPA/STEPHANIE LECOCQ
Bild: keystone

Der deutsche Finanzierungsbeitrag zum EU-Haushalt ist im vergangenen Jahr auf einen neuen Rekordwert gestiegen. Nach Berechnungen der Deutschen Presse-Agentur steuerte die Bundesrepublik 2021 netto etwa 25.1 Milliarden Euro zu den Gemeinschaftsausgaben der Europäischen Union bei. Frankreich gab unter dem Strich mit 12.4 Milliarden Euro nur etwa halb so viel Geld, Italien mit rund 3.2 Milliarden Euro weniger als ein Siebtel.

Der in absoluten Zahlen grösste Nettoempfänger war den Berechnungen zufolge Polen, das aus dem EU-Haushalt etwa 11.8 Milliarden Euro mehr herausbekam, als es einzahlte. Danach folgten Griechenland mit 4.5 Milliarden Euro, Ungarn mit rund 4.1 Milliarden Euro und Rumänien mit knapp 4 Milliarden Euro.

Im Jahr 2020 hatte der deutsche Netto-Beitrag mit etwa 19.4 Milliarden Euro noch deutlich niedriger gelegen. Bei den Verhandlungen zum EU-Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis 2027 willigten die Bundesrepublik und die anderen Nettozahler dann jedoch ein, ihre Beiträge noch einmal zu erhöhen, um den durch den EU-Austritt des Nettozahlers Grossbritannien entstehenden Verlust weitgehend auszugleichen.

Polen und Ungarn umstritten

Politisch brisant sind die Zahlen vor allem wegen der grossen Geldflüsse nach Polen und Ungarn. Beide Staaten stehen in der Kritik, weil ihnen gravierende Verstösse gegen Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit und andere Grundwerte der EU vorgeworfen werden. Vorläufig eingefroren wurden deswegen aber bislang nur bestimmte für Ungarn vorgesehene Mittel aus dem Gemeinschaftshaushalt.

1000 Jahre Europa in 75 Sekunden

Video: watson/Aya Baalbaki

Die sowohl für den EU-Haushalt als auch für die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit in der EU zuständige EU-Kommission wollte die Zahlen auf Anfrage der dpa nicht kommentieren. Die Brüsseler Behörde veröffentlicht seit einiger Zeit nicht mehr die Bilanzen, weil sie befürchtet, dass die Zahlen politisch instrumentalisiert werden könnten - zum Beispiel von EU-Gegnern in den Nettozahler-Ländern.

Zudem wird in der Kommission darauf verwiesen, dass der EU-Haushalt im Vergleich zu den nationalen Budgets sehr klein sei und dass sich der Nutzen der EU-Mitgliedschaft nicht allein aus den Haushaltszahlen ableiten lasse. So wird zum Beispiel argumentiert, dass die finanziellen Vorteile, die Exportnationen wie Deutschland durch freien Warenverkehr haben, aussen vor blieben.

Dies wird auch in Berlin so gesehen. «Keine andere europäische Volkswirtschaft profitiert so sehr vom EU-Binnenmarkt wie die deutsche», heisst es auf einer Webseite der Bundesregierung. Deutschland zahle viel Geld in den EU-Topf ein, profitiere aber noch mehr davon.

Wie viel Geld ein EU-Staat in den Gemeinschaftshaushalt einzahlen muss, richtet sich im Wesentlichen nach seinem Anteil an der Wirtschaftskraft der EU. Pro Kopf gerechnet sind neben den Deutschen vor allem auch die Dänen, Schweden, Niederländer und Österreicher wichtige Nettozahler. (aeg/sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
32 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Amateurschreiber
29.12.2022 09:47registriert August 2018
Die Deutschen haben nach Belgien die zweithöchste Steuerlast in der EU. Trotzdem haben sie mikrige Renten, marode Bahnen und Schulen, lahmes Internet und eine kaputtgesparte Armee.
Deutschland sollte entweder die Grosskonzerne und Superreichen höher besteuern, Vetternwirtschaft in der Politik unterbinden (unnötige Grossprojekte, Mautdebakel) oder weniger an die EU abliefern. Zumindest meiner Meinung nach.
283
Melden
Zum Kommentar
32
Warum so politisch? Wir müssen ändern, wie wir über 4-Tage-Wochen und Co. reden
Reden wir in der Schweiz über New Work, also neue Formen des Arbeitens, wird die Diskussion sofort politisch. Dabei sollten wir die Wissenschaft einfach in Ruhe dazu forschen und die Unternehmen ihre Wege finden lassen.

Ich stelle mir gerade vor, wie ich vor 50 Jahren meinen Job erledigt hätte. Alleine für diesen Artikel hätte ich mich in ein Archiv begeben müssen. Dann hätte ich mir Notizen gemacht, wäre zurück an meinen Arbeitsplatz und hätte in meine Schreibmaschine getippt. Wäre ein Tippfehler aufgetaucht, wovon ich schwer ausgehe, hätte ich das Blatt entfernen, den Fehler mit Tipp-Ex überstreichen und das Papier wieder einsetzen müssen. (So zumindest stellt man sich das als Gen Y vor.)

Zur Story