Tot lag der Vogel vor zehn Tagen am Ufer des Bodensees bei Triboltingen TG: Die Mittelmeermöwe hatte sich mit dem Vogelgrippevirus H5N1 infiziert. Für ein Gebiet am Bodensee und Rhein hat das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) deshalb Präventionsmassnahmen angeordnet.
Seit 2021 haben sich H5N1-Viren der Untervariante mit der Bezeichnung «Klade 2.3.4.4b» zu einem dominanten Viren-Stamm bei Wildvögeln, Geflügel und Milchkühen entwickelt. Auch andere Säugetierarten an Land und im Meer sowie Menschen haben sich damit infiziert. Insbesondere in den USA wütet H5N1 zur Zeit recht stark. Dort gelingt es seit mehreren Monaten nicht, die Vogelgrippe-Ausbrüche unter Rindern zu stoppen. Das Virus ist mittlerweile in etwa 700 Rinderfarmen gefunden waren. Aus Oregon wurde bekannt, dass sich auch zwei Schweine mit dem Vogelgrippevirus infiziert haben.
Angesteckt haben sich auch 58 Menschen, die allermeisten über erkrankte Kühe und Geflügel auf den Bauernhöfen. In den USA waren die Verläufe relativ mild: Bindehautentzündungen, Husten und Fieber waren die Symptome. Erstmals ist aber in Kanada ein Teenager schwer erkrankt. Besorgt sind die Virologen, weil sich das Virus nach der Infektion im Körper des Kanadiers verändert hat. Das Virus ist mutiert und hat sich an den menschlichen Wirt angepasst. Und zwar an einer wichtigen Stelle des Virus beim viralen Protein Hämagglutinin (HA).
Ein Forscherteam um Ian Wilson vom Scripps Research Institute in La Jolla hat das Hämagglutinin, das in Rindern gefunden wurde, in einer im Fachmagazin «Science» publizierten Studie genau untersucht. Die Studienautoren schreiben, weil das Virus sporadisch von Haustieren auf Menschen übertragen wird, «könnte es in einer immunologisch ungeschützten menschlichen Bevölkerung auch als neuer Pandemiestamm auftreten.»
Im Labor konnten die kalifornischen Forscher zeigen, dass sich das unter den Rindern kursierende Vogelgrippevirus relativ leicht an den Menschen anpasst. Bereits eine einzelne veränderte Aminosäure würde reichen, dass das Hämagglutinin spezifisch an Rezeptoren auf menschlichen Wirtszellen binden könnte. Das wird als Voraussetzung für die Übertragung des Virus von Mensch zu Mensch angesehen. Und solche Rezeptoren kommen in den oberen Atemwegen des Menschen sehr häufig vor.
Wilsons Forscherteam stellt auch fest, dass eine weitere zweite Mutation den Effekt noch verstärkt. Mit dieser bindet das HA-Protein noch besser an menschliche Rezeptoren an.
«Die Arbeit von Wilson zeigt die Risiken von Influenzaviren auf, und der Befund ist in der Tat Grund zur Sorge», sagt die Biologin Nathalie Rochat vom Institut für Virologie und Immunologie (IVI) in Bern. «Allerdings sind die humanen Rezeptoren nicht die einzige Barriere, die Vogelgrippeviren überwinden müssen, um effizient im Menschen zu replizieren.» Sie erwähnt eine gerade erschienene Publikation der deutschen Universität Freiburg, die zeigt, dass das H5N1-Virus weiterhin durch eine antivirale Komponente gehemmt wird.
«Das pandemische Risiko würde aber deutlich steigen, sollte es dem Virus gelingen, Erbgut mit humanen oder Influenzaviren vom Schwein auszutauschen», sagt Rochat. Dieser Vorgang könnte sich ereignen, wenn Menschen, Schweine oder andere Zwischenwirte wie Nerze mit Grippeviren verschiedener Herkunft gleichzeitig infiziert werden.
Auch die US-Virologen schreiben, dass in der anlaufenden Grippesaison eine gleichzeitige Infektion mit H5N1 und saisonalen Grippeviren zur Entstehung eines Hybridvirus führen könne, das besser für die Infektion des Menschen geeignet ist.
«Diese neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zeigen einmal mehr, dass es essenziell ist, die Überwachung bei Tier und Mensch hoch zu halten», sagt Rochat. Das Ziel müsse sein, dem Virus möglichst wenig Gelegenheit zu geben, sich in verschiedenen Wirten zu vermehren und sich so weiter anzupassen.
Vorsorglich hat sich Grossbritannien fünf Millionen Dosen Vogelgrippeimpfstoff gesichert. Es sind weltweit bereits mehrere Impfstoffe gegen Vogelgrippe H5N1 zugelassen, andere sind in Entwicklung, auch mRNA-Impfstoffe. Finnland will im Sommer mit Impfungen für Risikogruppen beginnen, insbesondere sollen damit Arbeiter auf Pelztierfarmen einen Impfschutz erhalten.
«In der Schweiz gibt es keinen zugelassenen Impfstoff gegen die Vogelgrippe, und niemand hat bei Swissmedic bis jetzt ein Zulassungsgesuch gestellt», sagt Barbara Camenisch vom BLV. Im Jahr 2023 gab es im Zoo Basel und im Tierpark Dählhölzli Bern ein Forschungsprojekt zur Impfung von Vögeln gegen H5N1. Erfolgreich, wie Nathalie Rochat vom IVI sagt: «Alle 24 Vogelarten in diesem Impfversuch haben neutralisierende, schützende Antikörper gegen das Vogelgrippevirus H5N1 gebildet, die auch nach einem Jahr noch nachweisbar sind.»
Trotzdem setzt die Schweiz noch nicht auf die Impfung, weil die Vogelgrippe länderübergreifende Lösungen erfordere. Diese gibt es momentan nicht. Deshalb habe man in enger Abstimmung mit der Branche entschieden, bei der Impfung nicht eigenständig voranzugehen.
Noch hat es in der Schweiz keine Ansteckung eines Menschen gegeben, die Übertragung ist bis anhin äusserst selten. «Geflügelprodukte wie Poulet und Eier können ohne Bedenken konsumiert werden. Tot aufgefundene Wildvögel sollten aus Sicherheitsgründen generell nicht berührt werden», sagt Camenisch. Das BLV ruft alle Geflügelhalter dazu auf, ihre Tiere vor der Vogelgrippe zu schützen. Vor allem sollten sie den Kontakt ihrer Tiere zu Wildvögeln verhindern, etwa mit einem engmaschigen Netz über dem Auslauf.
Wie viele Fälle es im Jahr gibt, ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Die Zahl der Zugvögel spielt eine Rolle und auch die Art der betroffenen Wildvögel. Schwäne und Kraniche verbreiten das Virus wenig. «Beides zeigte sich letzten Winter: Die Zahl der Zugvögel war tiefer als in anderen Jahren. Zudem erkrankten vor allem Schwäne und Kraniche», sagt Camenisch. Dementsprechend gab es letzten Winter in der Schweiz nur einen Fall von Vogelgrippe: Bei einem Schwan. Grössere Vogelgrippeseuchen gab es im November 2016 und im Januar 2023. (bzbasel.ch)
Wie arrogant oder selbstbewusst muss denn Swissmedic sein, noch etwas anderes herauszufinden oder besser abschätzen zu können, ob der Impfstoff zugelassen werden kann.
Jedes Mal wieder verliert die Schweiz unnötig Zeit und hier will nicht 'mal irgendeine Firma den Impfstoff in der Schweiz einführen.