Vor wenigen Tagen warf Donald Trump Wolodymyr Selenskyj vor, ein Diktator zu sein. Zuvor hatte Schattenpräsident Musk auf seiner Social-Media-Plattform suggeriert, die US-Demokratie werde von einem «juristischen Coup» zerstört. Und in seiner Rede bei der Münchner Sicherheitskonferenz vor einer Woche kritisierte US-Vizepräsident Vance, Europa verfüge über Demokratiedefizite, betreibe Zensur und schränke die Meinungen ein.
Die Vorwürfe sind nicht bloss absurd – sie sind paradox. Denn die vorgebrachten Kritikpunkte gelten nicht für die Adressaten, sie gelten für ihre Absender. Nicht Selenskyj möchte Diktator spielen – sondern Trump. Als Reaktion darauf, dass diverse seiner Erlasse vor Gericht nicht standhielten, kommentierte dieser: «Wer das Land rettet, kann nicht gegen das Gesetz verstossen» – ein Napoleon-Zitat, mit dem der US-Präsident signalisiert, mit welchem Selbstverständnis er sich über Rechtsstaat und Verfassung wähnt.
In dieselbe Kerbe schlägt Tesla-Chef Elon Musk. Er warf einem Richter Aktivismus vor, der einen Trump-Erlass ausgebremst hatte. Nicht der Richter ist ein Aktivist – es ist Musk, der den Staatsapparat aushöhlt und mit einer technisch zwar versierten, dafür aber fachlich unqualifizierten und ideologisch homogenen Doge-Jungmannschaft regierungskritische Staatsangestellte zuerst verhört und dann aus dem Amt befördert. Und wenn J.D. Vance Europa eingeschränkte Meinungsfreiheit vorwirft, unterschlägt er, dass sein Regierungsapparat gerade die Bibliotheken von staatlichen Schulen (beispielsweise von Schulen für Armeeangehörige oder dem Pentagon) von Büchern säubert, die Trumps Ideologie widersprechen.
Das scheinbar Paradoxe und Verwirrte hat Programm und ist eine bekannte Propagandatechnik. Sie nennt sich AiM: «Accusation in a Mirror» – «Anschuldigung im Spiegel». Wie demonstriert, unterstellen dabei die Propagandisten ihren Gegnern fälschlicherweise genau das, was sie selbst vorhaben. Ungefährlich ist das nicht. Denn, einmal durchschaut, liegen die Karten der Anwender offen auf dem Tisch.
Trotz des Risikos für Anwender hat sich AiM vor allem bei der Anstachelung zu Genozid als sehr effektiv erwiesen: In Nazideutschland beispielsweise warnte Adolf Hitler vor Massenmorden durch Juden, und Propagandaleiter Goebbels unterstellte denselben, die deutsche Bevölkerung sterilisieren zu wollen. Beim Zerfall von Jugoslawien wurden serbische AiM-Techniken dokumentiert – ebenso beim Völkermord an den Tutsis 1994 in Ruanda. Laut Experte Kenneth L. Marcus von der Loyola Universität in Chicago liegen die Stärken von AiM vor allem in fünf Bereichen: «AiM … schockiert, bringt zum Schweigen, bedroht, isoliert und motiviert/stiftet an.»
Auch in den USA hat AiM eine längere Tradition. Die stete Kultivierung des Mythos des «afroamerikanischen Vergewaltigers von weissen Frauen» forderte in den Südstaaten bis 1930 tausende Tote – afroamerikanische Tote, gelyncht von weissen Männern. Tatsächlich aber waren es afroamerikanische Frauen, die zahlreich (und ungestraft) von weissen Männern vergewaltigt wurden. Dies war möglich, weil die Gesetzgebung damals eine Vergewaltigungsanzeige einer dunkelhäutigen Frau gegen einen weissen Mann nicht zuliess.
Nicht zuletzt machte auch Donald Trump 2020 von AiM gebrauch, als er den Demokraten fälschlicherweise vorwarf, die Wahlen stehlen zu wollen, während er selbst den republikanischen Wahlabgeordneten von Georgia, Brad Raffensperger, massiv unter Druck setzte und ihn am Telefon dazu aufforderte, «11’780 Stimmen» zu finden, um damit die Wahlen zu Trumps Gunsten zu kippen.
Die Mär der gestohlenen Wahlen hält sich in republikanischen Kreisen bis heute. An diese Erfolge wollen Musk und Co. mit dieser Propagandatechnik anknüpfen. Und sie tun dies en masse: So warf Elon Musk der amerikanischen Linken vor, sie sei eine einzige Kleptokratie, J.D. Vance behauptete, es handle sich um eine Diktatur, wenn Richter die Legalität von präsidialen Erlassen prüfen – und auch Donald Trumps Aussage, die Ukraine sei schuld am Krieg gegen Russland, kann als AiM gewertet werden. Auch wenn er dabei nicht für sich selbst sprach, sondern vielmehr als Stellvertreter von Wladimir Putin.
Schuldzuweisung, Faktenverdrehung. Und in die eigene Tasche wirtschaften. Das machen die SVPler seit Jahrzehnten. Und 30% finden es toll
"das musst du wissen"
"das musst du kennen"
"was du wissen willst"
"... In fünf akten"
Das kommt mir irgendwie so unprofessionell vor, aber vielleicht bin ich da alleine unterwegs.
Das kennen wir ja von Putin, der perfektioniert das schon seit 20 Jahren.
Ich denke eh langsam, dass die Herren Trump und Musk Zauberlehlinge Putins sind.
Nun tanzt der Besen in USA!