Erschreckende Rekorde aufgrund des Klimawandels haben die Krise des Planeten im vergangenen Jahr deutlicher als je zuvor gemacht. Das zeigt die Weltwetterorganisation (WMO) in ihrem Klimazustandsbericht 2022.
Das sich anbahnende Wetterphänomen El Niño verheisse zudem nichts Gutes, sagte WMO-Generalsekretär Petteri Taalas dazu am Freitag in Genf. Weil El Niño einen wärmenden Effekt hat, könnte Forschern zufolge schon bald ein globaler Temperaturrekord aufgestellt werden.
Climate scientists say this year could be the hottest on record, fueled by climate change and the expected return of the El Nino weather phenomenon https://t.co/oY6MphDfDQ pic.twitter.com/znechjaaNM
— Reuters (@Reuters) April 20, 2023
Das sich im Laufe dieses Jahres vermutlich entwickelnde El-Niño-Ereignis «erhöht zunächst einmal die Wahrscheinlichkeit, dass 2023 und 2024 in Bezug auf die globale Mitteltemperatur den bisherigen Rekordwert des Jahres 2016 einstellen beziehungsweise überbieten», sagte Andreas Fink vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Helge Goessling vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) in Bremerhaven schlägt in eine ähnliche Kerbe: Es könne gut sein, «dass 2023 oder 2024 neue globale Rekorde erreicht werden».
El Niño zeichnet sich durch veränderte Strömungen in Meer und Atmosphäre und höheren Temperaturen an der Ozeanoberfläche im Pazifik aus. Auf das Wetter in Europa hat El Niño nur einen geringen Einfluss.
Zugleich haben entscheidende Gradmesser für den Klimawandel erneut Höchststände erreicht. Laut WMO waren die vergangenen acht Jahre die wärmsten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Vergangenes Jahr lagen die Temperaturen demnach 1.15 Grad über dem vorindustriellen Niveau. Es war damit das fünft- oder sechstwärmste Jahr seit der Industrialisierung. Die Messwerte liegen so nah beieinander, dass eine genaue Unterscheidung unmöglich ist. 2015 bis 2022 waren die acht wärmsten Jahre.
Das Pariser Klimaabkommen sieht eine Begrenzung der Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad und möglichst 1.5 Grad vor. Derzeit steuert die Erde nach Uno-Angaben aber auf eine Erwärmung von 2.5 bis 3 Grad zu.
Zu den Rekorden 2022 gehören der neue Tiefpunkt des antarktischen Meereises, der neue Höhepunkt bei der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre, die grösste Gletscherschmelze in Europa und der höchste Wärmegehalt der Ozeane, hiess es in dem WMO-Bericht. Die Werte beziehen sich immer auf den Beginn der Messungen, die mehrere Jahrzehnte oder länger zurückliegen.
Trotz der schlechten Daten sieht Taalas aber auch Gründe für Hoffnung. Zum einen werde grüne Energie billiger als fossile Brennstoffe, erklärte er. Zum anderem entwickle die Welt bessere Methoden zur Eindämmung des Klimawandels.
Eine gute Nachricht sei auch, dass inzwischen «der private Sektor und die grossen Unternehmen weltweit Teil der Lösung sein wollen», sagte Taalas. So hätten 32 Länder ihre Emissionen reduziert, und ihre Wirtschaft sei trotzdem gewachsen.
Der Planet steuere nicht mehr auf eine Erwärmung von 3 bis 5 Grad Celsius zu, wie noch 2014 prognostiziert worden sei, sagte der WMO-Chef der Nachrichtenagentur AFP. «Im besten Fall könnten wir immer noch eine Erwärmung von 1.5 Grad Celsius erreichen.» (oee/sda/afp/dpa)