15.09.2022, 18:1216.09.2022, 12:15
Als Russland unter der Tarnbezeichnung «Spezialoperation» in die Ukraine einmarschierte, war die Zuversicht bei der militärischen Führung gross. Sie war so gross, dass man den Soldaten Paradeuniformen mitgab. Diese sollten dann wenige Tage später in Kiew zum Einsatz kommen. Es kam anders. Aus der kurzen «Spezialoperation» wurde ein Krieg, der nun schon seit über 200 Tagen wütet. Die Paradeuniformen kamen nie zum Einsatz. Sie wurden aus abgeschossenen russischen Panzern gezogen.
Dass die Ukraine nicht im Handstreich eingenommen wurde, ist dem verbissenen Widerstand der Armee und der Zivilbevölkerung zu verdanken – und den Lieferungen moderner Waffen befreundeter Staaten. Das betonte auch der sonst sehr kritische ehemalige ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, in seinem letzten Interview gegenüber dem Deutschlandfunk: «Wir sehen, dass zum Beispiel diese HIMARS-Mehrfachraketenwerfer, die wirklich 80 Kilometer Weite erreichen, dass man nur mit solchen Hochpräzisionswaffensystemen einen entscheidenden Beitrag dazu leisten kann, dass die Russen merken, nein, also sie können nicht so einfach vorrücken ... dafür sind wir sehr dankbar».
Mehr als 25 Länder haben die Ukraine aktiv mit Lieferungen von Kriegsmaterial unterstützt, über 40 Staaten, darunter auch die Schweiz, haben finanzielle oder humanitäre Hilfe zugesprochen. Doch wer liefert wie viel? Und was?
Der «Ukraine Support Tracker» des Instituts for World Economy in Kiel listet sämtliche Hilfeleistungen auf. Dabei fällt auf, dass im Verhältnis zum Bruttoinlandprodukt, also im Verhältnis der eigenen Möglichkeiten, die baltischen Staaten und Polen den grössten Support leisteten. Aber auch Norwegen, Grossbritannien, die Slowakei und Tschechien stehen der Ukraine tatkräftig bei. Im Verhältnis zu den Möglichkeiten etwas weniger Hilfe kommt aus den westeuropäischen Ländern Frankreich, Spanien, Italien und Österreich.
In absoluten Zahlen stemmen die USA den Löwenanteil. Sie liefern mehr als alle anderen Staaten zusammen. Vor allem die bereits erwähnten HIMARS (High Mobility Artillery Rocket System), die leichten Mehrfachraketenwerfer, haben in den letzten Wochen für Schlagzeilen und bei den Russen nicht nur für rauchende Köpfe gesorgt.
Doch welche Waffensysteme liefern die USA, Grossbritannien, Deutschland und Co.? Auch das wird gelistet; und zwar vom «Forum on the Arms Trade». Dort zusammengefasst werden sämtliche Waffenlieferungen. Die Zahlen und Angaben weichen zum Teil von den offiziellen Berichten ab. Dies, weil zum Beispiel Deutschland nur sogenannte «Unterstützungsleistungen» ausweist. Offizielle Waffenkäufe und Bestellungen der Ukraine (wie zum Beispiel die Bestellung von 100 Panzerhaubitzen 2000) tauchen im deutschen Bericht nicht auf.
Des Weiteren herrscht Unklarheit, ob gewisse Waffensysteme bereits ausgehändigt oder erst zugesagt wurden. Der Lieferstatus wird (verständlicherweise) in der Regel geheim gehalten. Deshalb sind die folgenden Listen mit einiger Vorsicht zu geniessen, sie sind nicht komplett und umfassen nur die wichtigsten Positionen.
USA
- 250 Haubitzen mit Munition
- Die Drohnensysteme Switchblade, Puma und Phoenix Ghost.
- Mindestens 16 Hochmobile Artillerie-Raketensysteme (HIMARS) und entsprechende Munition
- 8 Boden-Luft-Raketensysteme (NASAMS)
- Anti-Radar-Raketen (HARM)
- 1400 Stinger Flugabwehrraketen
- 8500 Javelin Panzerabwehrraketen
- 1500 TOW gelenkte Boden-Boden-Raketen
- 20 Mi-17 Helikopter
- Mehr als 60 Millionen Schuss für Gewehre und Pistolen
- Hunderte Multifunktional-Militärfahrzeuge (HMMWV = High Mobility Multipurpose Wheeled Vehicles)
Waffenlieferungen der USA an die Ukraine
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Waffenlieferungen der USA an die Ukraine
250 Haubitzen[/strong] wie diese hier vom Typ M777 zusammen mit [strong]950'000 Artillerie-Schüssen.
quelle: keystone / evgeniy maloletka
Grossbritannien
- 6 Flugabwehrsysteme des Typs Stormer
- 10'000 Kurzstrecken-Panzerabwehr-Raketen (NLAWs & Javelins)
- Leicht gepanzerte Transporter vom Typ Saxon
- 120 gepanzerte Fahrzeuge vom Typ Mastiff
- Luftabwehrsysteme des Typs Starstreak
- Radare
- Drohnen für grosse Nutzlasten (Malloy T150)
- Mindestens 6 Mehrfachraketenwerfer (M270) mit Präzisions-Raketen
- 50'000 Schuss Artillerie
- Drohnen
- Hunderte Schiffs- und Panzerabwehrraketen des Typs Brimstone 1
Waffenlieferungen von Grossbritannien an die Ukraine
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Waffenlieferungen von Grossbritannien an die Ukraine
Flugabwehr-Systeme des Typs Stormer
Deutschland
Deutschlands Waffenlieferungen werden von der Bundesregierung detailliert kommuniziert. Die online einsehbare Liste wird stetig erneuert.
Weiterhin verzögert wird in Deutschland die Auslieferung von Panzern des Typs Leopard I & II und Marder. Die Ampelregierung konnte sich bisher nicht zu einer Freigabe durchringen. Dies hat in Deutschland zu einer hitzigen Debatte geführt.
- 24 Luftabwehr-Panzer des Typs Gepard mit über 50'000 Schuss Munition (weitere 6 sollen dazu kommen)
- 54 gepanzerte Truppentransporter M113
- 7944 Panzerabwehrhandwaffen RGW 90 Matador
- 280 Kraftfahrzeuge (Lkw, Kleinbusse, Geländewagen)
- 3000 Patronen Panzerfaust 3 und 900 Griffstücke
- 500 Stinger Flugabwehrraketen
- 30 sondergeschützte Fahrzeuge
- 10 Fahrzeuge HMMWV (8x Bodenradarträger, 2x Jammer/Drohnenträger)
- 3 Artillerie-Raketensysteme M270 (MARS II) mit GMLRS-Munition (präzisionsgelenkte Raketen)
- 20 Raketenwerfer 70mm auf Pick-up-Trucks mit 2000 Raketen
- Luftverteidigungssystem IRIS-T SLM
- 10 Panzerhaubitzen 2000 der Bundeswehr (100 wurden beim Hersteller bestellt)
- 16 Biber Brückenlegepanzer
- Artillerieortungsradar COBRA
Waffenlieferungen von Deutschland an die Ukraine
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Waffenlieferungen von Deutschland an die Ukraine
24 Luftabwehr-Panzer des Typs Gepard mit über 50'000 Schuss Munition
quelle: keystone / morris macmatzen / pool
Polen

Polen lieferte vor allem T-72-Panzer. Davon aber mehr als 200.Bild: keystone
- Mehr als 200 T-72-Panzer
- Flugabwehrraketensystem Piorun
- Zusage für drei Haubitzen-Batterien im Wert von 700 Millionen Euro
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Häuser, die etwas aus der Norm fallen
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Häuser, die etwas aus der Norm fallen
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Sie fahren es sogar selber in die Ukraine und rennen dann weg, wie zuletzt im Donbass.
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Ich bin ja sooo stolz auf uns.