Manche Dramen passieren mit Ansage und eines entfaltet sich gerade direkt vor unseren Augen. Es geht um Disneys neuen «Schneewittchen»-Film, dessen gesamte Produktionsgeschichte von Turbulenzen geprägt ist und der jetzt eigentlich doch abliefern muss. Denn er war einfach zu teuer.
Am 20. März startet der Blockbuster in den deutschen Kinos. In der vergangenen Woche hiess es seitens der «Daily Mail» zunächst, dass eine London-Premiere komplett abgeblasen wird, weil Disney Angst vor Kritik hat.
Nun berichtet «Variety» über eine Los-Angeles-Premiere in zumindest abgespeckter Form. Die Berichterstattung auf dem roten Teppich werde auf Fotografen und eine hauseigene Crew beschränkt sein. Die Hauptdarstellerinnen werden offenbar weitgehend vor der Presse abgeschirmt.
Doch was ist da eigentlich vor und hinter den Kulissen los? Hier gibt es das ganze Drama in fünf Akten zum Nachlesen.
Disney ist «zu woke» – ein Vorwurf, der bei Weitem nicht beim Casting neuer «Star Wars»-Serien endet. An der Stelle steht zum ersten Mal Rachel Zegler im Mittelpunkt. Zu ihr folgt ein zweites Kapitel, hier geht es erst einmal nur um ihr optisches Erscheinungsbild.
Die neue Schneewittchen-Darstellerin hat kolumbianische und polnische Wurzeln. Kritische Stimmen aus dem konservativen beziehungsweise rechten Lager bemängeln, dass sie optisch nicht der klassischen Disney-Schneewittchen-Figur mit blasser Haut entspricht.
Mittlerweile ist das ein alter Hut, Disney kennt es: Wenn Märchen oder auch Kino-Reihen, die seit Jahrzehnten bestehen, Änderungen erfahren (manchmal genügen Details), sind Shitstorms vorprogrammiert. Der zweite Akt fällt in die gleiche Kategorie.
Niemand Geringeres als «Game of Thrones»-Star Peter Dinklage meldete sich 2022 zur Causa «Schneewittchen» zu Wort.
Damals war das Casting von Rachel Zegler schon offiziell verkündet worden, doch den Schauspieler beschäftigte ein anderer Aspekt von Diversität, den er im Podcast «WTF with Marc Maron» ausformulierte:
Der Darsteller stiess damit auch die Diskussion an, ob Zwerge grundsätzlich nur von kleinwüchsigen Menschen gespielt werden sollten, öffnete also die Büchse der Pandora.
Disney reagierte prompt. Man wolle es vermeiden, Stereotypen aus dem Zeichentrickfilm von 1937 zu verstärken, liess der Konzern verlauten. Das Ergebnis bleibt im Detail abzuwarten, jedenfalls findet sich der Begriff «Zwerge» nicht im Titel des Realfilms.
Rachel Zegler Teil zwei. Diesmal stehen kontrovers rezipierte Aussagen der 23-Jährigen im Fokus. Sie bezeichnete den ursprünglichen Schneewittchen-Prinzen in einem PR-Interview als Stalker. Die neue Version sei feministisch und stelle keine Liebesgeschichte in den Mittelpunkt. Dies stiess bei einigen Fans auf Ablehnung.
Hinzukommen politische Äusserungen der Schauspielerin. Sie veröffentlichte einen pro-palästinensischen Tweet, der zahlreiche Reaktionen nach sich zog. Im Beitrag bedankte sie sich zunächst für Trailer-Aufrufe und fügte dann eher beiläufig «Free Palestine» hinzu.
Es war bei Weitem nicht das erste Mal, dass die Golden-Globe-Preisträgerin ihre uneingeschränkte Unterstützung für die palästinensische Seite zum Ausdruck brachte, dies tat sie schon vor den Hamas-Angriffen am 7. Oktober 2023.
An dieser Stelle wesentlich: Viele Hollywood-Stars haben klare Ansichten zum Nahost-Konflikt, einige kommunizieren diese entsprechend deutlich. Wer es tut, betritt in jedem Fall ein Minenfeld – insbesondere, wenn ein Mega-Blockbuster im Haus steht.
Kann es noch brisanter werden? Natürlich! Denn jetzt sind wir bei der israelischen Darstellerin Gal Gadot angekommen, die sich gegen Antisemitismus stark macht und in Interviews des Öfteren ihre Herkunft betont. Sie verkörpert in «Schneewittchen» die böse Königin.
«Dies ist ein Teufelskreis, der schon viel zu lange andauert. Israel verdient es, als freie und sichere Nation zu leben, unsere Nachbarn verdienen dasselbe», schrieb Gal Gadot unter anderem auf Instagram.
Damit wird der Blockbuster unfreiwillig zu einem Spiegelbild der Gesellschaft, wenig überraschend müssen beide Stars für ihren Standpunkt Kritik einstecken. Noch einmal: Für Disney und den Film ist das Gift.
Laut «Forbes» ist das Budget für «Schneewittchen» auf 269,4 Millionen US-Dollar angestiegen, da ausgiebige Nachdrehs nötig waren. Damit steigt zugleich der Erfolgsdruck.
Es wird geschätzt, dass das Remake weltweit mindestens 400 Millionen US-Dollar einspielen muss, um profitabel zu sein, insbesondere unter Berücksichtigung der Marketingkosten. Doch wie realistisch ist das inmitten all der Turbulenzen? Zumal das Interesse an Disneys Live-Action-Versionen von Märchenklassikern in den vergangenen Jahren spürbar nachgelassen hat.
«Schneewittchen» scheint bereits verloren zu sein, nicht zuletzt mit Blick auf die Trailer-Reaktionen. «Der vergiftete Apfel wird die beliebteste Figur im ganzen Film sein», schreibt eine Person auf Youtube. Dass sie Recht behält, ist alles andere als unwahrscheinlich.
Ps: 400 Mio werden nicht reichen wenn das Budget 270 Mio betrug. Die Faustregel sagt das 2-3 fache voraus, um in die Gewinnspanne zu kommen.