Bis vor zwei Wochen war alles gut. GUT! Für alle, die mehr Adjektive von mir wollen, gut muss gut genug sein. Gut ist in meiner Welt, wenn es um Frauen und Sex und Sex mit Frauen und Frauen, die mit anderen Sex haben, während sie auch mit mir Sex haben, weil sie nicht nur mit mir Sex haben wollen, obwohl sie vor allem mit mir Sex haben wollen, aber weil sie ja können, was sie wollen, ach, was rede ich, gut ist viel mehr als gut, wenn es um Lara geht. Oder besser gesagt, es war alles gut.
Lara hat ja eben mit irgend so einem Typen geschlafen. Einmal, wie sie sagt. Aber weil ich gesagt habe, es sei «easy», ist es gut möglich, dass sie seither immer mal wieder mit dem Typen schläft. Oder anderen Männern. Frauen. Was weiss ich, ich frage sicher nicht nach, aber sie hat am Morgen nach ihrem Geständnis sehr freudig bemerkt, dass ich wirklich der entspannteste Mann sei, der ihr je begegnet sei und dass sie es schön fände, dass ich ihr erlauben würde, ihr Leben zu leben, wie sie es leben möchte, weil sie kein schlechtes Gewissen haben müsse, das ermögliche ihr nochmals ein ganz anderes Ausleben und Ausprobieren und blabla, ich weiss nicht, was sie alles sagte, aber was ich raushörte, war: Sie will Sex. Mit anderen.
Und da ich nun weiss, dass sie jedes Mal, wenn sie bei mir aus der Tür rausgeht, höchstwahrscheinlich irgendwo bei einem anderen Typen zur Tür wieder reingeht und obwohl das ja total easy ist, muss ich nun agieren. Nicht indem ich ihr eine Szene mache, das würde sie nur verärgern, sie lobte ja gerade meine Entspanntheit, nein, indem ich nun ebenfalls in die Gänge komme. Indem ich ebenfalls Sex habe. Mit anderen.
Ich gebe zu, seit Lara da war, war meine Suche nach anderweitigem Sex, sagen wir mal, nicht existent. Dies aus Zeit-, Energie- und sonstigen Gründen. Aber nun ist das natürlich anders.
Ich loggte mich auf all den Apps ein. Mein Profil war noch aktiv. Und in meiner Abwesenheit gab es auch einige Matches. Andere warteten seit Ewigkeiten auf eine Antwort. Denen schrieb ich zurück, was mässig gut ankam. Kann ich den Frauen nicht verübeln, wenn nach sechs Wochen einer schreibt, ja, geht mir auch gut, wollen wir uns mal treffen, dann würde ich auch nicht zurückschreiben.
Ich dachte, ich setze auf das gute, alte «Im-Ausgang-eine-kennenlernen», funktioniert so gut wie nie, aber vielleicht habe ich dank Lara ja nun diesen «busy look», von dem Hanna immer spricht. Hanna ist der Überzeugung, dass Männer, die in einer Beziehung sind, oder immerhin irgendwie ernsthaft in eine Sache verwickelt, jedenfalls gerade nicht auf der Suche nach einer Frau, dass diese Männer eine andere Ausstrahlung haben und deshalb grundsätzlich attraktiver wirken. Man könne das nicht faken, sagt sie, weil Frauen merken würden, ob einer nur so tue, als sei er nicht auf der Suche oder ob er wirklich nicht auf der Suche sei. Ich weiss nicht, ob ihre Theorie stimmt. Ich kann es auch nicht aus eigener Erfahrung beurteilen, schliesslich war ich nie wirklich in Beziehungen.
Ich verabredete mich also letzte Woche mit einem Kumpel, der noch länger Single ist als ich. Er ist erstaunlich erfolgreich bei Frauen, jedenfalls, wenn man seinen Geschichten glaubt. Die Frauen lerne ich selten kennen, ich sehe sie höchstens im Club, wenn er sie, wie er es nennt, und ich bin nicht sicher, ob dieser Ausdruck 2024 noch salonfähig ist, wenn er eine «Frau klarmacht». Ob er danach wirklich bei dieser Frau landet und ob sie danach tatsächlich so an ihm interessiert ist, wie er erzählt, weiss ich nicht. Aber wenn man mit ihm unterwegs ist, das muss ich zugeben, dann sind immer viele Frauen in der Nähe. Er ist einer dieser Menschen, die alle kennen.
Wir wollten am Freitag losziehen, er hatte einen ganzen Plan ausgeheckt, wo wir zuerst sein müssen und wann man wo später auftauchen muss. Wer wann wo dazustossen wird und welche Bars wir vermeiden müssen. Ich fand alles etwas verkopft, aber eine gute Alternative fehlte – noch ...
Freitagmittag schrieb Lara, ob ich später noch was vorhatte, ihre Mitbewohnerin sei am Abend weg und sie würde mich vermissen – sie übernachtete Mittwoch auf Donnerstag bei mir, also wirklich Zeit mich zu vermissen hatte sie nicht. Sie schickte ein Foto von dem Gericht, das sie für mich kochen wollte. Später noch ein Bild von sich.
Ich schrieb meinem Kumpel, ich sei zu erschöpft von der Arbeit und müsse absagen. Ich käme ein anderes Mal mit ihm «Frauen klarmachen». Er schrieb nur: «Easy.»
Ich wollte ihm nicht sagen, dass ich eigentlich zu einer Frau ging. Ich bin sicher, er hätte nicht so entspannt reagiert.
So long,
Ben
"Bis vor zwei Wochen war alles gut mit Lara. Nachdem sie mit einem anderen Mann geschlafen hat, beschloss ich, ebenfalls Sex mit anderen zu haben. Trotzdem sagte ich meinem Freund ab, als Lara mich am Freitag sehen wollte."
Ben könnte jemand Neues im Ausgang kennenlernen, aber Ben geht zur Frau die ihn vermisst.
Wird Ben erwachsen? Ist er verliebt?
Lara könnte das herausfinden, indem sie ihren Sport-BH bei Ben liegenlässt. So einfach ist das.
Oder gar über Kartoffeln diskutieren mit ihm? Ah nein, das wäre der andere Blog..
Weshalb muss man einem Kumpel eine Ausrede erzählen?
Warum gibt er sich Lara gegenüber dermassen entspannt zum Thema offene Beziehung, wenn es ihn innerlich total stresst?
Und nicht zuletzt wirkt es so, als belügt er sich immer wieder selbst. Mal bewusst und manchmal scheinbar unbewusst. Was ist der Grund?
Wäre alles spannender gewesen als:
Habe meinen Kollegen angelogen, weil ich zu Lara ging, welche auch mit anderen vögelt.
Und ich habe den Quatsch sogar gelesen und lasse einen Kommentar da... Mea culpa.
Euch einen schönen Tag.