Freundlich sind sie, jedenfalls meistens. Jung auch. Doch weiterhelfen können sie oft nicht, die Mitarbeitenden der Berner Kantonalbank (BEKB) im Zentrum der Stadt, einen Steinwurf vom Bundeshaus entfernt. Sie leiten die Kundschaft einfach weiter – an einen Automaten oder ins Internet.
So ging es der Kundin, die von ihrem Vater Bargeld zu Weihnachten erhalten hatte und dieses auf ihr Sparkonto einzahlen wollte. Doch die Bank nimmt kein Bargeld mehr an, jedenfalls nicht durch einen Menschen. Das macht der Automat, aber da die Kundin keine Kundenkarte für das Sparkonto dabei hatte, musste sie unverrichteter Dinge wieder abziehen.
So ging es auch dem Kunden, der Probleme hatte, die Bezahlapp Twint mit seinem Kantonalbank-Konto zu verbinden. Nach mehreren Briefen mit Freischaltcodes und zig Telefonaten ging er zur Bank, um sich vor Ort helfen zu lassen. Doch Fehlanzeige. Er wurde wieder heimgeschickt – mit dem Versprechen, einen weiteren Code per Post zu erhalten.
Und so ging es der Kundin, die unaufgefordert von ihrer Bank ein Kreditkarten-Upgrade erhielt – und plötzlich mit zusätzlichen Kartengebühren belastet wurde. Ein Fehler. Beheben konnten ihn die Angestellten in der Filiale nicht, sie verwiesen sie auf den Kreditkartenherausgeber, Kontaktangaben würde sie bestimmt im Internet finden.
Das sind keine Einzelfälle. Im Bankenland Schweiz findet gerade ein Umbruch statt: Einst war die Schalterhalle das Aushängeschild des stolzen Schweizer Bankings. Jetzt bauen die Finanzinstitute dort radikal ab. Das betrifft insbesondere Bargeldgeschäfte. Damit wollen sich die Banken nicht mehr abmühen: zu aufwendig, zu teuer, zu unsicher.
Das schlägt sich architektonisch nieder. Das Personal steht nicht mehr hinter mit Panzerglas und Gittern gesicherten Bankschaltern, sondern bewegt sich in den mit Pflanzen geschmückten oder Screens ausgestatteten, loungeartigen Räumen frei herum. Schalter gibt es nur noch wenige, und wenn, dann nehmen diese kaum mehr Bargeld an.
Eine Umfrage von CH Media bei Schweizer Banken zeigt, welche Dimension der Bargeld-Abbau am Schalter mittlerweile angenommen hat. Gar keine «klassischen Bargeldschalter» mehr betreibt die Berner Kantonalbank. Dasselbe bei der Postfinance: In ihren 35 eigenen Filialen kann die Kundschaft kein Geld mehr am Schalter abheben. «Bargeldtransaktionen gehören dort nicht zum Leistungsangebot», sagt eine Sprecherin. Auch die Zürcher Kantonalbank (ZKB) passt sich «den verändernden Erwartungen» an und setzt auf Digitalisierung. Sie betont allerdings, dass in allen 51 Filialen notfalls das Personal Bargeld aushändige.
Immerhin: Die UBS bietet noch bei «etwas mehr der Hälfte» der 190 Standorte den Bargeldbezug am Schalter an. Bei der Raiffeisen-Gruppe mit ihren 774 Filialen ist es ein Drittel. Aber auch bei der genossenschaftlich organisierten Banken-Familie setzt man zunehmend auf ein sogenanntes «Beratungsbank-Konzept», bei dem auf die «klassische Schalterhalle mit Kassen für Bargeld verzichtet und stattdessen Raum für die individuelle Beratung geschaffen» wird. Raiffeisen begründet dies mit einem dramatischen Rückgang bei den Schaltergeschäften. Noch 2014 besuchten 46 Prozent der Raiffeisen-Kunden eine Schalterhalle, etwa um Geld abzuheben oder zu überweisen. Letztes Jahr waren es noch gerade mal 15 Prozent.
In der Schweiz gab es per Ende 2024 noch 2476 Bankfilialen – und damit rund ein Drittel weniger als noch 2005, wie aus den aktuellsten Nationalbank- und Swiss-Money-Map-Zahlen zu entnehmen ist, mit denen die Universität St.Gallen (HSG) die Schweizer Bankeninfrastruktur und ihre Bargeld-Zugangspunkte ausmisst. Doch die Zahl dürfte nochmals deutlich abnehmen, wie HSG-Ökonom Tobias Trütsch betont. Und das nicht nur wegen der Integration der Credit Suisse in die UBS.
Es gibt im Bankwesen also einen doppelten Abbau, einen äusseren mit der Reduktion der Filialen und einen inneren, bei dem die Hülle und das Logo zwar bestehen bleiben, die Dienstleistungen aber reduziert werden – insbesondere im Umgang mit Bargeld. Trütsch vermutet, dass dies vor allem aus Kosten- und Sicherheitsüberlegungen stattfinde – und auch, weil die Nachfrage vonseiten der Kundschaft abgenommen habe. Doch ein gestutztes Angebot als Folge einer geringeren Nachfrage dämpfe die Nachfrage zusätzlich, ergänzt Trütsch, worauf dann das Angebot nochmals reduziert werde. «Das ist ein Teufelskreis.»
Wie die netten Berater, die die Kundschaft zu den Selbstbedienungsautomaten lotsen, betonen die Medienstellen der Banken unisono, wie einfach und immer zugänglich Alternativen wie Bankomaten oder E-Banking seien. Und verstecken ihren Abbau hinter allerlei digitalen Versprechen.
Bei der Postfinance verweist man zusätzlich noch auf die 750 Postfilialen im ganzen Land, wo Bargeldbezüge und Bargeldeinzahlungen gesetzlich vorgeschrieben sind – freilich, ohne darauf hinzuweisen, dass die Post derzeit deren Zahl auf 600 reduzieren will. Die Postfinance betont weiter, dass man Bargeld auch kostenlos an der Detailhandelskasse von Migros, Denner, Spar, Lidl und Coop Pronto beziehen kann. Dort ist vom früheren Glanz und Stolz einer Schalterhalle zwar endgültig nichts mehr zu spüren. Doch das scheint die Finanzinstitute nicht zu kümmern. (aargauerzeitung.ch)
Dass Bargeldbezug nicht mehr zum Standardangebot gehört, ist verständlich. Aber eine Beratung auf höchstem Level und konstruktives Lösen von Kundenproblemen wäre schon noch angebracht. Wobei das in meinen Fällen immer gut klappt.