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Big Ben: Der Ehetrick-Versuch

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Big Ben

Der Ehetrick-Versuch

Ein Ring am Ringfinger wirke Wunder, sagte mir ein Freund. Fand ich blöd. Aber: Ein Wunder wäre bitter nötig.
01.12.2023, 10:0301.12.2023, 10:03
Big Ben
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Seit Valentina läufts nicht mehr. Nichts, nada, niet. Seither gab es nur noch den Laura-Fail. Die ist übrigens immer mal wieder bei uns zuhause, anscheinend war das nicht eine Once-In-A-Lifetime-Sache mit meinem Mitbewohner, also nicht, dass es ernster wäre, das glaube ich nicht, immerhin kommen auch andere Frauen aus seinem Zimmer, was ich zugegeben beeindruckend finde, also, der Typ sieht gut aus, aber jetzt nicht so Brad-Pitt-mässig krass gut, also, nicht so, dass ich wirklich verstehe, warum er so viel Auswahl hat, eher so normal gut, so gewöhnlich gut, nicht krass trainiert oder gross oder so, nichts, aber der hat einen Verschleiss, ich sag euch ... Ja, gut, vielleicht bin ich etwas neidisch. Aber was erwartet ihr von mir? Seit Valentina läuft ja, wie ich schon erwähnte, nichts.

Mit einer Frau, mit der ich vor einiger Zeit auf Tinder matchte, betrieb ich, wie ich fand, ganz souverän Konversation, nicht too much, also nicht dieses angestrengte Ich-hänge-nur-am-Handy-und-überlege-mir-gute-Sätze-Ding, sondern so, dass man daneben auch noch ein Leben führen kann, aber auch so, dass die Konversation nie abstirbt. Sie sah, jedenfalls auf dem Profil, top aus, war lustig, interessiert, kannte die Dass-das-Regel. Sie sagte mehrmals, sie würde gerne mal etwas trinken gehen, schrieb dann aber letzte Woche, dass sie gerade genug von Online-Dating habe und eine Pause brauche. Warum, hat sie nicht gesagt.

In Bars oder Clubs oder sonst irgendwo lerne ich auch niemanden kennen, aber das ist ja in der Schweiz nichts Spezielles. Das war schon immer so.

Was auch immer die Gründe für meine Flaute sind. Tatsache ist: It's been a while. Und wenn «it has been a while», dann, so gebe ich zu, komme ich manchmal auf mässig gute Ideen. Immerhin habe ich mich nicht bei Sina, Valentina oder der Frau, die wir hier nicht mehr erwähnen, gemeldet, was man, finde ich, als Fortschritt und Erfolg verbuchen kann.

Der Ehering als Gamechanger

Vor einer Woche traf ich einen Freund aus der Schulzeit, wir sehen uns noch höchstens einmal im Jahr, er wohnt in der Agglo, als dort, wo wir aufgewachsen sind, und führt ein ganz anderes Leben als ich. Er ist einer der Männer, die man nur noch als Duo zu sehen kriegt, seit er eine Freundin hat, und er hat eine Freundin, seit er 22 Jahre alt ist. Immer die gleiche. Jawohl. Irr. Er hat andere Hobbys – er spielt Cricket, ja, er spielt ernsthaft Cricket – und einen anderen Freundeskreis als ich. Dass ich ihn dieses Jahr schon zum dritten Mal sehe, hat einen einfachen Grund, das erste Mal war für sein Bachelor-Wochenende – hasse ich, per se, also Bachelor-Wochenenden, aber das ist eine andere Story –, das zweite Mal war an seiner Hochzeit. Hochzeiten hasse ich nicht per se, aber dieses Jahr war ich an insgesamt sieben Hochzeiten, was definitiv zu viel des Guten war. Über diese Hochzeiten gäbe es durchaus viel zu erzählen, aber da würde ich Gefahr laufen, erkannt zu werden, also müssen wir etwas Zeit verstreichen lassen. Das dritte Mal sahen wir uns nur zu zweit – das war letzte Woche.

Der Abend war aussergewöhnlich entspannt und gut – vielleicht auch, weil er ausnahmsweise alleine auftauchte. Nichts gegen die Freundin/Frau, die ist okay, aber ich bin ja mit ihm und nicht ihr befreundet. Ob seit der Hochzeit etwas anders sei, fragte ich, so im Zusammensein. Er verneinte. Aber, sagte er, und zeigte auf seinen Ehering, das sei schon eine neue Erfahrung. «Seit ich einen Ring trage, werde ich von Frauen ganz anders angeschaut und behandelt. Es ist, als wäre ich plötzlich interessanter, weil ich nun offiziell vom Markt bin.» Er werde offensiv angeflirtet, ihm würden Komplimente gemacht, Frauen seien interessierter und netter. Wäre er noch Single, wäre er gerade sehr erfolgreich, sagte er. «Wenn ich gewusst hätte, was das für einen Effekt hat», sagte er, «hätte ich schon als Single einen Ring getragen.» Ich müsse das unbedingt ausprobieren, fand er weiter. Unbedingt. Es werde Wunder wirken.

Nun habe ich eigentlich ein Problem mit Eheringen. Was ist das für eine altmodische und auch irgendwie abstruse Idee, dass man einen anderen Menschen quasi mit einem Ring kennzeichnen muss, ein öffentliches Statement, dass dieser Mensch mit einem anderen Menschen in einer Verbindung steht? Wozu soll das gut sein? Ich werde nie heiraten, aber würde ich heiraten, würde ich sicher nie einen Ring tragen.

Aber, so fand ich, worth a try, denn, wie ich schon sagte: It's been a while.

Mein Fazit nach einer Woche mit Ring am Ringfinger – wobei ich zugeben muss, dass ich den Ring nur an drei Abenden trug, an denen ich wegging. Bei der Arbeit hätten mich alle blöd angeschaut und zuhause bringt er auch eher wenig. Das heisst, vielleicht hätte er Laura ... Nein, hätte er nicht.

Also, das Fazit.

Ich hatte insgesamt 0-mal Sex.

Ich wurde insgesamt 0-mal angesprochen.

Ich habe insgesamt 0 Handynummern zugesteckt bekommen.

An einem Abend hat eine entfernte Freundin von Hanna ewig lange mit mir gesprochen, was ich fast schon als Erfolg verbuchen wollte. Sie sagte irgendwann, dass sie es gut fände, gäbe es noch Männer mit traditionellen Werten. So ohne Commitment Issues. Hanna hörte das und lachte los, sagte dann aber nicht, warum sie lachte, weil sie mich «schützen wollte», wie sie mir später sagte, aber die ganze Situation war so dermassen schräg, dass ihre Kollegin aufstand, zur Toilette ging und sich dann am anderen Ende des Tisches wieder hinsetzte.

Also Leute, falls ihr irgendwann den Tipp mit dem Ring bekommt, don't. Just don't.

Der Hoffnungsschimmer: Ich habe gestern eine Frau auf Bumble gematcht. Ja, ich bin auf allen Apps. ALLEN. Wir sind für nächsten Donnerstag verabredet. Sie sucht «etwas Lockeres», ist 1,87 m gross und ihr Hobby ist Crossfit.

Wish me luck.

So long,

Ben

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bild: watson
Big Ben ist ...
... Mitte 30 und lebt in einer WG. Sein Job ist in den Top 10 der Berufe, die Frauen sexy finden – je nach Umfrage. Er spielt Fussball, macht aber so gut wie nie ein Goal (weil Goalie), er hat viele Schwestern, sehr viele, und wurde logischerweise total verwöhnt, aber auch (viel zu früh) aufgeklärt. Er hasst Verkleidungspartys, aber wenn er müsste, würde er sich als Gandalf verkleiden. Ben ist Single und hat kein Interesse daran, dies zu ändern.

Die Hüte der Gäste an der Hochzeit von Harry und Meghan.

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Die Hüte der Gäste an der Hochzeit von Harry und Meghan.
Queen Elizabeth in minzgrün.
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Autsch! Dieser Heiratsantrag dürfte wehgetan haben

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245 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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insert_brain_here
01.12.2023 10:27registriert Oktober 2019
Dein Kumpel wird nicht wegen dem Ehering angeflirtet sondern weil er entspannt und zufrieden durchs Leben geht.
Von einem ungepflegten Äusseren abgesehen schreckt wohl nichts potentielle Partner mehr ab als die verzweifelte „Oversexed and underfucked“-Ausstrahlung die aus jeder Zeile dieses Textes trieft. Ich kenne die SItuation, es ist frustrierend und wer nicht aufpasst landet in einer Abwärtsspirale in Richtung Incel.
Ich kann dir da nur raten: Klink dich temporär aus dem Datinggame aus und beschäftige dich mit Dingen die dir Spass machen dann wirst du auch wieder angeflirtet :-)
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Bluewie
01.12.2023 10:19registriert Juni 2019
Er hat also das gefühl, dass man, sobald man einen Ring trägt, direkt Nummern zugesteckt bekommt. Sehr absurd. Ich denke das "gesteigerte Interesse" der Frauen, wenn man einen Ehering trägt, kommt eher davon, dass sie dann nicht mehr befürchten müssen, dass sie von jemandem wie Ben angemacht werden.
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Biene_Maja
01.12.2023 10:14registriert Oktober 2017
Vielleicht hat dein Mitbewohner einfach andere Qualitäten😉. Vielleicht stehen auch nicht alle Frauen auf durchtrainierte Typen - gibt wichtigeres
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One-Night-Stand als Hummer
Der Sex im kleinen Zelt war so heiss, dass ich am Morgen danach sofort raus in den kalten Fluss musste.
Für meine Mutter gab es nichts Schlimmeres, als wenn wir Kinder einen Sonnenbrand hatten. Sie wurde nicht wütend, wenn wir schlechte Noten hatten oder zuhause fluchten. Andere Kinder dürfen ja nicht mal «Scheisse» sagen, meiner Mutter war das egal. Auch wenn ich zu spät nach Hause kam oder zum siebenhundertsten Mal meine verschwitzten Sachen mit dem Apfel und Sandwich im Turnsack verrotten liess – diesen Gestank vergisst man nie wieder –, egal, was wir taten, meine Mutter blieb entspannt. Ausser ich oder eine meiner Schwestern kam mit einer verbrannten Nase vom Skifahren zurück. Oder noch schlimmer: Der ganze Oberkörper war tiefrot, weil wir den ganzen Tag im Freibad verbrachten und vielleicht am Morgen einmal etwas Sonnencreme auf die Stirn rieben. Ist mir an meinem 10. Geburtstag passiert. Statt einem Happy Birthday gab's einen deftigen Zusammenschiss.
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