Falls ihr vor zwei Wochen in den Ferien ward und dabei enorm glücklich mit eurem Schatz am Strand geknutscht und gekuschelt habt und nur tolle Gespräche hattet und noch verliebter nach Hause gekommen seid, als ihr gegangen seid, lasst euch eins sagen: ihr nervt!
Zweitens: Eventuell habt ihr in eurer Liebesbubble verpasst, dass in meiner Liebesbubble grad keine Zuckerwatte serviert wird. Au Contraire! Sandro und ich haben es zurzeit nicht so gut.
Wir haben wirklich einiges probiert. Nähe, Distanz. Gespräche. Zuhören. Ausreden lassen. Fremdflirten. Nicht flirten. Paartherapie in Erwägung ziehen. Über uns lachen. Einander daten, wie früher. Ausgeleierte Homedresses aus dem Schlafzimmer verbannen.
Wie soll ich sagen. Der Erfolg ist übersichtlich. Und das ist optimistisch formuliert.
So frage ich mich neulich beim Sport mit mir alleine, ob ich Sandro wirklich will. Ob ich unser Wir will? Ob es dieses überhaupt noch gibt oder ob wir uns einfach in verschiedene Richtungen entwickeln. Ob unsere Zeit vorbei ist? Gedanken, die mich traurig machen. Und in die sich Verzweiflung mischen.
Wir sind am Abend verabredet. Essen bei mir. Wir bestellen bei Uber Eats. Während wir auf das Essen warten, reden wir über Dies und Das und nichts.
Dann klingelt es und Sandro macht auf. Sein Gesicht erhellt sich. «Nein, Luca, das bist ja du. Wie geil ist das denn!?», höre ich ihn. Luca sehe ich nicht und ich habe keine Ahnung wer Luca ist. Also gehe ich gucken. Die zwei Männer liegen einander in den Armen und freuen sich und Luca hat seine Tasche fallen gelassen - es ist ihm aber egal. Da sind grad zwei sehr eins.
Luca, erfahre ich, war mit Sandro im Gymi. Die haben sich schon ewig lange nicht mehr gesehen. Ob er schnell auf ein Bier da bleiben kann, fragt Sandro. Luca kann nicht, bleibt aber trotzdem. Die zwei stehen auf dem Balkon. Die Türe ist offen, ich sitze auf der Couch und höre ihnen zu.
Sie reden über gute alte Zeiten. Über ihre Lausbubenstreiche. Also Sandros. Er war das enfant terrible. Und über all die Girls, die auf ihn standen und auf die er zumindest kurzfristig stand.
Sie reden über Partys, Klassenreisen, Lehrer und Lehrerinnen (die heisse Franz-Lehrerin) und darüber, was aus allen geworden ist.
Sandro ist just in dieser Sekunde einfach nur Sandro. Lustig, unbeschwert, frei, geistreich, witzig, laut, charmant, er halt.
Ich lächle.
Da ist er, der Sandro, den ich so liebe.
Die zwei Männern kichern und reden und schwelgen in Erinnerungen und ohne dass ich da im Gymi dabei war, kann ich alles sehr fühlen, verstehen und mir so gut vorstellen. Sie tauschen ihre Nummern und verabreden sich für sehr bald.
Dann muss Luca los.
Unser Essen ist kalt. Dafür ist die Grundstimmung wärmer.
Sandro strahlt. Er erzählt euphorisch weiter und was er alles mit Luca und den anderen erlebt hat. Ich steige mit ein und stelle Rückfragen. Dann machen wir eine Zeitreise in meine Vergangenheit. Wir essen und lachen und reden so unbeschwert wie schon lange nicht mehr.
Ich könnte jetzt erzählen, dass wir nach dem Essen auch noch super Sex hatten, das stimmt aber nicht, weil wir schlichtweg zu überfressen waren.
Aber wir lagen auf dem Bett. Ohne Musik, ohne TV. Nur wir beide. Ganz nah. Ich überlegte, ob ich sagen soll, dass das schön ist. Und dass ich glücklich bin. Musste ich aber nicht. Sandro hat das geschnallt. Weil ers genau so gefühlt hat.
In der Nacht wache ich auf, weil sich Sandro den Zeh angestossen hat und laut aufkreischt. Dabei wollte er nur rasch etwas trinken. Da wir nun beide hellwach sind und unser Essen verdaut haben, nutzen wir die Gunst der Stunde und haben endlich mal wieder einfach nur Sex-Sex-Sex.
Am nächsten Tag erreicht mich um 9.08 Uhr die erste Nachricht: «Ems, wenn ich meine Schuhe ab jetzt süüferli sauber nenbeneinander vor die Türe stelle, sind wir dann wieder so Ems-Sandro-mässig cool miteinander?»
«You wish, i wish», schreibe ich und ergänze: «Kann aber nicht versprechen, dass ich meinen/deinen Schlüssel nie mehr stecken lasse. Dealbreaker?»
«Pro stecken gelassener Schlüssel ein BJ-Coupon?»
«Deal», schreibe ich.
«Gut, dann komm heute Abend bitte dringend vorbei und wehe du lässt den Schlüssel nicht stecken.»
Ich glaub, wir sind auf gutem Wege.
Und nun eine Welle für Luca: Welle.