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The Velvet Sundown: Diese KI-Fakeband erschüttert gerade die Musikszene

Die vier «Mitglieder» von The Velvet Sundown.
Die vier «Mitglieder» von The Velvet Sundown.bild: x

Diese KI-Fake-Band erschüttert gerade die Musikszene

01.07.2025, 17:5902.07.2025, 09:23
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Eine «Band» mit Namen The Velvet Sundown hat in nur einem Monat über 550'000 (Stand 1.7.2025, 15:55 Uhr) monatliche Hörer auf Spotify angehäuft. Dies mit nur zwei Alben.

«Floating on Echoes» wurde am 5. Juni ohne Trara, Marketing oder PR veröffentlicht. «Dust and Silence» folgte nur 15 Tage später. Ein drittes Album, «Paper Sun Rebellion», soll am 14. Juli erscheinen.

Ein «Foto» der «Band» beim Burger-Essen. Unser KI-Erkennungstool meldet: zu 99 Prozent eine KI-Kreation.
Ein «Foto» der «Band» beim Burger-Essen. Unser KI-Erkennungstool meldet: zu 99 Prozent eine KI-Kreation. bild: x

Dass die «Band» plötzlich so viele Hörer hat, liegt vor allem an der vermehrten Berichterstattung: Denn diverse Musikjournalisten vermuten, wir sind überrascht, die vier Künstler seien nicht echt.

Dafür spricht, dass auch unter den fachkundigsten Musikliebhabern zuvor niemand die Kombo kannte – geschweige denn ihre Mitglieder. Der Vorwurf, die Bilder, die Texte und auch die Musik seien von einer künstlichen Intelligenz geschaffen worden, ist auch kaum von der Hand zu weisen. Die Band-Bilder sind offensichtlich KI-typisch, der Begleittext ebenfalls – und auch die Musik. Dies allerdings weit weniger offensichtlich.

Ist mit 97-prozentiger Sicherheit mit GPT 4o hergestellt worden: Das Bild der «Band» im «Studio».
Ist mit 97-prozentiger Sicherheit mit GPT 4o hergestellt worden: Das Bild der «Band» im «Studio».bild: x

Wir machen die Probe aufs Exempel und laden die drei meistgehörten Songs der mutmasslichen KI-Band in ein professionelles Audio-KI-Erkennungstool hoch. Das Resultat ist vernichtend:

  • «Dust on the Wind» (478k Streams) ist zu 100 % KI-generiert. Mutmasslich mit der beliebten Musik-KI-App Suno.
  • «Drift Beyond the Flame» (161k Streams) erzielt dasselbe Resultat.
  • Genau gleich sieht es mit «The Wind Still Knows Our Name» (198k Streams) aus.
  • Einzig bei «As the Silence Falls» ist sich das Tool nur zu 98 Prozent sicher.

Trotzdem: Die KI-Bilder der «Band» erkennt jedes Kind. Die KI-Begleittexte sind ebenfalls einfach zu enttarnen. Die KI-Musik ist aber auch für Profis fast nicht von einer realen Produktion unterscheidbar. Die Qualität ist, gelinde gesagt, erstaunlich.

Während grosse Musikplattformen wie Spotify und Apple Music The Velvet Sundown weiterhin wie normale Künstler behandelt, hat der Musikdienst Deezer Massnahmen ergriffen und die «Band» entsprechend gekennzeichnet. Dagegen regt sich nun aber Widerstand.

Seien wir ehrlich: Wir brauchen kein Tool. Man sieht es einfach vom Schiff aus.
Seien wir ehrlich: Wir brauchen kein Tool. Man sieht es einfach vom Schiff aus.bild: x

Ein im März registrierter Account auf X, der sich als offizieller Band-Account ausgibt, widerspricht der aktuellen Berichterstattung. «Ja, wir sind eine echte Band und verwenden niemals KI», heisst es dort. Ob der Account tatsächlich mit den Personen hinter The Velvet Sundown in Verbindung gebracht werden kann, ist nicht gesichert. Die Tonalität auf X ist plump und vulgär – wenig kohärent mit dem sonstigen «Auftreten» der «Band».

Das Spiel von The Velvet Sundown mit KI-generierten Inhalten ist dermassen offensichtlich, dass der Verdacht auf der Hand liegt, dass es sich dabei um eine bewusste Provokation handelt – und/oder um gezielte PR. Die Frage ist, wofür. Gut möglich, dass wir es am 14. Juli erfahren.

Trotzdem kann The Velvet Sundown als Zeitenwende in der Musikindustrie gesehen werden. Die künstliche Intelligenz lässt auch bei der hörbaren Kunstform keinen Stein auf dem anderen. Denn dies ist erst der Anfang.

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158 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Swen Goldpreis
01.07.2025 18:19registriert April 2019
Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich ein PR-Stunt ist. Wir werden ja aktuell überall von KI-Produkten überschwemmt: Sei das in Social Media mit gefälschten Bildern/Videos oder auf Amazon mit KI-Reiseführern oder Romanen. Auch auf Sportify und Co gibts schon lange KI-Musik.

Was diesen Fall speziell macht, ist die mediale Reaktion. Bei hunderten KI-Produkten hat man nicht reagiert und nun, vermutlich zufällig, eben doch. Was eben zeigt, dass auch Journalisten gerne auf Trends aufspringen.

Gut möglich, dass das ein Studi in Mazedonien ist, der mit KI-Müll ein paar Euro verdienen wollte.
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Gitarrenmensch
01.07.2025 19:08registriert Mai 2021
Das wird enden wie mit der realistischen Malerei nach dem Aufkommen der Farbfotografie: Malen als Kunstform ist nach wie vor lebendig, aber niemand übt jahrelang den perfekten Faltenwurf um ein hyperrealistisches Bild zu malen, dafür gibt es Fotos.
Genauso kann man alle Liftmusik, Jingles und Charts-Pop von KI generieren lassen, aber bei Musik abseits des Mainstreams möchten die Zuhörer gerne ungewohntes und persön hören und die Künstler auch im Konzert erleben. Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil das Publikum sich (zumindest bis heute) auch für die Menschen hinter der Musik interessiert.
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Sa_Set
01.07.2025 18:13registriert Oktober 2019
Hier versucht jemand mit "KI" Kohle zumachen, mehr nicht wahrscheinlich.
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